Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.257. An A. G. von Spangenberg in Venzka. [Kopie][Hof, 11. April 1789]Die Juden glauben im Schlafe steige die Seele gen Himmel; 258. An Christian Otto. [Kopie][Hof, 4. Mai 1789]In einem eisgrauen Kalender von meinem eben so alten Grosvater Er kan nicht schreiben, aber denken und hat den Wiz im Kopf, den 259. An Buchhändler Beckmann in Gera. [Kopie][Hof, 20. Mai 1789]Ich bin froh, daß mein Buch sich aus dem Ei, in dem es so lange35 257. An A. G. von Spangenberg in Venzka. [Kopie][Hof, 11. April 1789]Die Juden glauben im Schlafe ſteige die Seele gen Himmel; 258. An Chriſtian Otto. [Kopie][Hof, 4. Mai 1789]In einem eisgrauen Kalender von meinem eben ſo alten Grosvater Er kan nicht ſchreiben, aber denken und hat den Wiz im Kopf, den 259. An Buchhändler Beckmann in Gera. [Kopie][Hof, 20. Mai 1789]Ich bin froh, daß mein Buch ſich aus dem Ei, in dem es ſo lange35 <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0285" n="260"/> <div type="letter" n="1"> <head>257. An A. G. <hi rendition="#g">von Spangenberg in Venzka.</hi></head><lb/> <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note> <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 11. April 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/> <p>Die Juden glauben im Schlafe ſteige die Seele gen Himmel;<lb/> wenigſtens geht meine darin oft nach Venzka und ich war geſtern die<lb/> ganze Nacht bei Ihnen. Mir träumte: aus unſerm Kreistage würde<lb n="5"/> nichts; aus meiner Warze würde etwas, nämlich etwas Groſſes; unſer<lb/> Punſch und andre Hofnungen würden zu Waſſer, woraus ſie genom-<lb/> men ſind; in Hirſchberg ſchnizte man Prügel, nicht um den Katechiſ-<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd#_274">[274]</ref></note>mus ſondern um die Liebe beizubringen und ich hätte heute nichts an<lb/> Sie zu ſchreiben. Nichts war mir lieber als dieſer Traum oder vielmehr<lb n="10"/> ſeine Bedeutung, weil <metamark>[</metamark>ein<metamark>]</metamark> Tr<metamark>[</metamark>aum<metamark>]</metamark> das Gegentheil bedeutet — und<lb/> dieſer iſt durch Ihren Brief erfült. — Da die Freuden, die viel ver-<lb/> ſprechen, nicht viel geben, und bei der erſten Betaſtung ihren Schmetter-<lb/> lingspuder fahren laſſen, ſodaß man nichts in Fingern hat als nakte<lb/> häutige Flügel: ſo wil ich mich abarbeiten, daß ich nichts davon er-<lb n="15"/> warte; es wird aber nicht gehen.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>258. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note> <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 4. Mai 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/> <p>In einem eisgrauen Kalender von meinem eben ſo alten Grosvater<lb/> ſteht eine Weiſſagung, die doch wahr ſein kan: „Der 6<hi rendition="#sup">te</hi> Mai wird —<lb n="20"/> blos wegen der Konjunkzion der Erde mit der Sonne — ſo auſſer-<lb/> ordentlich prächtig ſein, daß die Leute ſich wie Schmetterlinge aus<lb/> ihren Häuſern herausentpuppen werden — die Leute werden unter<lb/> dem freien Himmel wie Nomadenhorden herumziehen und man wird<lb/> nichts weniger machen als Kalender; beſonders werden d<metamark>[</metamark>er<metamark>]</metamark> H. Otto<lb n="25"/> und der <metamark>[</metamark>H.<metamark>]</metamark> Richter tauſendfachen Spas haben, es iſt aber aus den<lb/> Geſtirnen noch nicht herauszubringen, was für einen.“</p><lb/> <p>Er kan nicht ſchreiben, aber denken und hat den Wiz im Kopf, den<lb/> er nicht in ſeine Kappe wirft — Ich würd’ es nicht glauben (dieſe<lb/> keuſche <metamark>[?]</metamark> Dame) wenn es nicht gemalet wäre — Er iſt <metamark>[</metamark>ein<metamark>]</metamark> Stroh-<lb n="30"/> pfahl, der verbeut, den Weg in ſein Haus zu betreten — Du kanſt<lb/> nicht ſchreiben, aber die Wirthe doppelt —</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>259. An <hi rendition="#g">Buchhändler Beckmann in Gera.</hi></head><lb/> <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note> <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Hof, 20. Mai 1789<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/> <p>Ich bin froh, daß mein Buch ſich aus dem Ei, in dem es ſo lange<lb n="35"/> unausgebrütet lag, ins Publikum hinausgebiſſen hat. Aber ich und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [260/0285]
257. An A. G. von Spangenberg in Venzka.
[Hof, 11. April 1789]
Die Juden glauben im Schlafe ſteige die Seele gen Himmel;
wenigſtens geht meine darin oft nach Venzka und ich war geſtern die
ganze Nacht bei Ihnen. Mir träumte: aus unſerm Kreistage würde 5
nichts; aus meiner Warze würde etwas, nämlich etwas Groſſes; unſer
Punſch und andre Hofnungen würden zu Waſſer, woraus ſie genom-
men ſind; in Hirſchberg ſchnizte man Prügel, nicht um den Katechiſ-
mus ſondern um die Liebe beizubringen und ich hätte heute nichts an
Sie zu ſchreiben. Nichts war mir lieber als dieſer Traum oder vielmehr 10
ſeine Bedeutung, weil [ein] Tr[aum] das Gegentheil bedeutet — und
dieſer iſt durch Ihren Brief erfült. — Da die Freuden, die viel ver-
ſprechen, nicht viel geben, und bei der erſten Betaſtung ihren Schmetter-
lingspuder fahren laſſen, ſodaß man nichts in Fingern hat als nakte
häutige Flügel: ſo wil ich mich abarbeiten, daß ich nichts davon er- 15
warte; es wird aber nicht gehen.
[274]
258. An Chriſtian Otto.
[Hof, 4. Mai 1789]
In einem eisgrauen Kalender von meinem eben ſo alten Grosvater
ſteht eine Weiſſagung, die doch wahr ſein kan: „Der 6te Mai wird — 20
blos wegen der Konjunkzion der Erde mit der Sonne — ſo auſſer-
ordentlich prächtig ſein, daß die Leute ſich wie Schmetterlinge aus
ihren Häuſern herausentpuppen werden — die Leute werden unter
dem freien Himmel wie Nomadenhorden herumziehen und man wird
nichts weniger machen als Kalender; beſonders werden d[er] H. Otto 25
und der [H.] Richter tauſendfachen Spas haben, es iſt aber aus den
Geſtirnen noch nicht herauszubringen, was für einen.“
Er kan nicht ſchreiben, aber denken und hat den Wiz im Kopf, den
er nicht in ſeine Kappe wirft — Ich würd’ es nicht glauben (dieſe
keuſche [?] Dame) wenn es nicht gemalet wäre — Er iſt [ein] Stroh- 30
pfahl, der verbeut, den Weg in ſein Haus zu betreten — Du kanſt
nicht ſchreiben, aber die Wirthe doppelt —
259. An Buchhändler Beckmann in Gera.
[Hof, 20. Mai 1789]
Ich bin froh, daß mein Buch ſich aus dem Ei, in dem es ſo lange 35
unausgebrütet lag, ins Publikum hinausgebiſſen hat. Aber ich und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |