einfältig. -- Leider hängen um das Buch noch eine Menge unent- zifferter Ohren -- anstat daß um faule Schüler die Insignie[n] des ganzen Thieres hängen -- ich habe daher Blätgen eingelegt, damit du nichts überspringst. -- Das Sizenlassen der Pfänder kam nur von meiner Unwissenheit, daß es dem Pfandgläubiger schade. -- Die Szene5 mit Natalie in der Fantaisie liegt wie eine sanfte Mondnacht vor mir und ich freue mich, wenn ich einmal in Bayreuth die Stätten be- suchen werde: ich hätte in meinen andern Büchern nur auch mehr meinem Gefühle, das mir solche Szenen vergeblich rein vorhielt, mehr folgen sollen als der Sucht, eine Musaik von böhmischen10 Steinen zusammenzulegen.
-- Du hast überal so schöne kritische Bemerkungen, daß ich sie ein-[172] mal, wenn ich ein Buch darüber mache, in algemeinen Säzen ohne Beziehung auf mich und unter deinem Namen permissis permit- tendis andern Leuten geben wil: es ist mein Tod, wenn einer allein15 eine Sache wissen sol. -- Ich bleibe immer mehr im Dank gegen dich zurük und halb in der Kentnis deines Wegs; da du fortarbeitest, ohne mir mehr etwas zu zeigen: warum thust du das? -- Ich danke dir herzlich für deine Mühen und Verdienste um mich: du legitimierest alzeit erst in meinen Augen meine Abkömlinge und ich halte sie dan20 für ächt.
Dein Freund Richter
280. An Matzdorff in Leipzig.
[Kopie][Hof, 5. April 1796]
Machen Sie eine Ausnahme und unter Ihren Mesgeschäften noch25 das neue, nämlich ein Briefgen, das meiner Sorge über das Post- schiksal des unkopierten Mspt ein Ende macht. -- daß mir ein Ent- wurf, sobald ich Dinte an ihn bringe, unter den Händen aufquilt wie befeuchtete Erbsen und daß 5 Bogen in der Ferne sich zu 15 in der Nähe ausdehnen -- daß mein kleiner Schwanzstern und andre30 Meteoren doch irgend eine trübe Menschenstunde erhellen und be- leuchten -- sezt mir etwas bessers als eine Dornenkrone auf den Kopf -- Seelen Enkel [?]. Eine Bologneserseele, ein Vigesimoherz hat um den Grabeshügel gekläft. Wenn ich einmal nah genug vor dem Bologneser vorbeigehe: wil ich ihm leicht auf die Pfoten treten oder35 mein Dintenfas über ihm ausschwenken.
einfältig. — Leider hängen um das Buch noch eine Menge unent- zifferter Ohren — anſtat daß um faule Schüler die Inſignie[n] des ganzen Thieres hängen — ich habe daher Blätgen eingelegt, damit du nichts überſpringſt. — Das Sizenlaſſen der Pfänder kam nur von meiner Unwiſſenheit, daß es dem Pfandgläubiger ſchade. — Die Szene5 mit Natalie in der Fantaiſie liegt wie eine ſanfte Mondnacht vor mir und ich freue mich, wenn ich einmal in Bayreuth die Stätten be- ſuchen werde: ich hätte in meinen andern Büchern nur auch mehr meinem Gefühle, das mir ſolche Szenen vergeblich rein vorhielt, mehr folgen ſollen als der Sucht, eine Muſaik von böhmiſchen10 Steinen zuſammenzulegen.
— Du haſt überal ſo ſchöne kritiſche Bemerkungen, daß ich ſie ein-[172] mal, wenn ich ein Buch darüber mache, in algemeinen Säzen ohne Beziehung auf mich und unter deinem Namen 〈permissis permit- tendis〉 andern Leuten geben wil: es iſt mein Tod, wenn einer allein15 eine Sache wiſſen ſol. — Ich bleibe immer mehr im Dank gegen dich zurük und halb in der Kentnis deines Wegs; da du fortarbeiteſt, ohne mir mehr etwas zu zeigen: warum thuſt du das? — Ich danke dir herzlich für deine Mühen und Verdienſte um mich: du legitimiereſt alzeit erſt in meinen Augen meine Abkömlinge und ich halte ſie dan20 für ächt.
