sinnen hinuntertauchen, um die Wahrheitsperle zu finden: Dann muß man die Erde von Volk zu Volk umwandern, und die Weltgeschichte wie ein einziges Blatt mit dem Auge der Weltord¬ nung überschauen; endlich zuletzt noch in die auferweckten Todten, in die stummen Zeugen Leben hineinathmen, und Sprache hineinhau¬ chen durch eigenes Weltleben.
Was aber der einsame Denker erschließt, was der verschlossene Künstler vorbildet, was der zurückgezogene Gelehrte aus den Bücherwerken aller Zeiten ans Licht fördert -- müssen Män¬ ner die selbst würken, die eigene Hand anlegen können, prüfen und würdigen. Nur solche kön¬ nen erfahren und erproben: Ob das Erschlossene, Herausgebrachte, Eingelernte, was Alles im auf¬ gestellten Urbilde sich gut ausnimmt, auch für die gegebene Würklichkeit paßt. Denn leider sind nur zu oft Denker, Gelehrte und Künstler in ih¬ rer Abgeschiedenheit aus der Welt zu weit hin¬ aus, und die Geschäftsmänner im Weltgewühl wieder zu tief ins Weltgewirr hinein.
Geschrieben zu Lanz bei Lenzen, am 14ten des October 1808.
ſinnen hinuntertauchen, um die Wahrheitsperle zu finden: Dann muß man die Erde von Volk zu Volk umwandern, und die Weltgeſchichte wie ein einziges Blatt mit dem Auge der Weltord¬ nung überſchauen; endlich zuletzt noch in die auferweckten Todten, in die ſtummen Zeugen Leben hineinathmen, und Sprache hineinhau¬ chen durch eigenes Weltleben.
Was aber der einſame Denker erſchließt, was der verſchloſſene Künſtler vorbildet, was der zurückgezogene Gelehrte aus den Bücherwerken aller Zeiten ans Licht fördert — müſſen Män¬ ner die ſelbſt würken, die eigene Hand anlegen können, prüfen und würdigen. Nur ſolche kön¬ nen erfahren und erproben: Ob das Erſchloſſene, Herausgebrachte, Eingelernte, was Alles im auf¬ geſtellten Urbilde ſich gut ausnimmt, auch für die gegebene Würklichkeit paßt. Denn leider ſind nur zu oft Denker, Gelehrte und Künſtler in ih¬ rer Abgeſchiedenheit aus der Welt zu weit hin¬ aus, und die Geſchäftsmänner im Weltgewühl wieder zu tief ins Weltgewirr hinein.
Geſchrieben zu Lanz bei Lenzen, am 14ten des October 1808.
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XXIV
ſinnen hinuntertauchen, um die Wahrheitsperle
zu finden: Dann muß man die Erde von Volk
zu Volk umwandern, und die Weltgeſchichte wie
ein einziges Blatt mit dem Auge der Weltord¬
nung überſchauen; endlich zuletzt noch in die
auferweckten Todten, in die ſtummen Zeugen
Leben hineinathmen, und Sprache hineinhau¬
chen durch eigenes Weltleben.
Was aber der einſame Denker erſchließt,
was der verſchloſſene Künſtler vorbildet, was der
zurückgezogene Gelehrte aus den Bücherwerken
aller Zeiten ans Licht fördert — müſſen Män¬
ner die ſelbſt würken, die eigene Hand anlegen
können, prüfen und würdigen. Nur ſolche kön¬
nen erfahren und erproben: Ob das Erſchloſſene,
Herausgebrachte, Eingelernte, was Alles im auf¬
geſtellten Urbilde ſich gut ausnimmt, auch für die
gegebene Würklichkeit paßt. Denn leider ſind
nur zu oft Denker, Gelehrte und Künſtler in ih¬
rer Abgeſchiedenheit aus der Welt zu weit hin¬
aus, und die Geſchäftsmänner im Weltgewühl
wieder zu tief ins Weltgewirr hinein.
Geſchrieben zu Lanz bei Lenzen, am 14ten
des October 1808.
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. XXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/30>, abgerufen am 03.12.2024.
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