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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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dich sein Kapital giebt und mit dir einen glüklichen Grosavantur-
handel zu treiben gedenkt. -- Sechs Wochen wil er da verweilen;
und am siebenten Tage wil er nach einer so beschwerlichen Selbst-
erschaffung ruhen so lange er einen Athem hat.

Ein gewisser Schreiber, Drechsel, den dein H. Vater kent, sizt hier5
in gefänglicher Haft, weil man von ihm sowol Beweise hat, daß er
etliche male gestohlen, als Muthmassung, daß er das Pasquil (in der
vorigen Woche) gemacht, das eine Konduitenliste der hiesigen Kauf-
leute war und besonders die iungen Leute, die auf einem neulichen
kleinen Balle waren, z. B. die Fischers und Köhlers Mädgen und die10
beiden Otto's in schlechten und pöbelhaften Versen angrif.

Ungeachtet ich kaum von dir weg bin -- in der That ich bin es nicht
einmal ganz und ein Theil meines Wesens, das ein Doppellauter ist,
sizt noch immer in deiner Stube und schreibt -- so komm' ich doch
im [!] nächsten schönen Tage sehr früh einmal wieder, um dich zu einem15
sehr frühen Spaziergange aufzuwekken, und gehe abends ganz spät
wieder fort.

Ein Advokat hier entschuldigte seine Versäumung des fünften
Termins mit der -- Krankheit seines Kindes und scheint dadurch denen
[180]einen Vorwand mehr gegeben zu haben, die den Juristen vorrükken zu20
können glauben, daß sie den zärtlichern Regungen zuweilen zuviel Plaz
lassen.

Möchtest du mir nicht das Fräulein Sternheim bald auf kurze
Zeit schikken? Lasse sie aber nicht ohne Brautführer weg, ich meine
ohne einen Brief von dir. Lebe so wol als ich neulich bei dir.25

[Spaltenumbruch] Hof den 29. Jul. 1785. [Spaltenumbruch] Richter
111. An Oerthel in Töpen.
Lieber Örthel,

Hier schikk' ich dir einen vortreflichen Roman: und so wil ich dir alzeit
die guten Bücher vom Maier abliefern, die du ihm dan wieder zurük-30
geben kanst. Du bekomst zuweilen manche gute nicht, weil schon der
Name deines H. Vaters darinnen [?] steht, der sie vor deiner Ankunft
las.

Der Zufal scheinet dich nachzuahmen, da er schon zweimal die
Verfügung traf, daß ich dich nicht bei mir sah. -- Wenn ich Stiefeln35

dich ſein Kapital giebt und mit dir einen glüklichen Grosavantur-
handel zu treiben gedenkt. — Sechs Wochen wil er da verweilen;
und am ſiebenten Tage wil er nach einer ſo beſchwerlichen Selbſt-
erſchaffung ruhen ſo lange er einen Athem hat.

Ein gewiſſer Schreiber, Drechſel, den dein H. Vater kent, ſizt hier5
in gefänglicher Haft, weil man von ihm ſowol Beweiſe hat, daß er
etliche male geſtohlen, als Muthmaſſung, daß er das Paſquil (in der
vorigen Woche) gemacht, das eine Konduitenliſte der hieſigen Kauf-
leute war und beſonders die iungen Leute, die auf einem neulichen
kleinen Balle waren, z. B. die Fiſchers und Köhlers Mädgen und die10
beiden Otto’s in ſchlechten und pöbelhaften Verſen angrif.

Ungeachtet ich kaum von dir weg bin — in der That ich bin es nicht
einmal ganz und ein Theil meines Weſens, das ein Doppellauter iſt,
ſizt noch immer in deiner Stube und ſchreibt — ſo komm’ ich doch
im [!] nächſten ſchönen Tage ſehr früh einmal wieder, um dich zu einem15
ſehr frühen Spaziergange aufzuwekken, und gehe abends ganz ſpät
wieder fort.