Dein Freund Richter
280. An Matzdorff in Leipzig.
[Kopie][Hof, 5. April 1796]
Machen Sie eine Ausnahme und unter Ihren Mesgeſchäften noch25 das neue, nämlich ein Briefgen, das meiner Sorge über das Poſt- ſchikſal des unkopierten Mſpt ein Ende macht. — daß mir ein Ent- wurf, ſobald ich Dinte an ihn bringe, unter den Händen aufquilt wie befeuchtete Erbſen und daß 5 Bogen in der Ferne ſich zu 15 in der Nähe ausdehnen — daß mein kleiner Schwanzſtern und andre30 Meteoren doch irgend eine trübe Menſchenſtunde erhellen und be- leuchten — ſezt mir etwas beſſers als eine Dornenkrone auf den Kopf — Seelen Enkel [?]. Eine Bologneſerſeele, ein Vigeſimoherz hat um den Grabeshügel gekläft. Wenn ich einmal nah genug vor dem Bologneſer vorbeigehe: wil ich ihm leicht auf die Pfoten treten oder35 mein Dintenfas über ihm ausſchwenken.
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du nichts überſpringſt. — Das Sizenlaſſen der Pfänder kam nur von
meiner Unwiſſenheit, daß es dem Pfandgläubiger ſchade. — Die Szene 5
mit Natalie in der Fantaiſie liegt wie eine ſanfte Mondnacht vor
mir und ich freue mich, wenn ich einmal in Bayreuth die Stätten be-
ſuchen werde: ich hätte in meinen andern Büchern nur auch mehr
meinem Gefühle, das mir ſolche Szenen vergeblich rein vorhielt,
mehr folgen ſollen als der Sucht, eine Muſaik von böhmiſchen 10
Steinen zuſammenzulegen.
— Du haſt überal ſo ſchöne kritiſche Bemerkungen, daß ich ſie ein-
mal, wenn ich ein Buch darüber mache, in algemeinen Säzen ohne
Beziehung auf mich und unter deinem Namen 〈permissis permit-
tendis〉 andern Leuten geben wil: es iſt mein Tod, wenn einer allein 15
eine Sache wiſſen ſol. — Ich bleibe immer mehr im Dank gegen dich
zurük und halb in der Kentnis deines Wegs; da du fortarbeiteſt, ohne
mir mehr etwas zu zeigen: warum thuſt du das? — Ich danke dir
herzlich für deine Mühen und Verdienſte um mich: du legitimiereſt
alzeit erſt in meinen Augen meine Abkömlinge und ich halte ſie dan 20
für ächt.
[172]
Dein Freund Richter
280. An Matzdorff in Leipzig.
[Hof, 5. April 1796]
Machen Sie eine Ausnahme und unter Ihren Mesgeſchäften noch 25
das neue, nämlich ein Briefgen, das meiner Sorge über das Poſt-
ſchikſal des unkopierten Mſpt ein Ende macht. — daß mir ein Ent-
wurf, ſobald ich Dinte an ihn bringe, unter den Händen aufquilt wie
befeuchtete Erbſen und daß 5 Bogen in der Ferne ſich zu 15 in der
Nähe ausdehnen — daß mein kleiner Schwanzſtern und andre 30
Meteoren doch irgend eine trübe Menſchenſtunde erhellen und be-
leuchten — ſezt mir etwas beſſers als eine Dornenkrone auf den
Kopf — Seelen Enkel [?]. Eine Bologneſerſeele, ein Vigeſimoherz hat
um den Grabeshügel gekläft. Wenn ich einmal nah genug vor dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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