Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.6. Geistlichkeit. Das Geistliche darf nicht verweltlicht wer¬ K 2
6. Geiſtlichkeit. Das Geiſtliche darf nicht verweltlicht wer¬ K 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0177" n="147"/> <fw type="pageNum" place="top">147<lb/></fw> </div> <div n="2"> <head>6. <hi rendition="#g">Geiſtlichkeit.</hi><lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Das Geiſtliche darf nicht verweltlicht wer¬<lb/> den als ſolches. Jedem das Seine, in Tracht,<lb/> in Namen, in Einrichtung. Gleiche Farbe der<lb/> Kleidung iſt nicht genug, auch gleicher Schnitt<lb/> gehört zu einer Amtstracht, auch gleiche Güte<lb/> des Zeuges. Die Hanswurſtereien der Mode<lb/> ſind wider den Ernſt eines öffentlichen Vertre¬<lb/> ters der Sittlichkeit. Überläßt man jedes Ein¬<lb/> zelnen Laune, und den Eingebungen des erſten<lb/> beſten Schneiderlings die Wahl des Anzugs;<lb/> ſo iſt für die Aufrechthaltung der Würde des<lb/> Volkslehrers ſchlecht geſorgt. Zopf-Schulz in<lb/> Gielsdorf bei Berlin war mit dem ſchweren Ge¬<lb/> brechen der Genieſucht behaftet, ihn reizte das<lb/> Aufſehn Held freilehreriſcher Meinung zu wer¬<lb/> den. Daß der Patron dieſe Faſtnachtsmumme¬<lb/> rei begünſtigte, beweiſet ſeine Denkſchwäche;<lb/> wahrſcheinlich iſt er in ſeinen früheren Kriegs¬<lb/> dienſten auch nicht im Schlafrock auf der Mu¬<lb/> ſterung erſchienen. Luther predigte wohl einſt in<lb/> einem rothen Futterhemde, doch verwieß es ihm<lb/> der Kurfürſt in einem eigenen Briefe, (Beyer’s<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0177]
147
6. Geiſtlichkeit.
Das Geiſtliche darf nicht verweltlicht wer¬
den als ſolches. Jedem das Seine, in Tracht,
in Namen, in Einrichtung. Gleiche Farbe der
Kleidung iſt nicht genug, auch gleicher Schnitt
gehört zu einer Amtstracht, auch gleiche Güte
des Zeuges. Die Hanswurſtereien der Mode
ſind wider den Ernſt eines öffentlichen Vertre¬
ters der Sittlichkeit. Überläßt man jedes Ein¬
zelnen Laune, und den Eingebungen des erſten
beſten Schneiderlings die Wahl des Anzugs;
ſo iſt für die Aufrechthaltung der Würde des
Volkslehrers ſchlecht geſorgt. Zopf-Schulz in
Gielsdorf bei Berlin war mit dem ſchweren Ge¬
brechen der Genieſucht behaftet, ihn reizte das
Aufſehn Held freilehreriſcher Meinung zu wer¬
den. Daß der Patron dieſe Faſtnachtsmumme¬
rei begünſtigte, beweiſet ſeine Denkſchwäche;
wahrſcheinlich iſt er in ſeinen früheren Kriegs¬
dienſten auch nicht im Schlafrock auf der Mu¬
ſterung erſchienen. Luther predigte wohl einſt in
einem rothen Futterhemde, doch verwieß es ihm
der Kurfürſt in einem eigenen Briefe, (Beyer’s
K 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/177 |
Zitationshilfe: | Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/177>, abgerufen am 16.02.2025. |