Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

in Hollstein General-Süper lieset. Erz¬
priester
ist unprotestantisch, Oberprediger
ein unwürdiger Ausdruck. Pastor klingt ge¬
mein, Pfarrer heißt eigentlich jeder Hirte.
Oberhofprediger taugt nichts. Seit Jo¬
hannes den Kopf verlor, sehen die meisten auf
ihn, die wenigsten auf Nathan. Jnspektoren
endlich giebt es überall: über Zölle und Ställe,
Holz, Torf, Wege, Mühlen, Pflanzungen, Ar¬
men- Waisen- Zeug- und Zucht-häuser. Con¬
sistorium
wird Deutsch und noch dazu weit
entsprechender durch Kirchenrath gegeben. Bi¬
schoff
ist Biblisch (I Timoth. 3. v. 2.) und
Altkirchlich, Erzbischoff auch, im Worte Pre¬
diger
liegt der ganze Beruf angedeutet, und
mit diesen drei Benennungen reicht man auch aus.

Allgemein ist das Geschrei über unwürdige
Krieger, wenn Elias wieder aufstände, wie viel
Baals-pfaffen er wohl schlachten müßte? Die
alten großen Prediger nach Luther verloren den
Zeitgeist nie aus dem Auge, und wenn sie in
ihrem Feuereifer zu weit gingen, so geben sich
unsere Leisetreter nur zu bald in christliche Ge¬
duld, und beschönigen Fürstenverlassen und Va¬
terlandsverrath mit Röm. 13. v. 1 und 7.

in Hollſtein General-Süper lieſet. Erz¬
prieſter
iſt unproteſtantiſch, Oberprediger
ein unwürdiger Ausdruck. Paſtor klingt ge¬
mein, Pfarrer heißt eigentlich jeder Hirte.
Oberhofprediger taugt nichts. Seit Jo¬
hannes den Kopf verlor, ſehen die meiſten auf
ihn, die wenigſten auf Nathan. Jnſpektoren
endlich giebt es überall: über Zölle und Ställe,
Holz, Torf, Wege, Mühlen, Pflanzungen, Ar¬
men- Waiſen- Zeug- und Zucht-häuſer. Con¬
ſiſtorium
wird Deutſch und noch dazu weit
entſprechender durch Kirchenrath gegeben. Bi¬
ſchoff
iſt Bibliſch (I Timoth. 3. v. 2.) und
Altkirchlich, Erzbiſchoff auch, im Worte Pre¬
diger
liegt der ganze Beruf angedeutet, und
mit dieſen drei Benennungen reicht man auch aus.

