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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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nur in meiner eignen. Ich beneide den Lobensteiner Scheik, der nicht
eher sagt daß er abreiset, als unterwegs.

Mein Bruder kam, wegen gestrigen Zahnschmerzen, erst heute um
6 Uhr: sonst wäre Campe gestern gekommen.

Der vortrefliche Poncelin de la Roche Tilhac hat aus dem Raynal5
den "philosophischen Wiz, der seinen Nuzen hindert" nicht ganz un-
geschikt herausgebürstet und weggehobelt; und es glükte ihm, das
kouleurte Landschaftsgemälde von der Erde in eine brauchbare Land-
karte auszuwässern: sie kan iezt auf einem Sessionstische auf-
geschlagen werden.10

Es sind Winke hin und her geflogen, daß man mich Höferseits mit
Feiertags Büchern zu überraschen gedenke; wer erräth aber in der
Welt das Beste oder Schlimste? -- Warlich ich weis nicht wozu dem[358]
Menschen seine elenden Hofnungen oder Befürchtungen dienen, da
allemal ganz andre eintreffen.15

F. Richter
[Adr.] Des Herrn Christian Otto Hoch Edelgeboren in Hof. 2 Bü-
cher. Den Vaillant bring ich selbst.
378.
Birken-Predigt.20

Seelig sind die Schwarzenbacher: denn sie haben den Birken-Prater
und Vauxhal, in den sie gehen können wenn sie wollen und in dem alles
grün ist, das Breche gestossene Billard ausgenommen.

Seelig sind die, die zur Birken-Union treten wollen und hier des-
wegen subskribieren: denn sie können droben ieden Mitwoch wie die25
Fürsten öffentlich essen und finden da schöne Natur und Bier genug.

Seelig ist der Birken-Maitre de plaisirs oder schottische Meister der
Birkenloge oder der Birken-Traiteur, kurz der Repler: denn ieder
Subskribent wird ihm für ieden Mitwoch 15 kr. zahlen und davon kan
er sogut zehren wie die Subskribenten.30

Seelig bin ich selbst: denn ich versehe iezt, stat meines alten Teufels-
Sekretariats, das Birken-Sekretariat und bin drüben auf der andern
Seite der lezte Subskribent und Birken-associe.

Verdamt sind blos die, die keinen Spas verstehen: denn diese ver-
stehen auch keinen Ernst. -- Schwarzenbach an der Saal den 11 Jun.35
1791 [Sonnabend].

22*

nur in meiner eignen. Ich beneide den Lobenſteiner Scheik, der nicht
eher ſagt daß er abreiſet, als unterwegs.

Mein Bruder kam, wegen geſtrigen Zahnſchmerzen, erſt heute um
6 Uhr: ſonſt wäre Campe geſtern gekommen.

Der vortrefliche Poncelin de la Roche Tilhac hat aus dem Raynal5
den „philoſophiſchen Wiz, der ſeinen Nuzen hindert“ nicht ganz un-
geſchikt herausgebürſtet und weggehobelt; und es glükte ihm, das
kouleurte Landſchaftsgemälde von der Erde in eine brauchbare Land-
karte auszuwäſſern: ſie kan iezt auf einem Seſſionstiſche auf-
geſchlagen werden.10

Es ſind Winke hin und her geflogen, daß man mich Höferſeits mit
Feiertags Büchern zu überraſchen gedenke; wer erräth aber in der
Welt das Beſte oder Schlimſte? — Warlich ich weis nicht wozu dem[358]
Menſchen ſeine elenden Hofnungen oder Befürchtungen dienen, da
allemal ganz andre eintreffen.15

F. Richter
[Adr.] Des Herrn Chriſtian Otto Hoch Edelgeboren in Hof. 2 Bü-
cher. Den Vaillant bring ich ſelbſt.
378.
Birken-Predigt.20

Seelig ſind die Schwarzenbacher: denn ſie haben den Birken-Prater
und Vauxhal, in den ſie gehen können wenn ſie wollen und in dem alles
grün iſt, das Breche geſtoſſene Billard ausgenommen.

