sich nicht irgend ein Großkünstler berühmt ge¬ macht, von der Orgel bis zur Maultrommel. Jedes Thier hat seine eigene Wehrart, jedes Volk muß seine eigene volksthümliche Landwehr einüben. An dem beweglichen Heeresfelsen der Phalanx, scheiterten des Morgenlands zahllose Horden; der Römer Legion, deren Erfindung nach Polybius ein Gott eingegeben hat, malmte späterhin die Phalanx. Endlich erhuben sich die Germanen, wider die Weltherren, schossen mit ihren Bogen ins Volle, hielten auf den Mann, brachen Lücken durch den Einsprung, und keil¬ ten die Legionen durch ihre Drungen ausein¬ ander. Wie sich der Römer bei Belagerungen auf den Sturmbock verließ; so im Schlacht¬ sturm der Deutsche (und der ihm in Geist und Leben verbrüderte Keltiberer) auf seine Drun¬ ge, oder keilgestaltete Heerschaar. Es paßt auch auf die Völker Anakreons Lied: "Die Natur gab Hörner den Stieren, Hufe den Rossen, Schnellfüßigkeit den Hasen, Schwimmkraft den Fischen, Vögeln den Flug." Dem Menschen bleiben an Wehr und Waffen, Muth und Ver¬ stand. Verstand das unerschöpfliche Zeughaus
ſich nicht irgend ein Großkünſtler berühmt ge¬ macht, von der Orgel bis zur Maultrommel. Jedes Thier hat ſeine eigene Wehrart, jedes Volk muß ſeine eigene volkſthümliche Landwehr einüben. An dem beweglichen Heeresfelſen der Phalanx, ſcheiterten des Morgenlands zahlloſe Horden; der Römer Legion, deren Erfindung nach Polybius ein Gott eingegeben hat, malmte ſpäterhin die Phalanx. Endlich erhuben ſich die Germanen, wider die Weltherren, ſchoſſen mit ihren Bogen ins Volle, hielten auf den Mann, brachen Lücken durch den Einſprung, und keil¬ ten die Legionen durch ihre Drungen ausein¬ ander. Wie ſich der Römer bei Belagerungen auf den Sturmbock verließ; ſo im Schlacht¬ ſturm der Deutſche (und der ihm in Geiſt und Leben verbrüderte Keltiberer) auf ſeine Drun¬ ge, oder keilgeſtaltete Heerſchaar. Es paßt auch auf die Völker Anakreons Lied: „Die Natur gab Hörner den Stieren, Hufe den Roſſen, Schnellfüßigkeit den Haſen, Schwimmkraft den Fiſchen, Vögeln den Flug.“ Dem Menſchen bleiben an Wehr und Waffen, Muth und Ver¬ ſtand. Verſtand das unerſchöpfliche Zeughaus
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ſich nicht irgend ein Großkünſtler berühmt ge¬
macht, von der Orgel bis zur Maultrommel.
Jedes Thier hat ſeine eigene Wehrart, jedes
Volk muß ſeine eigene volkſthümliche Landwehr
einüben. An dem beweglichen Heeresfelſen der
Phalanx, ſcheiterten des Morgenlands zahlloſe
Horden; der Römer Legion, deren Erfindung
nach Polybius ein Gott eingegeben hat, malmte
ſpäterhin die Phalanx. Endlich erhuben ſich die
Germanen, wider die Weltherren, ſchoſſen mit
ihren Bogen ins Volle, hielten auf den Mann,
brachen Lücken durch den Einſprung, und keil¬
ten die Legionen durch ihre Drungen ausein¬
ander. Wie ſich der Römer bei Belagerungen
auf den Sturmbock verließ; ſo im Schlacht¬
ſturm der Deutſche (und der ihm in Geiſt und
Leben verbrüderte Keltiberer) auf ſeine Drun¬
ge, oder keilgeſtaltete Heerſchaar. Es paßt auch
auf die Völker Anakreons Lied: „Die Natur
gab Hörner den Stieren, Hufe den Roſſen,
Schnellfüßigkeit den Haſen, Schwimmkraft den
Fiſchen, Vögeln den Flug.“ Dem Menſchen
bleiben an Wehr und Waffen, Muth und Ver¬
ſtand. Verſtand das unerſchöpfliche Zeughaus
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/339>, abgerufen am 24.11.2024.
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