Allgemein iſt das Geſchrei über unwürdige
Krieger, wenn Elias wieder aufſtände, wie viel
Baals-pfaffen er wohl ſchlachten müßte? Die
alten großen Prediger nach Luther verloren den
Zeitgeiſt nie aus dem Auge, und wenn ſie in
ihrem Feuereifer zu weit gingen, ſo geben ſich
unſere Leiſetreter nur zu bald in chriſtliche Ge¬
duld, und beſchönigen Fürſtenverlaſſen und Va¬
terlandsverrath mit Röm. 13. v. 1 und 7.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="149"/><fw type="pageNum" place="top">149<lb/></fw>in Holl&#x017F;tein <hi rendition="#g">General-Süper</hi> lie&#x017F;et. <hi rendition="#g">Erz¬<lb/>
prie&#x017F;ter</hi> i&#x017F;t unprote&#x017F;tanti&#x017F;ch, <hi rendition="#g">Oberprediger</hi><lb/>
ein unwürdiger Ausdruck. <hi rendition="#g">Pa&#x017F;tor</hi> klingt ge¬<lb/>
mein, <hi rendition="#g">Pfarrer</hi> heißt eigentlich jeder Hirte.<lb/><hi rendition="#g">Oberhofprediger</hi> taugt nichts. Seit Jo¬<lb/>
hannes den Kopf verlor, &#x017F;ehen die mei&#x017F;ten auf<lb/>
ihn, die wenig&#x017F;ten auf Nathan. <hi rendition="#g">Jn&#x017F;pektoren</hi><lb/>
endlich giebt es überall: über Zölle und Ställe,<lb/>
Holz, Torf, Wege, Mühlen, Pflanzungen, Ar¬<lb/>
men- Wai&#x017F;en- Zeug- und Zucht-häu&#x017F;er. <hi rendition="#g">Con¬<lb/>
&#x017F;i&#x017F;torium</hi> wird Deut&#x017F;ch und noch dazu weit<lb/>
ent&#x017F;prechender durch Kirchenrath gegeben. <hi rendition="#g">Bi¬<lb/>
&#x017F;choff</hi> i&#x017F;t Bibli&#x017F;ch (<hi rendition="#aq">I</hi> Timoth. 3. <hi rendition="#aq">v</hi>. 2.)     und<lb/>
Altkirchlich, <hi rendition="#g">Erzbi&#x017F;choff</hi> auch, im Worte <hi rendition="#g">Pre¬<lb/>
diger</hi> liegt der ganze Beruf angedeutet, und<lb/>
mit die&#x017F;en drei Benennungen reicht man auch aus.</p><lb/>
          <p>Allgemein i&#x017F;t das Ge&#x017F;chrei über unwürdige<lb/>
Krieger, wenn Elias wieder auf&#x017F;tände, wie viel<lb/>
Baals-pfaffen er wohl &#x017F;chlachten müßte? Die<lb/>
alten großen Prediger nach Luther verloren den<lb/>
Zeitgei&#x017F;t nie aus dem Auge, und wenn &#x017F;ie in<lb/>
ihrem Feuereifer zu weit gingen, &#x017F;o geben &#x017F;ich<lb/>
un&#x017F;ere Lei&#x017F;etreter nur zu bald in chri&#x017F;tliche Ge¬<lb/>
duld, und be&#x017F;chönigen Für&#x017F;tenverla&#x017F;&#x017F;en und Va¬<lb/>
terlandsverrath mit Röm. 13. <hi rendition="#aq">v</hi>. 1 und 7.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0179] 149 in Hollſtein General-Süper lieſet. Erz¬ prieſter iſt unproteſtantiſch, Oberprediger ein unwürdiger Ausdruck. Paſtor klingt ge¬ mein, Pfarrer heißt eigentlich jeder Hirte. Oberhofprediger taugt nichts. Seit Jo¬ hannes den Kopf verlor, ſehen die meiſten auf ihn, die wenigſten auf Nathan. Jnſpektoren endlich giebt es überall: über Zölle und Ställe, Holz, Torf, Wege, Mühlen, Pflanzungen, Ar¬ men- Waiſen- Zeug- und Zucht-häuſer. Con¬ ſiſtorium wird Deutſch und noch dazu weit entſprechender durch Kirchenrath gegeben. Bi¬ ſchoff iſt Bibliſch (I Timoth. 3. v. 2.) und Altkirchlich, Erzbiſchoff auch, im Worte Pre¬ diger liegt der ganze Beruf angedeutet, und mit dieſen drei Benennungen reicht man auch aus. Allgemein iſt das Geſchrei über unwürdige Krieger, wenn Elias wieder aufſtände, wie viel Baals-pfaffen er wohl ſchlachten müßte? Die alten großen Prediger nach Luther verloren den Zeitgeiſt nie aus dem Auge, und wenn ſie in ihrem Feuereifer zu weit gingen, ſo geben ſich unſere Leiſetreter nur zu bald in chriſtliche Ge¬ duld, und beſchönigen Fürſtenverlaſſen und Va¬ terlandsverrath mit Röm. 13. v. 1 und 7.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/179
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/179>, abgerufen am 14.05.2024.