Ein Advokat hier entſchuldigte ſeine Verſäumung des fünften
Termins mit der — Krankheit ſeines Kindes und ſcheint dadurch denen
[180]einen Vorwand mehr gegeben zu haben, die den Juriſten vorrükken zu20
können glauben, daß ſie den zärtlichern Regungen zuweilen zuviel Plaz
laſſen.

Möchteſt du mir nicht das Fräulein Sternheim bald auf kurze
Zeit ſchikken? Laſſe ſie aber nicht ohne Brautführer weg, ich meine
ohne einen Brief von dir. Lebe ſo wol als ich neulich bei dir.25

[Spaltenumbruch] Hof den 29. Jul. 1785. [Spaltenumbruch] Richter
111. An Oerthel in Töpen.
Lieber Örthel,

Hier ſchikk’ ich dir einen vortreflichen Roman: und ſo wil ich dir alzeit
die guten Bücher vom Maier abliefern, die du ihm dan wieder zurük-30
geben kanſt. Du bekomſt zuweilen manche gute nicht, weil ſchon der
Name deines H. Vaters darinnen [?] ſteht, der ſie vor deiner Ankunft
las.

Der Zufal ſcheinet dich nachzuahmen, da er ſchon zweimal die
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[170/0195] dich ſein Kapital giebt und mit dir einen glüklichen Grosavantur- handel zu treiben gedenkt. — Sechs Wochen wil er da verweilen; und am ſiebenten Tage wil er nach einer ſo beſchwerlichen Selbſt- erſchaffung ruhen ſo lange er einen Athem hat. Ein gewiſſer Schreiber, Drechſel, den dein H. Vater kent, ſizt hier 5 in gefänglicher Haft, weil man von ihm ſowol Beweiſe hat, daß er etliche male geſtohlen, als Muthmaſſung, daß er das Paſquil (in der vorigen Woche) gemacht, das eine Konduitenliſte der hieſigen Kauf- leute war und beſonders die iungen Leute, die auf einem neulichen kleinen Balle waren, z. B. die Fiſchers und Köhlers Mädgen und die 10 beiden Otto’s in ſchlechten und pöbelhaften Verſen angrif. Ungeachtet ich kaum von dir weg bin — in der That ich bin es nicht einmal ganz und ein Theil meines Weſens, das ein Doppellauter iſt, ſizt noch immer in deiner Stube und ſchreibt — ſo komm’ ich doch im [!] nächſten ſchönen Tage ſehr früh einmal wieder, um dich zu einem 15 ſehr frühen Spaziergange aufzuwekken, und gehe abends ganz ſpät wieder fort. Ein Advokat hier entſchuldigte ſeine Verſäumung des fünften Termins mit der — Krankheit ſeines Kindes und ſcheint dadurch denen einen Vorwand mehr gegeben zu haben, die den Juriſten vorrükken zu 20 können glauben, daß ſie den zärtlichern Regungen zuweilen zuviel Plaz laſſen. [180] Möchteſt du mir nicht das Fräulein Sternheim bald auf kurze Zeit ſchikken? Laſſe ſie aber nicht ohne Brautführer weg, ich meine ohne einen Brief von dir. Lebe ſo wol als ich neulich bei dir. 25 Hof den 29. Jul. 1785. Richter 111. An Oerthel in Töpen. Lieber Örthel, Hier ſchikk’ ich dir einen vortreflichen Roman: und ſo wil ich dir alzeit die guten Bücher vom Maier abliefern, die du ihm dan wieder zurük- 30 geben kanſt. Du bekomſt zuweilen manche gute nicht, weil ſchon der Name deines H. Vaters darinnen [?] ſteht, der ſie vor deiner Ankunft las. Der Zufal ſcheinet dich nachzuahmen, da er ſchon zweimal die Verfügung traf, daß ich dich nicht bei mir ſah. — Wenn ich Stiefeln 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/195>, abgerufen am 24.11.2024.