Hier ist mehr Gebrauch als Besiz der äussern Dinge; und Eigenthum ist im ersten Sinne nicht, weil etwas, das ich heute mein nenne, morgen durch die Verdoppelung der Prätendenten es aufhöret zu sein. Ich kan folglich in keiner Zeit bestimt angeben, wie viel mir von der Erde ge- höre. Und hier passet die Formel nicht: von meinem Körper hab ich5 nur den Gebrauch und er gehöret zu den Dingen wie die Luft etc. Frei- lich da hier die Natur schon eine Gleichheit der Güter gemacht und jedem schon seinen Körper verliehen hat: so bin ich dieses Eigenthums allein sicher; aber auf seine Kräfte hat in den Fällen des Elends doch der andere Anspruch.10
Nach deinen und meinen Begriffen giebt es daher nur ein Zu- eignungs- kein Eigenthumsrecht, weil das Stük, das ich heute habe, [114]sich mit den Bedürftigen desselben vergrössern und verkleinern mus. -- Das was ich ausserhalb meines Ichs mit meinem körperlichen er- schaffe, ist, da ich keine Materie, sondern Formen der vorhandnen Ma-15 terie, die allen zugehört, machen kan, nichts als ein Recht zum -- Arbeitslohn. Dem Scheinbaren was der V. über den Titel der Wirkungen sagt, hast du im II allen Schein ganz genommen; aber das must du doch einräumen, daß z. B. die Ernte eines von mir besäeten Feldes, das ich auf der Insel als der erste Nachkömling unschuldig be-20 nüzet habe und dessen Hälfte ich einem zweiten wiedergeben muste, mir allein zustehe. Diese Ernte ist der Arbeitslohn, aber nicht für den -- andern .. . Allerdings mus also der Stärkere den Ertrag einer reichern Kraft einziehen: für diese Ungleichheit der Kräfte wie des Glüks -- da der eine ein Feld früher gefunden und besessen als der dazu kommende25 associe -- kan nur das Schiksal. Den Verfasser verwunden deine Gründe, weil der die Inschrift, die ich in einen Goldbarren gravieret, zu einem Lehnbrief Schenkungsbrief auf den Barren macht; aber die Inskripzionskosten darf ich mir doch vom Barren abschaben. -- Auch bewiese die Schwierigkeit, diese Wirkungen der Kräfte zu30 berechnen, doch nichts gegen das Recht: man müste nur kommen- surable Grössen, meine Wirkungen und fremde mit einander messen. -- . Hier must du eine andere Wendung nehmen: denn der reine Kräfte-Ertrag für den innern Speicher bleibt derselbe, ob ich das äussere Instrument dazu besize oder nicht, und ich werde ein ausser-35 ordentlicher Virtuos, ob ich meine Finger auf fremden Flügeln übe oder auf eignen....
Hier iſt mehr Gebrauch als Beſiz der äuſſern Dinge; und Eigenthum iſt im erſten Sinne nicht, weil etwas, das ich heute mein nenne, morgen durch die Verdoppelung der Prätendenten es aufhöret zu ſein. Ich kan folglich in keiner Zeit beſtimt angeben, wie viel mir von der Erde ge- höre. Und hier paſſet die Formel nicht: von meinem Körper hab ich5 nur den Gebrauch und er gehöret zu den Dingen wie die Luft ꝛc. Frei- lich da hier die Natur ſchon eine Gleichheit der Güter gemacht und jedem ſchon ſeinen Körper verliehen hat: ſo bin ich dieſes Eigenthums allein ſicher; aber auf ſeine Kräfte hat in den Fällen des Elends doch der andere Anſpruch.10
