treibe, daß ich nach Leimiz um 21/4 Uhr gelange. -- Ich wil dir einmal auch alle deine Briefe, chronologisch gereihet, vorstrecken, um dir die sonderbare Empfindung bei einer solchen papiernen Vergangenheit auch zu geben.
248. An Wernlein in Neustadt a. d. Aisch.5
[Kopie][Hof, 28. Febr. 1796]
Nach so viel Jahren vol Veränderungen in und ausser meinem Herzen. Wärst du in B[ayreuth]: mir würde der Weg hinaus kürzer vorkommen als dir herein; das vorigemal lag zwischen mir und dir nicht die Siriusweite*) von 6 Meilen sondern der stürmende Himmel.10 -- Das Leben gehe dir in sanften Sternbildern vorüber, aus denen in der Nähe Sonnen herausfallen.
249. An Christian Otto.
[Hof, 28. Febr. 1796. Sonntag]
Der Appendix folgt zur Hälfte. Dasmal war die Geschichte nur15 Dienerin, also zuweilen vernachlässigt. Du must also einigen Locker- heiten nachsehen, denen ich nur auf Kosten des ohnehin verschwendeten Papiers hätte nachhelfen können. -- Ich komme vor dem Essen. -- Der gute Oertel wird noch machen, daß ich nicht das Herz habe, seine schönen Illusionen zu -- endigen; aber doch gewint man innerlich20 mehr, durch die Uebertreibung des fremden Lobes als Tadels, und jenes nimt Irthümer, die oft dieser geben kan. -- Schicke mir den Brief jezt.
250. An Christian Otto.
[Hof, 29. Febr. 1796]25
Ich habe ein wenig darin geblättert -- denn ich durfte, weil ichs doch gedrukt hätte auch durchblättern dürfen -- und fand es anders; gieb mir es (einmal) wieder. Das Avertissement wurde nicht meinet- wegen, sondern für den Verfasser der zurükkommenden Rezension[158]
*) Zur Sonne mus eine Kanonenkugel soviel Jahre haben als ein Mensch zur30 Majorennität, du brauchst aber bei deiner Eile vielleicht kaum das 1/4 vom Jahr, um aus dem Unterland heraufzufliegen zum Gestirn, das dich wärmt.
treibe, daß ich nach Leimiz um 2¼ Uhr gelange. — Ich wil dir einmal auch alle deine Briefe, chronologiſch gereihet, vorſtrecken, um dir die ſonderbare Empfindung bei einer ſolchen papiernen Vergangenheit auch zu geben.
248. An Wernlein in Neuſtadt a. d. Aiſch.5
[Kopie][Hof, 28. Febr. 1796]
Nach ſo viel Jahren vol Veränderungen in und auſſer meinem Herzen. Wärſt du in B[ayreuth]: mir würde der Weg hinaus kürzer vorkommen als dir herein; das vorigemal lag zwiſchen mir und dir nicht die Siriusweite*) von 6 Meilen ſondern der ſtürmende Himmel.10 — Das Leben gehe dir in ſanften Sternbildern vorüber, aus denen in der Nähe Sonnen herausfallen.
249. An Chriſtian Otto.
[Hof, 28. Febr. 1796. Sonntag]
Der Appendix folgt zur Hälfte. Dasmal war die Geſchichte nur15 Dienerin, alſo zuweilen vernachläſſigt. Du muſt alſo einigen Locker- heiten nachſehen, denen ich nur auf Koſten des ohnehin verſchwendeten Papiers hätte nachhelfen können. — Ich komme vor dem Eſſen. — Der gute Oertel wird noch machen, daß ich nicht das Herz habe, ſeine ſchönen Illuſionen zu — endigen; aber doch gewint man innerlich20 mehr, durch die Uebertreibung des fremden Lobes als Tadels, und jenes nimt Irthümer, die oft dieſer geben kan. — Schicke mir den Brief jezt.
250. An Chriſtian Otto.
[Hof, 29. Febr. 1796]25
Ich habe ein wenig darin geblättert — denn ich durfte, weil ichs doch gedrukt hätte auch durchblättern dürfen — und fand es anders; gieb mir es (einmal) wieder. Das Avertiſſement wurde nicht meinet- wegen, ſondern für den Verfaſſer der zurükkommenden Rezenſion[158]
*) Zur Sonne mus eine Kanonenkugel ſoviel Jahre haben als ein Menſch zur30 Majorennität, du brauchſt aber bei deiner Eile vielleicht kaum das ¼ vom Jahr, um aus dem Unterland heraufzufliegen zum Geſtirn, das dich wärmt.
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treibe, daß ich nach Leimiz um 2¼ Uhr gelange. — Ich wil dir einmal
auch alle deine Briefe, chronologiſch gereihet, vorſtrecken, um dir die
ſonderbare Empfindung bei einer ſolchen papiernen Vergangenheit
auch zu geben.
248. An Wernlein in Neuſtadt a. d. Aiſch. 5
[Hof, 28. Febr. 1796]
Nach ſo viel Jahren vol Veränderungen in und auſſer meinem
Herzen. Wärſt du in B[ayreuth]: mir würde der Weg hinaus kürzer
vorkommen als dir herein; das vorigemal lag zwiſchen mir und dir
nicht die Siriusweite *) von 6 Meilen ſondern der ſtürmende Himmel. 10
— Das Leben gehe dir in ſanften Sternbildern vorüber, aus denen in
der Nähe Sonnen herausfallen.
249. An Chriſtian Otto.
[Hof, 28. Febr. 1796. Sonntag]
Der Appendix folgt zur Hälfte. Dasmal war die Geſchichte nur 15
Dienerin, alſo zuweilen vernachläſſigt. Du muſt alſo einigen Locker-
heiten nachſehen, denen ich nur auf Koſten des ohnehin verſchwendeten
Papiers hätte nachhelfen können. — Ich komme vor dem Eſſen. —
Der gute Oertel wird noch machen, daß ich nicht das Herz habe, ſeine
ſchönen Illuſionen zu — endigen; aber doch gewint man innerlich 20
mehr, durch die Uebertreibung des fremden Lobes als Tadels, und
jenes nimt Irthümer, die oft dieſer geben kan. — Schicke mir den
Brief jezt.
250. An Chriſtian Otto.
[Hof, 29. Febr. 1796] 25
Ich habe ein wenig darin geblättert — denn ich durfte, weil ichs
doch gedrukt hätte auch durchblättern dürfen — und fand es anders;
gieb mir es (einmal) wieder. Das Avertiſſement wurde nicht meinet-
wegen, ſondern für den Verfaſſer der zurükkommenden Rezenſion
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*) Zur Sonne mus eine Kanonenkugel ſoviel Jahre haben als ein Menſch zur 30
Majorennität, du brauchſt aber bei deiner Eile vielleicht kaum das ¼ vom Jahr,
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/170>, abgerufen am 16.02.2025.
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