Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

her, und ein Meister, wenn er auch nirgends
eingezünftet gilt. Die größten Lehrmeister des
Menschengeschlechts waren, sind und bleiben:
Noth, Beispiel und Liebe!

Der mächtigste Gewaltsherr -- ohne Liebe
eine furchtbare Menschentrümmer, wo das Schön¬
ste zur Vollständigung fehlt. Die vorzüglich
Begabte -- ohne Liebe, eine Verwiesene, Ver¬
bannte, Geächtete. Jener haßt, und zerstört, und
raset zum Fluch; sie muß hassen und verfolgen,
und sinkt zum Abscheu.

Von welchem Geschlechte das Lebensglück
der Häuslichkeit, und von dieser das Volkswohl
ausgeht? ist eine müßige unstatthafte Frage.
Die Antwort ist leicht gefunden: Von der Ver¬
einigung der Geschlechter. Die Weltordnung
stiftete, als sie Geschlechter trennte, zugleich ihren
Wechselbund, nur durch ihn sollen sie die höchste
irdische Menschlichkeit erreichen. Aber welches
Geschlecht durch mangelhafte Ausbildung, und
Verkünstelung, und Verbildung das größere Un¬
heil anrichtet, könnte nur in einem dickleibigen
Buch untersucht und spruchreif erörtert werden.
Welches Geschlecht vorzüglich gebildet werden

her, und ein Meiſter, wenn er auch nirgends
eingezünftet gilt. Die größten Lehrmeiſter des
Menſchengeſchlechts waren, ſind und bleiben:
Noth, Beiſpiel und Liebe!

Der mächtigſte Gewaltsherr — ohne Liebe
eine furchtbare Menſchentrümmer, wo das Schön¬
ſte zur Vollſtändigung fehlt. Die vorzüglich
Begabte — ohne Liebe, eine Verwieſene, Ver¬
bannte, Geächtete. Jener haßt, und zerſtört, und
raſet zum Fluch; ſie muß haſſen und verfolgen,
und ſinkt zum Abſcheu.

Von welchem Geſchlechte das Lebensglück
der Häuslichkeit, und von dieſer das Volkswohl
ausgeht? iſt eine müßige unſtatthafte Frage.
Die Antwort iſt leicht gefunden: Von der Ver¬
einigung der Geſchlechter. Die Weltordnung
ſtiftete, als ſie Geſchlechter trennte, zugleich ihren
Wechſelbund, nur durch ihn ſollen ſie die höchſte
irdiſche Menſchlichkeit erreichen. Aber welches
Geſchlecht durch mangelhafte Ausbildung, und
Verkünſtelung, und Verbildung das größere Un¬
heil anrichtet, könnte nur in einem dickleibigen
Buch unterſucht und ſpruchreif erörtert werden.
Welches Geſchlecht vorzüglich gebildet werden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0438" n="408"/><fw type="pageNum" place="top">408<lb/></fw>her, und ein Mei&#x017F;ter, wenn er auch nirgends<lb/>
eingezünftet gilt. Die größten Lehrmei&#x017F;ter des<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts waren, &#x017F;ind und bleiben:<lb/>
Noth, Bei&#x017F;piel und Liebe!</p><lb/>
          <p>Der mächtig&#x017F;te Gewaltsherr &#x2014; ohne Liebe<lb/>
eine furchtbare Men&#x017F;chentrümmer, wo das Schön¬<lb/>
&#x017F;te zur Voll&#x017F;tändigung fehlt. Die vorzüglich<lb/>
Begabte &#x2014; ohne Liebe, eine Verwie&#x017F;ene, Ver¬<lb/>
bannte, Geächtete. Jener haßt, und zer&#x017F;tört, und<lb/>
ra&#x017F;et zum Fluch; &#x017F;ie muß ha&#x017F;&#x017F;en und verfolgen,<lb/>
und &#x017F;inkt zum Ab&#x017F;cheu.</p><lb/>
          <p>Von welchem Ge&#x017F;chlechte das Lebensglück<lb/>
der Häuslichkeit, und von die&#x017F;er das Volkswohl<lb/>
ausgeht? i&#x017F;t eine müßige un&#x017F;tatthafte Frage.<lb/>
Die Antwort i&#x017F;t leicht gefunden: Von der Ver¬<lb/>
einigung der Ge&#x017F;chlechter. Die Weltordnung<lb/>
&#x017F;tiftete, als &#x017F;ie Ge&#x017F;chlechter trennte, zugleich ihren<lb/>
Wech&#x017F;elbund, nur durch ihn &#x017F;ollen &#x017F;ie die höch&#x017F;te<lb/>
irdi&#x017F;che Men&#x017F;chlichkeit erreichen. Aber welches<lb/>
Ge&#x017F;chlecht durch mangelhafte Ausbildung, und<lb/>
Verkün&#x017F;telung, und Verbildung das größere Un¬<lb/>
heil anrichtet, könnte nur in einem dickleibigen<lb/>
Buch unter&#x017F;ucht und &#x017F;pruchreif erörtert werden.<lb/>
Welches Ge&#x017F;chlecht vorzüglich gebildet werden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0438] 408 her, und ein Meiſter, wenn er auch nirgends eingezünftet gilt. Die größten Lehrmeiſter des Menſchengeſchlechts waren, ſind und bleiben: Noth, Beiſpiel und Liebe! Der mächtigſte Gewaltsherr — ohne Liebe eine furchtbare Menſchentrümmer, wo das Schön¬ ſte zur Vollſtändigung fehlt. Die vorzüglich Begabte — ohne Liebe, eine Verwieſene, Ver¬ bannte, Geächtete. Jener haßt, und zerſtört, und raſet zum Fluch; ſie muß haſſen und verfolgen, und ſinkt zum Abſcheu. Von welchem Geſchlechte das Lebensglück der Häuslichkeit, und von dieſer das Volkswohl ausgeht? iſt eine müßige unſtatthafte Frage. Die Antwort iſt leicht gefunden: Von der Ver¬ einigung der Geſchlechter. Die Weltordnung ſtiftete, als ſie Geſchlechter trennte, zugleich ihren Wechſelbund, nur durch ihn ſollen ſie die höchſte irdiſche Menſchlichkeit erreichen. Aber welches Geſchlecht durch mangelhafte Ausbildung, und Verkünſtelung, und Verbildung das größere Un¬ heil anrichtet, könnte nur in einem dickleibigen Buch unterſucht und ſpruchreif erörtert werden. Welches Geſchlecht vorzüglich gebildet werden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/438
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/438>, abgerufen am 22.11.2024.