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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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andere Menschen überhaupt zu kalt und untheilnehmend wären: dan
giebts nichts für mich als den Entschlus, mich ganz zurükzuziehen und
meine innigste Liebe nicht aufzudringen, sondern die kurze Zeit, die
mich noch in diese Gegend begräbt, gar auszudauern bis mich eine
fremde vol grösserer Freunde aufnimt. --5

Ohne Ihren sanften Brief wäre vielleicht die Kluft des ganzen
Frühlings zwischen uns geblieben. Aber wenn ich einen solchen, wie
eine Hand, die über die Kluft hilft, von Ihnen bekomme, dan seh ich
mit Erstaunen, daß Sie doch noch meine Freundin sind -- Und alle
meine Entschlüsse fallen und wir sind wieder beisammen. Ich habe10
Ihr Angesicht und Ihre Seele in heiligen Stunden gesehen: wenn also
mein Ich nicht zu sehr von Ihrer Hand getrübet und beweget wird,
so können Sie wissen, daß meines das schönste helleste Bild des Ihrigen
spiegle und trage. -- Die Freunde (und die Liebenden noch mehr)
solten immer in ihrem Betragen etwas von der schonenden Zurük-15
haltung behalten, die den ersten Stunden ihrer Bekantschaft jenen
feinen bittersüssen Reiz ertheilte. Leider fehlet dagegen niemand so
sehr als ich selber. -- Geben Sie mir also, neue und alte Freundin,
wieder am Grabe meines kleinen Jahres Ihre Hand und lassen Sie
mir sie auf dem Wege über das neue. Wenn Sie sie wieder aus meiner20
ziehen: so werd' ich -- das ist mein festester Vorsaz -- vielleicht
nicht daran Schuld gewesen sein.

Ihr Freund
Richter

N. S. In Rüksicht der Helene kränkte mich blos die Schnelligkeit25
-- da ich meinen Lehr Plan darnach gerichtet hätte -- und die un-
dankbare Kälte Ihres H. Vaters in seinem Briefe.

269. An Christian Otto.

Ich danke dir herzlich für alles. Um 4 Uhr bin ich draussen. Ach der30
alte Paradies- und Höllenvogel maussert sich oft und hat oft nichts
auf dem Leibe. Ich wil dir noch einmal danken.

andere Menſchen überhaupt zu kalt und untheilnehmend wären: dan
giebts nichts für mich als den Entſchlus, mich ganz zurükzuziehen und
meine innigſte Liebe nicht aufzudringen, ſondern die kurze Zeit, die
mich noch in dieſe Gegend begräbt, gar auszudauern bis mich eine
fremde vol gröſſerer Freunde aufnimt. —5

Ohne Ihren ſanften Brief wäre vielleicht die Kluft des ganzen
Frühlings zwiſchen uns geblieben. Aber wenn ich einen ſolchen, wie
eine Hand, die über die Kluft hilft, von Ihnen bekomme, dan ſeh ich
mit Erſtaunen, daß Sie doch noch meine Freundin ſind — Und alle
meine Entſchlüſſe fallen und wir ſind wieder beiſammen. Ich habe10
Ihr Angeſicht und Ihre Seele in heiligen Stunden geſehen: wenn alſo
mein Ich nicht zu ſehr von Ihrer Hand getrübet und beweget wird,
ſo können Sie wiſſen, daß meines das ſchönſte helleſte Bild des Ihrigen
ſpiegle und trage. — Die Freunde (und die Liebenden noch mehr)
ſolten immer in ihrem Betragen etwas von der ſchonenden Zurük-15
haltung behalten, die den erſten Stunden ihrer Bekantſchaft jenen
feinen bitterſüſſen Reiz ertheilte. Leider fehlet dagegen niemand ſo
ſehr als ich ſelber. — Geben Sie mir alſo, neue und alte Freundin,
wieder am Grabe meines kleinen Jahres Ihre Hand und laſſen Sie
mir ſie auf dem Wege über das neue. Wenn Sie ſie wieder aus meiner20
ziehen: ſo werd’ ich — das iſt mein feſteſter Vorſaz — vielleicht
nicht daran Schuld geweſen ſein.

Ihr Freund
Richter

N. S. In Rükſicht der Helene kränkte mich blos die Schnelligkeit25
— da ich meinen Lehr Plan darnach gerichtet hätte — und die un-
dankbare Kälte Ihres H. Vaters in ſeinem Briefe.

269. An Chriſtian Otto.

Ich danke dir herzlich für alles. Um 4 Uhr bin ich drauſſen. Ach der30
alte Paradies- und Höllenvogel mauſſert ſich oft und hat oft nichts
auf dem Leibe. Ich wil dir noch einmal danken.

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[168/0179] andere Menſchen überhaupt zu kalt und untheilnehmend wären: dan giebts nichts für mich als den Entſchlus, mich ganz zurükzuziehen und meine innigſte Liebe nicht aufzudringen, ſondern die kurze Zeit, die mich noch in dieſe Gegend begräbt, gar auszudauern bis mich eine fremde vol gröſſerer Freunde aufnimt. — 5 Ohne Ihren ſanften Brief wäre vielleicht die Kluft des ganzen Frühlings zwiſchen uns geblieben. Aber wenn ich einen ſolchen, wie eine Hand, die über die Kluft hilft, von Ihnen bekomme, dan ſeh ich mit Erſtaunen, daß Sie doch noch meine Freundin ſind — Und alle meine Entſchlüſſe fallen und wir ſind wieder beiſammen. Ich habe 10 Ihr Angeſicht und Ihre Seele in heiligen Stunden geſehen: wenn alſo mein Ich nicht zu ſehr von Ihrer Hand getrübet und beweget wird, ſo können Sie wiſſen, daß meines das ſchönſte helleſte Bild des Ihrigen ſpiegle und trage. — Die Freunde (und die Liebenden noch mehr) ſolten immer in ihrem Betragen etwas von der ſchonenden Zurük- 15 haltung behalten, die den erſten Stunden ihrer Bekantſchaft jenen feinen bitterſüſſen Reiz ertheilte. Leider fehlet dagegen niemand ſo ſehr als ich ſelber. — Geben Sie mir alſo, neue und alte Freundin, wieder am Grabe meines kleinen Jahres Ihre Hand und laſſen Sie mir ſie auf dem Wege über das neue. Wenn Sie ſie wieder aus meiner 20 ziehen: ſo werd’ ich — das iſt mein feſteſter Vorſaz — vielleicht nicht daran Schuld geweſen ſein. Ihr Freund Richter N. S. In Rükſicht der Helene kränkte mich blos die Schnelligkeit 25 — da ich meinen Lehr Plan darnach gerichtet hätte — und die un- dankbare Kälte Ihres H. Vaters in ſeinem Briefe. 269. An Chriſtian Otto. [Hof] 21 März 96. Ich danke dir herzlich für alles. Um 4 Uhr bin ich drauſſen. Ach der 30 alte Paradies- und Höllenvogel mauſſert ſich oft und hat oft nichts auf dem Leibe. Ich wil dir noch einmal danken.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/179>, abgerufen am 24.11.2024.