Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Mutherhöhung, Hoffnungsbelebung, zur Stär¬
kung und Erhaltung im Guten, Befestigung
edler Vorsätze, zur Schutzbegeisterung bedarf.
Es könnte eine "Deutsche Bücherhalle"
ein "Deutscher Bardenhain" sich erheben
wie Erwins Bau, wo das Volk hinwandle zu
Lehr und Lust. Aus dem Wallhalla unserer
Geschichte könnte eine Geisterversammlung ein
"Deutsches Enherion" erscheinen, wie Os¬
sians Geister mit Sonnenstrahlen die Harfen¬
saiten spielen. (Siehe VIII. 4. c.)

Was soll bis dahin gelesen werden?
Die Antwort wäre ein Geistergericht, dazu bin
ich nicht befugt, nur Salomons Siegel gehor¬
chen Geister. Aber was ich als Deutscher zu füh¬
len Recht habe will ich als Bill aussprechen. Die
Dichtkunst ist des Menschen treugebliebene Freun¬
din, so alt als die Sprache und die Urgestalt
von jeder ursprünglichen lebendigen. Sie
vermag uns aus der gemeinen Umgebung in
eine schönere Welt zu entrücken, erregt den hei¬
ßen Wunsch das Gute zur Herrschaft zu brin¬
gen, das Schöne überall hinzuverpflanzen, das
Wahre lebendig darzustellen. Stärkung im Le¬

O

Mutherhöhung, Hoffnungsbelebung, zur Stär¬
kung und Erhaltung im Guten, Befeſtigung
edler Vorſätze, zur Schutzbegeiſterung bedarf.
Es könnte eine „Deutſche Bücherhalle“
ein „Deutſcher Bardenhain“ ſich erheben
wie Erwins Bau, wo das Volk hinwandle zu
Lehr und Luſt. Aus dem Wallhalla unſerer
Geſchichte könnte eine Geiſterverſammlung ein
Deutſches Enherion“ erſcheinen, wie Oſ¬
ſians Geiſter mit Sonnenſtrahlen die Harfen¬
ſaiten ſpielen. (Siehe VIII. 4. c.)

Was ſoll bis dahin geleſen werden?
Die Antwort wäre ein Geiſtergericht, dazu bin
ich nicht befugt, nur Salomons Siegel gehor¬
chen Geiſter. Aber was ich als Deutſcher zu füh¬
len Recht habe will ich als Bill ausſprechen. Die
Dichtkunſt iſt des Menſchen treugebliebene Freun¬
din, ſo alt als die Sprache und die Urgeſtalt
von jeder urſprünglichen lebendigen. Sie
vermag uns aus der gemeinen Umgebung in
eine ſchönere Welt zu entrücken, erregt den hei¬
ßen Wunſch das Gute zur Herrſchaft zu brin¬
gen, das Schöne überall hinzuverpflanzen, das
Wahre lebendig darzuſtellen. Stärkung im Le¬

O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="209"/><fw type="pageNum" place="top">209<lb/></fw>Mutherhöhung, Hoffnungsbelebung, zur Stär¬<lb/>
kung und Erhaltung im Guten, Befe&#x017F;tigung<lb/>
edler Vor&#x017F;ätze, zur Schutzbegei&#x017F;terung bedarf.<lb/>
Es könnte eine &#x201E;<hi rendition="#g">Deut&#x017F;che Bücherhalle&#x201C;</hi><lb/>
ein &#x201E;<hi rendition="#g">Deut&#x017F;cher Bardenhain&#x201C;</hi> &#x017F;ich erheben<lb/>
wie Erwins Bau, wo das Volk hinwandle zu<lb/>
Lehr und Lu&#x017F;t. Aus dem Wallhalla un&#x017F;erer<lb/>
Ge&#x017F;chichte könnte eine Gei&#x017F;terver&#x017F;ammlung ein<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Deut&#x017F;ches Enherion&#x201C;</hi> er&#x017F;cheinen, wie O&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;ians Gei&#x017F;ter mit Sonnen&#x017F;trahlen die Harfen¬<lb/>
&#x017F;aiten &#x017F;pielen. (Siehe <hi rendition="#aq">VIII</hi>. 4. <hi rendition="#aq">c</hi>.)</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Was &#x017F;oll bis dahin gele&#x017F;en werden?</hi><lb/>
Die Antwort wäre ein Gei&#x017F;tergericht, dazu bin<lb/>
ich nicht befugt, nur Salomons Siegel gehor¬<lb/>
chen Gei&#x017F;ter. Aber was ich als Deut&#x017F;cher zu füh¬<lb/>
len Recht habe will ich als Bill aus&#x017F;prechen. Die<lb/>
Dichtkun&#x017F;t i&#x017F;t des Men&#x017F;chen treugebliebene Freun¬<lb/>
din, &#x017F;o alt als die Sprache und die Urge&#x017F;talt<lb/>
von jeder <hi rendition="#g">ur&#x017F;prünglichen lebendigen.</hi> Sie<lb/>
vermag uns aus der gemeinen Umgebung in<lb/>
eine &#x017F;chönere Welt zu entrücken, erregt den hei¬<lb/>
ßen Wun&#x017F;ch das Gute zur Herr&#x017F;chaft zu brin¬<lb/>
gen, das Schöne überall hinzuverpflanzen, das<lb/>
Wahre lebendig darzu&#x017F;tellen. Stärkung im Le¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0239] 209 Mutherhöhung, Hoffnungsbelebung, zur Stär¬ kung und Erhaltung im Guten, Befeſtigung edler Vorſätze, zur Schutzbegeiſterung bedarf. Es könnte eine „Deutſche Bücherhalle“ ein „Deutſcher Bardenhain“ ſich erheben wie Erwins Bau, wo das Volk hinwandle zu Lehr und Luſt. Aus dem Wallhalla unſerer Geſchichte könnte eine Geiſterverſammlung ein „Deutſches Enherion“ erſcheinen, wie Oſ¬ ſians Geiſter mit Sonnenſtrahlen die Harfen¬ ſaiten ſpielen. (Siehe VIII. 4. c.) Was ſoll bis dahin geleſen werden? Die Antwort wäre ein Geiſtergericht, dazu bin ich nicht befugt, nur Salomons Siegel gehor¬ chen Geiſter. Aber was ich als Deutſcher zu füh¬ len Recht habe will ich als Bill ausſprechen. Die Dichtkunſt iſt des Menſchen treugebliebene Freun¬ din, ſo alt als die Sprache und die Urgeſtalt von jeder urſprünglichen lebendigen. Sie vermag uns aus der gemeinen Umgebung in eine ſchönere Welt zu entrücken, erregt den hei¬ ßen Wunſch das Gute zur Herrſchaft zu brin¬ gen, das Schöne überall hinzuverpflanzen, das Wahre lebendig darzuſtellen. Stärkung im Le¬ O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/239
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/239>, abgerufen am 14.05.2024.