Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.Um Arbeit zu gewinnen und Ueberfressen zu ersparen, stecken oft Ich hatte 2 edlere Brüder als die 2 Nailaer sind: und habe noch Freilich komm ich am Freitag abends schon. Lebe wol. R. Am Freitag ist mein erster Gang zu deinem Pult und zu den Dem Spazen bringe bei, daß ich überal, wo er mich nicht versteht, [Adr.] Meinem Freunde Christian Otto in Hof. D. Einschlus. 353. An Renate Wirth in Hof. Für meine Freundin Renata Wirth20 d. 3. Jenn. 1791 [Montag]. Stat eines Neujahr Wunsches. Ganze Tage und Wochen vergisset man, zwei, drei Minuten daraus Um den Nachklang einer schönern Stunde von gestern länger zu Eh' der Schöpfer die Seele der R--a, mit dem Körper umlaubt,30 *) Viele Völker und noch viele Männer glauben, daß ieden Menschen durch
sein ganzes Leben ein guter Geist oder Genius begleite, der ihn zur Tugend zieht, und ein böser, der ihn zum Laster lokt.35 Um Arbeit zu gewinnen und Ueberfreſſen zu erſparen, ſtecken oft Ich hatte 2 edlere Brüder als die 2 Nailaer ſind: und habe noch Freilich komm ich am Freitag abends ſchon. Lebe wol. R. Am Freitag iſt mein erſter Gang zu deinem Pult und zu den Dem Spazen bringe bei, daß ich überal, wo er mich nicht verſteht, [Adr.] Meinem Freunde Chriſtian Otto in Hof. D. Einſchlus. 353. An Renate Wirth in Hof. Für meine Freundin Renata Wirth20 d. 3. Jenn. 1791 [Montag]. Stat eines Neujahr Wunsches. Ganze Tage und Wochen vergiſſet man, zwei, drei Minuten daraus Um den Nachklang einer ſchönern Stunde von geſtern länger zu Eh’ der Schöpfer die Seele der R—a, mit dem Körper umlaubt,30 *) Viele Völker und noch viele Männer glauben, daß ieden Menſchen durch
ſein ganzes Leben ein guter Geiſt oder Genius begleite, der ihn zur Tugend zieht, und ein böſer, der ihn zum Laſter lokt.35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0343" n="317"/> <p>Um Arbeit zu gewinnen und Ueberfreſſen zu erſparen, ſtecken oft<lb/> weiſe Landesregierungen den 3<hi rendition="#sup">ten</hi> Feiertag in den 2<hi rendition="#sup">ten</hi> hinein. Aus<lb/> gleicher Abſicht flocht mein kopierender Bruder in den Hochzeittag<lb/> faſt den Tauftag ein, der auch ſchon vorbei iſt. (Alles im Ernſt.) Was<lb/> gäb ich darum, wenn ich ſchon heute ſeinen kleinen Abſenker an die<lb n="5"/> Ohren halten könte — ich habe noch keine närriſchere Empfindung<lb/> gehabt als den Gedanken an ſeinen Sohn.</p><lb/> <p>Ich hatte 2 edlere Brüder als die 2 Nailaer ſind: und habe noch<lb/> davon meinen Samuel. Sonſt könt’ ich warlich nicht von dieſem<lb/> unedeln Weg zum Glük ſo luſtig reden; für den Schreiber giebts aber<note place="right"><ref target="1922_Bd#_335">[335]</ref></note><lb n="10"/> kein anderes.</p><lb/> <p>Freilich komm ich am Freitag abends ſchon. Lebe wol.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer><lb/> <postscript> <p>Am Freitag iſt mein erſter Gang zu deinem Pult und zu den<lb/> Noten darin.<lb n="15"/> </p> <p>Dem Spazen bringe bei, daß ich überal, wo er mich nicht verſteht,<lb/> ein mäſſiges Lob auf ihn hineinverſtekt habe.</p> </postscript><lb/> <trailer> <address> <addrLine><metamark>[</metamark>Adr.<metamark>]</metamark> Meinem Freunde Chriſtian Otto in Hof. D. Einſchlus.</addrLine> </address> </trailer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>353. An <hi rendition="#g">Renate Wirth in Hof.