Sporen können sogar lebensgefährlich werden. Zug- stiefel gehören mit den Schnürbrüsten zu dem Folterge- räth, was die Putzwuth für Zierlinge erteufelt hat. Die zweckmäßigste Fußbekleidung für Turner sind Halbstie- fel -- aber keine Schnürstiefel --, die eben über die Knöchel hinaufreichen, zum Anziehen weit genug sind und mit einem Überschlag versehen, mit einem Riemen oberhalb der Knöchel befestiget werden. In solches Schuhzeug fällt beim Gehen kein Steinchen und kein Sandkorn, und doch wird die Wade nicht eingezwängt, wie bei den Überstrümpfen.
Lederne Beinkleider taugen nicht auf den Turnplatz, auch Überziehhosen sind nichts nutz, selbst wenn sie auch nur zum Schein falsche Knopfreihen ha- ben. Turnbeinkleider müssen gehörigen Schritt haben, im Bund gebürend weit sein, daß sie den Bauch nicht pressen; und an einem Hosenträger hangen. So hoch dürfen sie nicht hinauf gehen, daß das Herz in den Hosen sitzt. Es ist sehr zweckwidrig und der Gesund- heit nachtheilig, sie mit Riemen, Knöpfen und derglei- chen über Schuh und Stiefeln zu befestigen. Im Ge- gentheil sollen sie auch nicht auf der Erde schleppen. Ein ordentliches Maaß kommt ihnen zu, was jede Glie- derbewegung erlaubt und erleichtert. Es versteht sich von selbst, daß sie weder weit wie ein Sack, noch eng wie ein Darm sein dürfen. Am aller Ungesundesten ist
es,
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Sporen können ſogar lebensgefährlich werden. Zug- ſtiefel gehören mit den Schnürbrüſten zu dem Folterge- räth, was die Putzwuth für Zierlinge erteufelt hat. Die zweckmäßigſte Fußbekleidung für Turner ſind Halbſtie- fel — aber keine Schnürſtiefel —, die eben über die Knöchel hinaufreichen, zum Anziehen weit genug ſind und mit einem Überſchlag verſehen, mit einem Riemen oberhalb der Knöchel befeſtiget werden. In ſolches Schuhzeug fällt beim Gehen kein Steinchen und kein Sandkorn, und doch wird die Wade nicht eingezwängt, wie bei den Überſtrümpfen.
Lederne Beinkleider taugen nicht auf den Turnplatz, auch Überziehhoſen ſind nichts nutz, ſelbſt wenn ſie auch nur zum Schein falſche Knopfreihen ha- ben. Turnbeinkleider müſſen gehörigen Schritt haben, im Bund gebürend weit ſein, daß ſie den Bauch nicht preſſen; und an einem Hoſenträger hangen. So hoch dürfen ſie nicht hinauf gehen, daß das Herz in den Hoſen ſitzt. Es iſt ſehr zweckwidrig und der Geſund- heit nachtheilig, ſie mit Riemen, Knöpfen und derglei- chen über Schuh und Stiefeln zu befeſtigen. Im Ge- gentheil ſollen ſie auch nicht auf der Erde ſchleppen. Ein ordentliches Maaß kommt ihnen zu, was jede Glie- derbewegung erlaubt und erleichtert. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ſie weder weit wie ein Sack, noch eng wie ein Darm ſein dürfen. Am aller Ungeſundeſten iſt
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Sporen können ſogar lebensgefährlich werden. Zug-
ſtiefel gehören mit den Schnürbrüſten zu dem Folterge-
räth, was die Putzwuth für Zierlinge erteufelt hat. Die
zweckmäßigſte Fußbekleidung für Turner ſind Halbſtie-
fel — aber keine Schnürſtiefel —, die eben über die
Knöchel hinaufreichen, zum Anziehen weit genug ſind
und mit einem Überſchlag verſehen, mit einem Riemen
oberhalb der Knöchel befeſtiget werden. In ſolches
Schuhzeug fällt beim Gehen kein Steinchen und kein
Sandkorn, und doch wird die Wade nicht eingezwängt,
wie bei den Überſtrümpfen.
Lederne Beinkleider taugen nicht auf den
Turnplatz, auch Überziehhoſen ſind nichts nutz, ſelbſt
wenn ſie auch nur zum Schein falſche Knopfreihen ha-
ben. Turnbeinkleider müſſen gehörigen Schritt haben,
im Bund gebürend weit ſein, daß ſie den Bauch nicht
preſſen; und an einem Hoſenträger hangen. So hoch
dürfen ſie nicht hinauf gehen, daß das Herz in den
Hoſen ſitzt. Es iſt ſehr zweckwidrig und der Geſund-
heit nachtheilig, ſie mit Riemen, Knöpfen und derglei-
chen über Schuh und Stiefeln zu befeſtigen. Im Ge-
gentheil ſollen ſie auch nicht auf der Erde ſchleppen.
Ein ordentliches Maaß kommt ihnen zu, was jede Glie-
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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/297>, abgerufen am 22.11.2024.
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