Seelig ſind die, die zur Birken-Union treten wollen und hier des-
wegen ſubſkribieren: denn ſie können droben ieden Mitwoch wie die25
Fürſten öffentlich eſſen und finden da ſchöne Natur und Bier genug.

Seelig iſt der Birken-Maitre de plaisirs oder ſchottiſche Meiſter der
Birkenloge oder der Birken-Traiteur, kurz der Repler: denn ieder
Subſkribent wird ihm für ieden Mitwoch 15 kr. zahlen und davon kan
er ſogut zehren wie die Subſkribenten.30

Seelig bin ich ſelbſt: denn ich verſehe iezt, ſtat meines alten Teufels-
Sekretariats, das Birken-Sekretariat und bin drüben auf der andern
Seite der lezte Subſkribent und Birken-associé.

Verdamt ſind blos die, die keinen Spas verſtehen: denn dieſe ver-
ſtehen auch keinen Ernſt. — Schwarzenbach an der Saal den 11 Jun.35
1791 [Sonnabend].

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[339/0365] nur in meiner eignen. Ich beneide den Lobenſteiner Scheik, der nicht eher ſagt daß er abreiſet, als unterwegs. Mein Bruder kam, wegen geſtrigen Zahnſchmerzen, erſt heute um 6 Uhr: ſonſt wäre Campe geſtern gekommen. Der vortrefliche Poncelin de la Roche Tilhac hat aus dem Raynal 5 den „philoſophiſchen Wiz, der ſeinen Nuzen hindert“ nicht ganz un- geſchikt herausgebürſtet und weggehobelt; und es glükte ihm, das kouleurte Landſchaftsgemälde von der Erde in eine brauchbare Land- karte auszuwäſſern: ſie kan iezt auf einem Seſſionstiſche auf- geſchlagen werden. 10 Es ſind Winke hin und her geflogen, daß man mich Höferſeits mit Feiertags Büchern zu überraſchen gedenke; wer erräth aber in der Welt das Beſte oder Schlimſte? — Warlich ich weis nicht wozu dem Menſchen ſeine elenden Hofnungen oder Befürchtungen dienen, da allemal ganz andre eintreffen. 15 [358]F. Richter [Adr.] Des Herrn Chriſtian Otto Hoch Edelgeboren in Hof. 2 Bü- cher. Den Vaillant bring ich ſelbſt. 378. Birken-Predigt. 20 Seelig ſind die Schwarzenbacher: denn ſie haben den Birken-Prater und Vauxhal, in den ſie gehen können wenn ſie wollen und in dem alles grün iſt, das Breche geſtoſſene Billard ausgenommen. Seelig ſind die, die zur Birken-Union treten wollen und hier des- wegen ſubſkribieren: denn ſie können droben ieden Mitwoch wie die 25 Fürſten öffentlich eſſen und finden da ſchöne Natur und Bier genug. Seelig iſt der Birken-Maitre de plaisirs oder ſchottiſche Meiſter der Birkenloge oder der Birken-Traiteur, kurz der Repler: denn ieder Subſkribent wird ihm für ieden Mitwoch 15 kr. zahlen und davon kan er ſogut zehren wie die Subſkribenten. 30 Seelig bin ich ſelbſt: denn ich verſehe iezt, ſtat meines alten Teufels- Sekretariats, das Birken-Sekretariat und bin drüben auf der andern Seite der lezte Subſkribent und Birken-associé. Verdamt ſind blos die, die keinen Spas verſtehen: denn dieſe ver- ſtehen auch keinen Ernſt. — Schwarzenbach an der Saal den 11 Jun. 35 1791 [Sonnabend]. 22*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/365>, abgerufen am 25.11.2024.