Nach deinen und meinen Begriffen giebt es daher nur ein Zu- eignungs- kein Eigenthumsrecht, weil das Stük, das ich heute habe, [114]ſich mit den Bedürftigen deſſelben vergröſſern und verkleinern mus. — Das was ich auſſerhalb meines Ichs mit meinem körperlichen er- ſchaffe, iſt, da ich keine Materie, ſondern Formen der vorhandnen Ma-15 terie, die allen zugehört, machen kan, nichts als ein Recht zum — Arbeitslohn. Dem Scheinbaren was der V. über den Titel der Wirkungen ſagt, haſt du im II allen Schein ganz genommen; aber das muſt du doch einräumen, daß z. B. die Ernte eines von mir beſäeten Feldes, das ich auf der Inſel als der erſte Nachkömling unſchuldig be-20 nüzet habe und deſſen Hälfte ich einem zweiten wiedergeben muſte, mir allein zuſtehe. Dieſe Ernte iſt der Arbeitslohn, aber nicht für den — andern .. . Allerdings mus alſo der Stärkere den Ertrag einer reichern Kraft einziehen: für dieſe Ungleichheit der Kräfte wie des Glüks — da der eine ein Feld früher gefunden und beſeſſen als der dazu kommende25 associé — kan nur das Schikſal. Den Verfaſſer verwunden deine Gründe, weil der die Inſchrift, die ich in einen Goldbarren gravieret, zu einem Lehnbrief 〈Schenkungsbrief〉 auf den Barren macht; aber die Inſkripzionskoſten darf ich mir doch vom Barren abſchaben. — Auch bewieſe die Schwierigkeit, dieſe Wirkungen der Kräfte zu30 berechnen, doch nichts gegen das Recht: man müſte nur kommen- ſurable Gröſſen, meine Wirkungen und fremde mit einander meſſen. — . Hier muſt du eine andere Wendung nehmen: denn der reine Kräfte-Ertrag für den innern Speicher bleibt derſelbe, ob ich das äuſſere Inſtrument dazu beſize oder nicht, und ich werde ein auſſer-35 ordentlicher Virtuos, ob ich meine Finger auf fremden Flügeln übe oder auf eignen....
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nur den Gebrauch und er gehöret zu den Dingen wie die Luft ꝛc. Frei-
lich da hier die Natur ſchon eine Gleichheit der Güter gemacht und
jedem ſchon ſeinen Körper verliehen hat: ſo bin ich dieſes Eigenthums
allein ſicher; aber auf ſeine Kräfte hat in den Fällen des Elends doch
der andere Anſpruch. 10
Nach deinen und meinen Begriffen giebt es daher nur ein Zu-
eignungs- kein Eigenthumsrecht, weil das Stük, das ich heute habe,
ſich mit den Bedürftigen deſſelben vergröſſern und verkleinern mus.
— Das was ich auſſerhalb meines Ichs mit meinem körperlichen er-
ſchaffe, iſt, da ich keine Materie, ſondern Formen der vorhandnen Ma- 15
terie, die allen zugehört, machen kan, nichts als ein Recht zum
— Arbeitslohn. Dem Scheinbaren was der V. über den Titel der
Wirkungen ſagt, haſt du im II allen Schein ganz genommen; aber das
muſt du doch einräumen, daß z. B. die Ernte eines von mir beſäeten
Feldes, das ich auf der Inſel als der erſte Nachkömling unſchuldig be- 20
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allein zuſtehe. Dieſe Ernte iſt der Arbeitslohn, aber nicht für den —
andern .. [FORMEL]. Allerdings mus alſo der Stärkere den Ertrag einer reichern
Kraft einziehen: für dieſe Ungleichheit der Kräfte wie des Glüks — da
der eine ein Feld früher gefunden und beſeſſen als der dazu kommende 25
associé — kan nur das Schikſal. Den Verfaſſer verwunden deine
Gründe, weil der die Inſchrift, die ich in einen Goldbarren gravieret,
zu einem Lehnbrief 〈Schenkungsbrief〉 auf den Barren macht; aber
die Inſkripzionskoſten darf ich mir doch vom Barren abſchaben. —
Auch bewieſe die Schwierigkeit, dieſe Wirkungen der Kräfte zu 30
berechnen, doch nichts gegen das Recht: man müſte nur kommen-
ſurable Gröſſen, meine Wirkungen und fremde mit einander meſſen. —
[FORMEL]. Hier muſt du eine andere Wendung nehmen: denn der reine
Kräfte-Ertrag für den innern Speicher bleibt derſelbe, ob ich das
äuſſere Inſtrument dazu beſize oder nicht, und ich werde ein auſſer- 35
ordentlicher Virtuos, ob ich meine Finger auf fremden Flügeln übe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/129>, abgerufen am 21.11.2024.
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