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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Wir sind ein Volk von einem Namen und von einer
Sprache unter einem gemeinsamen Oberhaupt, unter einerlei
unsere Verfassung, Rechte und Pflichten bestimmenden Gese¬
tzen, zu einem gemeinschaftlichen großen Jnteresse der Frei¬
heit verbunden, an innerer Macht und Stärke das erste Reich
in Europa, dessen Königskronen auf Deutschen Häuptern
glänzen, und so wie wir sind, sind wir schon Jahrhunderte
hindurch ein Räthsel politischer Verfassung, ein Raub der
Nachbarn, ein Gegenstand ihrer Spöttereien, ausgezeichnet in
der Geschichte der Welt, uneinig unter uns selbst, kraftlos
durch unsere Trennungen, stark genug uns selbst zu schaden,
ohnmächtig uns selbst zu retten, unempfindlich gegen die Ehre
unsers Namens, gleichgültig gegen die Würde der Gesetze,
eifersüchtig gegen unser Oberhaupt, mißtrauisch unter einan¬
der, unzusammenhängend in Grundsätzen, gewaltig in deren
Ausführung, ein großes und gleichwohl verachtetes, ein in
der Möglichkeit glückliches, in der That aber sehr bedauerns¬
würdiges Volk.

Moser, vom Deutschen Nationalgeist.
Wir ſind ein Volk von einem Namen und von einer
Sprache unter einem gemeinſamen Oberhaupt, unter einerlei
unſere Verfaſſung, Rechte und Pflichten beſtimmenden Geſe¬
tzen, zu einem gemeinſchaftlichen großen Jntereſſe der Frei¬
heit verbunden, an innerer Macht und Stärke das erſte Reich
in Europa, deſſen Königskronen auf Deutſchen Häuptern
glänzen, und ſo wie wir ſind, ſind wir ſchon Jahrhunderte
hindurch ein Räthſel politiſcher Verfaſſung, ein Raub der
Nachbarn, ein Gegenſtand ihrer Spöttereien, ausgezeichnet in
der Geſchichte der Welt, uneinig unter uns ſelbſt, kraftlos
durch unſere Trennungen, ſtark genug uns ſelbſt zu ſchaden,
ohnmächtig uns ſelbſt zu retten, unempfindlich gegen die Ehre
unſers Namens, gleichgültig gegen die Würde der Geſetze,
eiferſüchtig gegen unſer Oberhaupt, mißtrauiſch unter einan¬
der, unzuſammenhängend in Grundſätzen, gewaltig in deren
Ausführung, ein großes und gleichwohl verachtetes, ein in
der Möglichkeit glückliches, in der That aber ſehr bedauerns¬
würdiges Volk.

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[[90]/0120] Wir ſind ein Volk von einem Namen und von einer Sprache unter einem gemeinſamen Oberhaupt, unter einerlei unſere Verfaſſung, Rechte und Pflichten beſtimmenden Geſe¬ tzen, zu einem gemeinſchaftlichen großen Jntereſſe der Frei¬ heit verbunden, an innerer Macht und Stärke das erſte Reich in Europa, deſſen Königskronen auf Deutſchen Häuptern glänzen, und ſo wie wir ſind, ſind wir ſchon Jahrhunderte hindurch ein Räthſel politiſcher Verfaſſung, ein Raub der Nachbarn, ein Gegenſtand ihrer Spöttereien, ausgezeichnet in der Geſchichte der Welt, uneinig unter uns ſelbſt, kraftlos durch unſere Trennungen, ſtark genug uns ſelbſt zu ſchaden, ohnmächtig uns ſelbſt zu retten, unempfindlich gegen die Ehre unſers Namens, gleichgültig gegen die Würde der Geſetze, eiferſüchtig gegen unſer Oberhaupt, mißtrauiſch unter einan¬ der, unzuſammenhängend in Grundſätzen, gewaltig in deren Ausführung, ein großes und gleichwohl verachtetes, ein in der Möglichkeit glückliches, in der That aber ſehr bedauerns¬ würdiges Volk. Moſer, vom Deutſchen Nationalgeiſt.

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. [90]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/120>, abgerufen am 14.05.2024.