Jahn, Otto: Gottfried Herrmann. Eine Gedächnissrede. Leipzig, 1849.Im Auftrag der Universität trete ich vor Sie hin, um das Andenken Gottfried Hermanns zu feiern. Ich habe mich zu dieser schwierigen Aufgabe nicht gedrängt, aber ich habe es für meine Pflicht erachtet, mich derselben nicht zu entziehen, für eine Pflicht gegen die Universität, welcher ich meine Kräfte darzubringen schuldig bin, da wo sie es verlangt, für eine Pflicht gegen mich selbst, weil sie mir das Recht giebt, eine lange gehegte innige Dankbarkeit und Liebe auszusprechen. Auch glaubte ich diesen Auftrag übernehmen zu können, weil ich mir sagen musste, dass eine erschöpfende Darstellung und Würdigung Hermanns an diesem Ort und zu dieser Zeit nicht erwartet werden könne. Ja, wenn ich nicht hoffen darf, vor Männern, welche den Verewigten zum grossen Theil länger als ich gekannt haben, Neues und Unbekanntes darzubringen, so werde ich meine Aufgabe als gelöst ansehen, wenn es mir gelingen sollte, in einfachen und treuen Umrissen Ihnen die gewohnten und verehrten Züge vor die Seele zu rufen. Johann Gottfried Jakob Hermann ward am 28. Nov. 1772 in Leipzig geboren, wo sein Vater Senior des Schöppenstuhls war, ein Mann, der als brav und tüchtig allgemeine Achtung genoss, aber von wenig hervorragendem Geist und Charakter. Seine Mutter, eine geborne Plantier aus Halle, gehörte einer aus Frankreich eingewanderten Familie an. Sie war ausgezeichnet durch eine ausserordentliche Lebhaftigkeit des Geistes, welche sie bis in das hohe Alter von neunzig Jahren mit einem bewundernswürdigen Gedächtniss gepaart sich frisch und elastisch erhielt, in ihrem ganzen Wesen bis auf die kleinsten Ausdrücke interessant und eigenthümlich, in ihren Aeusserungen rasch und heftig. Aber sie Im Auftrag der Universität trete ich vor Sie hin, um das Andenken Gottfried Hermanns zu feiern. Ich habe mich zu dieser schwierigen Aufgabe nicht gedrängt, aber ich habe es für meine Pflicht erachtet, mich derselben nicht zu entziehen, für eine Pflicht gegen die Universität, welcher ich meine Kräfte darzubringen schuldig bin, da wo sie es verlangt, für eine Pflicht gegen mich selbst, weil sie mir das Recht giebt, eine lange gehegte innige Dankbarkeit und Liebe auszusprechen. Auch glaubte ich diesen Auftrag übernehmen zu können, weil ich mir sagen musste, dass eine erschöpfende Darstellung und Würdigung Hermanns an diesem Ort und zu dieser Zeit nicht erwartet werden könne. Ja, wenn ich nicht hoffen darf, vor Männern, welche den Verewigten zum grossen Theil länger als ich gekannt haben, Neues und Unbekanntes darzubringen, so werde ich meine Aufgabe als gelöst ansehen, wenn es mir gelingen sollte, in einfachen und treuen Umrissen Ihnen die gewohnten und verehrten Züge vor die Seele zu rufen. Johann Gottfried Jakob Hermann ward am 28. Nov. 1772 in Leipzig geboren, wo sein Vater Senior des Schöppenstuhls war, ein Mann, der als brav und tüchtig allgemeine Achtung genoss, aber von wenig hervorragendem Geist und Charakter. Seine Mutter, eine geborne Plantier aus Halle, gehörte einer aus Frankreich eingewanderten Familie an. Sie war ausgezeichnet durch eine ausserordentliche Lebhaftigkeit des Geistes, welche sie bis in das hohe Alter von neunzig Jahren mit einem bewundernswürdigen Gedächtniss gepaart sich frisch und elastisch erhielt, in ihrem ganzen Wesen bis auf die kleinsten Ausdrücke interessant und eigenthümlich, in ihren Aeusserungen rasch und heftig. 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Ja, wenn ich nicht hoffen darf, vor Männern, welche den Verewigten zum grossen Theil länger als ich gekannt haben, Neues und Unbekanntes darzubringen, so werde ich meine Aufgabe als gelöst ansehen, wenn es mir gelingen sollte, in einfachen und treuen Umrissen Ihnen die gewohnten und verehrten Züge vor die Seele zu rufen.</p> <p><hi rendition="#k">Johann Gottfried Jakob Hermann</hi> ward am 28. Nov. 1772 in Leipzig geboren, wo sein Vater Senior des Schöppenstuhls war, ein Mann, der als brav und tüchtig allgemeine Achtung genoss, aber von wenig hervorragendem Geist und Charakter. Seine Mutter, eine geborne Plantier aus Halle, gehörte einer aus Frankreich eingewanderten Familie an. 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Im Auftrag der Universität trete ich vor Sie hin, um das Andenken Gottfried Hermanns zu feiern. Ich habe mich zu dieser schwierigen Aufgabe nicht gedrängt, aber ich habe es für meine Pflicht erachtet, mich derselben nicht zu entziehen, für eine Pflicht gegen die Universität, welcher ich meine Kräfte darzubringen schuldig bin, da wo sie es verlangt, für eine Pflicht gegen mich selbst, weil sie mir das Recht giebt, eine lange gehegte innige Dankbarkeit und Liebe auszusprechen. Auch glaubte ich diesen Auftrag übernehmen zu können, weil ich mir sagen musste, dass eine erschöpfende Darstellung und Würdigung Hermanns an diesem Ort und zu dieser Zeit nicht erwartet werden könne. Ja, wenn ich nicht hoffen darf, vor Männern, welche den Verewigten zum grossen Theil länger als ich gekannt haben, Neues und Unbekanntes darzubringen, so werde ich meine Aufgabe als gelöst ansehen, wenn es mir gelingen sollte, in einfachen und treuen Umrissen Ihnen die gewohnten und verehrten Züge vor die Seele zu rufen.
Johann Gottfried Jakob Hermann ward am 28. Nov. 1772 in Leipzig geboren, wo sein Vater Senior des Schöppenstuhls war, ein Mann, der als brav und tüchtig allgemeine Achtung genoss, aber von wenig hervorragendem Geist und Charakter. Seine Mutter, eine geborne Plantier aus Halle, gehörte einer aus Frankreich eingewanderten Familie an. Sie war ausgezeichnet durch eine ausserordentliche Lebhaftigkeit des Geistes, welche sie bis in das hohe Alter von neunzig Jahren mit einem bewundernswürdigen Gedächtniss gepaart sich frisch und elastisch erhielt, in ihrem ganzen Wesen bis auf die kleinsten Ausdrücke interessant und eigenthümlich, in ihren Aeusserungen rasch und heftig. Aber sie
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