</hi></head><lb/> <opener> <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Für meine Freundin Renata Wirth</hi> <lb n="20"/> <date><hi rendition="#aq">d. 3. Jenn.</hi> 1791 <metamark>[</metamark>Montag<metamark>]</metamark>.</date><lb/> <hi rendition="#aq">Stat eines Neujahr Wunsches.</hi> </hi> </salute> </opener><lb/> <p>Ganze Tage und Wochen vergiſſet man, zwei, drei Minuten daraus<lb/> ausgenommen. Ach blieben uns nur von iedem Tage drei ſolche<lb/> nachtönende Minuten zurük: ſo wäre doch das Leben und der Genus<lb n="25"/> des Lebens etwas werth! Aber ſo — ſind unſre Stunden kaum würdig<lb/> einmal gelebt, geſchweige wieder erinnert zu werden.</p><lb/> <p>Um den Nachklang einer ſchönern Stunde von geſtern länger zu<lb/> hören — hab’ ich mir dieſen Traum gemacht:</p><lb/> <p>Eh’ der Schöpfer die Seele der <hi rendition="#aq">R—a,</hi> mit dem Körper umlaubt,<lb n="30"/> auf die Erde ziehen hies: traten die zwei Genien vor den Schöpfer,<lb/> die verborgen um ieden Menſchen fliegen.<note place="foot" n="*)">Viele Völker und noch viele Männer glauben, daß ieden Menſchen durch<lb/> ſein ganzes Leben ein guter Geiſt oder Genius begleite, der ihn zur Tugend zieht,<lb/> und ein böſer, der ihn zum Laſter lokt.<lb n="35"/> </note> Der ſchwarze Genius,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [317/0343]
Um Arbeit zu gewinnen und Ueberfreſſen zu erſparen, ſtecken oft
weiſe Landesregierungen den 3ten Feiertag in den 2ten hinein. Aus
gleicher Abſicht flocht mein kopierender Bruder in den Hochzeittag
faſt den Tauftag ein, der auch ſchon vorbei iſt. (Alles im Ernſt.) Was
gäb ich darum, wenn ich ſchon heute ſeinen kleinen Abſenker an die 5
Ohren halten könte — ich habe noch keine närriſchere Empfindung
gehabt als den Gedanken an ſeinen Sohn.
Ich hatte 2 edlere Brüder als die 2 Nailaer ſind: und habe noch
davon meinen Samuel. Sonſt könt’ ich warlich nicht von dieſem
unedeln Weg zum Glük ſo luſtig reden; für den Schreiber giebts aber 10
kein anderes.
[335]
Freilich komm ich am Freitag abends ſchon. Lebe wol.
R.
Am Freitag iſt mein erſter Gang zu deinem Pult und zu den
Noten darin. 15
Dem Spazen bringe bei, daß ich überal, wo er mich nicht verſteht,
ein mäſſiges Lob auf ihn hineinverſtekt habe.
[Adr.] Meinem Freunde Chriſtian Otto in Hof. D. Einſchlus.
353. An Renate Wirth in Hof.
Für meine Freundin Renata Wirth 20
d. 3. Jenn. 1791 [Montag].
Stat eines Neujahr Wunsches.
Ganze Tage und Wochen vergiſſet man, zwei, drei Minuten daraus
ausgenommen. Ach blieben uns nur von iedem Tage drei ſolche
nachtönende Minuten zurük: ſo wäre doch das Leben und der Genus 25
des Lebens etwas werth! Aber ſo — ſind unſre Stunden kaum würdig
einmal gelebt, geſchweige wieder erinnert zu werden.
Um den Nachklang einer ſchönern Stunde von geſtern länger zu
hören — hab’ ich mir dieſen Traum gemacht:
Eh’ der Schöpfer die Seele der R—a, mit dem Körper umlaubt, 30
auf die Erde ziehen hies: traten die zwei Genien vor den Schöpfer,
die verborgen um ieden Menſchen fliegen. *) Der ſchwarze Genius,
*) Viele Völker und noch viele Männer glauben, daß ieden Menſchen durch
ſein ganzes Leben ein guter Geiſt oder Genius begleite, der ihn zur Tugend zieht,
und ein böſer, der ihn zum Laſter lokt. 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |