Fruchtbarkeit des Bodens, was wir ihm jetzt schon abgewinnen, und künftig durch steigende Bildung nebst Hinwegschaffung hemmender Ur¬ sachen noch abzwingen können; entgeht uns nicht die daraus folgende Nothwendigkeit der Mehrzahl unsers Volks zu harten Leibesarbei¬ ten, zu schwerern als die Nachbarsvölker zu über¬ nehmen haben; beobachten wir den veränderli¬ chen Witterungswechsel von der Regenzeit zum austrocknenden Ostwind, von der Hitze die Moh¬ ren sengt bis zum Frost der Polarmenschen ein¬ schrumpft, die größere Menge der gröbern phy¬ sischen Nothwendigkeiten, deren Einfluß auf Leib, Geist, und Herz; endlich das Umdrängtsein und Eingeklemmtwerden von mächtigern Völkern, ge¬ gen die Mutter Natur weniger stiefmütterlich haushielt; fassen wir dieß Alles zusammen, so wird sich ergeben, daß die Preußen besonders, und die Deutschen überhaupt nur durch Wech¬ selwürkung von Volks- Verfassung- Erziehung und -Bücherwesen als ein edles selbständiges Volk gedeihen können. "Wer mögte hier wohnen, wenn hier nicht Freiheit wäre" lehrt Schiller's Tell seinen Knaben, die Alpenthäler mit Gefil¬
Fruchtbarkeit des Bodens, was wir ihm jetzt ſchon abgewinnen, und künftig durch ſteigende Bildung nebſt Hinwegſchaffung hemmender Ur¬ ſachen noch abzwingen können; entgeht uns nicht die daraus folgende Nothwendigkeit der Mehrzahl unſers Volks zu harten Leibesarbei¬ ten, zu ſchwerern als die Nachbarsvölker zu über¬ nehmen haben; beobachten wir den veränderli¬ chen Witterungswechſel von der Regenzeit zum austrocknenden Oſtwind, von der Hitze die Moh¬ ren ſengt bis zum Froſt der Polarmenſchen ein¬ ſchrumpft, die größere Menge der gröbern phy¬ ſiſchen Nothwendigkeiten, deren Einfluß auf Leib, Geiſt, und Herz; endlich das Umdrängtſein und Eingeklemmtwerden von mächtigern Völkern, ge¬ gen die Mutter Natur weniger ſtiefmütterlich haushielt; faſſen wir dieß Alles zuſammen, ſo wird ſich ergeben, daß die Preußen beſonders, und die Deutſchen überhaupt nur durch Wech¬ ſelwürkung von Volks- Verfaſſung- Erziehung und -Bücherweſen als ein edles ſelbſtändiges Volk gedeihen können. „Wer mögte hier wohnen, wenn hier nicht Freiheit wäre“ lehrt Schiller's Tell ſeinen Knaben, die Alpenthäler mit Gefil¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0212"n="182"/><fwtype="pageNum"place="top">182<lb/></fw>Fruchtbarkeit des Bodens, was wir ihm jetzt<lb/>ſchon abgewinnen, und künftig durch ſteigende<lb/>
Bildung nebſt Hinwegſchaffung hemmender Ur¬<lb/>ſachen noch abzwingen können; entgeht uns<lb/>
nicht die daraus folgende Nothwendigkeit der<lb/>
Mehrzahl unſers Volks zu harten Leibesarbei¬<lb/>
ten, zu ſchwerern als die Nachbarsvölker zu über¬<lb/>
nehmen haben; beobachten wir den veränderli¬<lb/>
chen Witterungswechſel von der Regenzeit zum<lb/>
austrocknenden Oſtwind, von der Hitze die Moh¬<lb/>
ren ſengt bis zum Froſt der Polarmenſchen ein¬<lb/>ſchrumpft, die größere Menge der gröbern phy¬<lb/>ſiſchen Nothwendigkeiten, deren Einfluß auf Leib,<lb/>
Geiſt, und Herz; endlich das Umdrängtſein und<lb/>
Eingeklemmtwerden von mächtigern Völkern, ge¬<lb/>
gen die Mutter Natur weniger ſtiefmütterlich<lb/>
haushielt; faſſen wir dieß Alles zuſammen, ſo<lb/>
wird ſich ergeben, daß die Preußen beſonders,<lb/>
und die Deutſchen überhaupt nur durch Wech¬<lb/>ſelwürkung von Volks- Verfaſſung- Erziehung<lb/>
und -Bücherweſen als ein edles ſelbſtändiges Volk<lb/>
gedeihen können. „Wer mögte hier wohnen,<lb/>
wenn hier nicht Freiheit wäre“ lehrt Schiller's<lb/>
Tell ſeinen Knaben, die Alpenthäler mit Gefil¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0212]
182
Fruchtbarkeit des Bodens, was wir ihm jetzt
ſchon abgewinnen, und künftig durch ſteigende
Bildung nebſt Hinwegſchaffung hemmender Ur¬
ſachen noch abzwingen können; entgeht uns
nicht die daraus folgende Nothwendigkeit der
Mehrzahl unſers Volks zu harten Leibesarbei¬
ten, zu ſchwerern als die Nachbarsvölker zu über¬
nehmen haben; beobachten wir den veränderli¬
chen Witterungswechſel von der Regenzeit zum
austrocknenden Oſtwind, von der Hitze die Moh¬
ren ſengt bis zum Froſt der Polarmenſchen ein¬
ſchrumpft, die größere Menge der gröbern phy¬
ſiſchen Nothwendigkeiten, deren Einfluß auf Leib,
Geiſt, und Herz; endlich das Umdrängtſein und
Eingeklemmtwerden von mächtigern Völkern, ge¬
gen die Mutter Natur weniger ſtiefmütterlich
haushielt; faſſen wir dieß Alles zuſammen, ſo
wird ſich ergeben, daß die Preußen beſonders,
und die Deutſchen überhaupt nur durch Wech¬
ſelwürkung von Volks- Verfaſſung- Erziehung
und -Bücherweſen als ein edles ſelbſtändiges Volk
gedeihen können. „Wer mögte hier wohnen,
wenn hier nicht Freiheit wäre“ lehrt Schiller's
Tell ſeinen Knaben, die Alpenthäler mit Gefil¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/212>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.