Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.Lebe wohl, mein guter Oertel, dessen Herz ich täglich lieber gewinne Jean Paul Fr. Richter5 [319][Auf einem besonderen Blatt:] Lache mich aus, aber halte mirs zu Gute. Lobe nämlich vor deiner 578. An Friedrich von Oertels Braut. [Kopie][Hof, 4. April 1797]25Tage- oder Minutenbuch alles dessen, was bei meiner Ankunft in Sie wissen, daß ich Nachmittags am künftigen von Leipzig ab- Lebe wohl, mein guter Oertel, deſſen Herz ich täglich lieber gewinne Jean Paul Fr. Richter5 [319][Auf einem besonderen Blatt:] Lache mich aus, aber halte mirs zu Gute. Lobe nämlich vor deiner 578. An Friedrich von Oertels Braut. [Kopie][Hof, 4. April 1797]25Tage- oder Minutenbuch alles deſſen, was bei meiner Ankunft in Sie wiſſen, daß ich Nachmittags am künftigen von Leipzig ab- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0333" n="318"/> <p>Lebe wohl, mein guter Oertel, deſſen Herz ich täglich lieber gewinne<lb/> und höher achten mus, o deine Freude wachſe wie meine Achtung für<lb/> dich und das Schikſal verſage dir — meine Wünſche nicht!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Jean Paul</hi><lb/> Fr. Richter</hi> <lb n="5"/> </salute> </closer> </div> <div type="letter" n="2"> <note place="left"> <ref target="1922_Bd2_319">[319]</ref> </note> <note type="editorial">[<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Auf einem besonderen Blatt:</hi></hi>]</note><lb/> <p>Lache mich aus, aber halte mirs zu Gute. Lobe nämlich vor deiner<lb/> Braut <hi rendition="#aq">Amoenen</hi> nicht zu ſehr: dieſe Lobreden gefallen ihr nur durch<lb/> eine Selbſttäuſchung, indem deine Freuden ſo ſehr zu ihrigen werden,<lb/> daß ſie nur <hi rendition="#g">durch</hi> dich ſieht, liebt und genieſſet und lobt. Sie liebte in<lb n="10"/> ihrer Feindin deine Freundin. Wenn aber die Magie ſich in Freund-<lb/> ſchaft entzaubert: dan urtheilt ſie weiblicher und wil von deiner Liebe<lb/> keiner andern etwas abgeben, was ſie jezt beim Überflieſſen derſelben<lb/> leichter kan. Kurz in der Ehe ſehen die Weiber die Bekantſchaften vor<lb/> derſelben anders an. Der 2<hi rendition="#sup"><hi rendition="#i">t</hi>e</hi> Grund iſt, daß du überhaupt <hi rendition="#aq">Amoene</hi> zu<lb n="15"/> ſehr auf Friederikes Koſten erhebſt (du müſteſt denn blos ihre Talente<lb/> meinen). Jene hat blos die Tugenden, die ſich auf das Ich beziehen,<lb/> edlen Stolz, Muth, Seelenerhebung, Geradheit, Feſtigkeit ꝛc.; aber<lb/> wenige von denen die andere angehen, wenig Liebe für Freundinnen,<lb/> Geſchwiſter und opfert ſich ſelten auf. Liebe für den Geliebten iſt nur<lb n="20"/> ein Himmel aber keine Tugend, obwohl oft die Wurzel der Tugend.<lb/> Die Weiber haben mehr die 2<hi rendition="#sup"><hi rendition="#i">t</hi>e</hi> Art der Tugenden, die Männer die<lb/> erſte: beide ſind leicht zu trennen, ſchwer zu vereinen.</p> </div> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>578. An <hi rendition="#g">Friedrich von Oertels Braut.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 4. April 1797]</hi> </dateline> <lb n="25"/> <p>Tage- oder Minutenbuch alles deſſen, was bei meiner Ankunft in<lb/><hi rendition="#c">Belgershayn am künftigen July vorfiel.</hi></p><lb/> <p>Sie wiſſen, daß ich Nachmittags am künftigen von Leipzig ab-<lb/> gieng. Mein Weg lief durch einen 3 Stunden langen Baumgarten: ich<lb/> wünſchte Ihnen unterwegs alles Schöne, bei dem ich vorbei gieng, und<lb n="30"/> freute mich über den ebenen belaubten Weg, der die liebende Tochter<lb/> nur durch Schönheiten vom elterlichen Buſen trent. Und in der ſanften<lb/> blühenden Natur ſtelt’ ich immer das ſchöne Gemälde auf, das mir Ihr<lb/> und mein Freund von dem ſtillen weichen geduldigen liebenden Herzen<lb/> ſeiner beſten und ewigen Freundin entworfen hatte. Ich ſah erſt<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [318/0333]
Lebe wohl, mein guter Oertel, deſſen Herz ich täglich lieber gewinne
und höher achten mus, o deine Freude wachſe wie meine Achtung für
dich und das Schikſal verſage dir — meine Wünſche nicht!
Jean Paul
Fr. Richter 5
Lache mich aus, aber halte mirs zu Gute. Lobe nämlich vor deiner
Braut Amoenen nicht zu ſehr: dieſe Lobreden gefallen ihr nur durch
eine Selbſttäuſchung, indem deine Freuden ſo ſehr zu ihrigen werden,
daß ſie nur durch dich ſieht, liebt und genieſſet und lobt. Sie liebte in 10
ihrer Feindin deine Freundin. Wenn aber die Magie ſich in Freund-
ſchaft entzaubert: dan urtheilt ſie weiblicher und wil von deiner Liebe
keiner andern etwas abgeben, was ſie jezt beim Überflieſſen derſelben
leichter kan. Kurz in der Ehe ſehen die Weiber die Bekantſchaften vor
derſelben anders an. Der 2te Grund iſt, daß du überhaupt Amoene zu 15
ſehr auf Friederikes Koſten erhebſt (du müſteſt denn blos ihre Talente
meinen). Jene hat blos die Tugenden, die ſich auf das Ich beziehen,
edlen Stolz, Muth, Seelenerhebung, Geradheit, Feſtigkeit ꝛc.; aber
wenige von denen die andere angehen, wenig Liebe für Freundinnen,
Geſchwiſter und opfert ſich ſelten auf. Liebe für den Geliebten iſt nur 20
ein Himmel aber keine Tugend, obwohl oft die Wurzel der Tugend.
Die Weiber haben mehr die 2te Art der Tugenden, die Männer die
erſte: beide ſind leicht zu trennen, ſchwer zu vereinen.
578. An Friedrich von Oertels Braut.
[Hof, 4. April 1797] 25
Tage- oder Minutenbuch alles deſſen, was bei meiner Ankunft in
Belgershayn am künftigen July vorfiel.
Sie wiſſen, daß ich Nachmittags am künftigen von Leipzig ab-
gieng. Mein Weg lief durch einen 3 Stunden langen Baumgarten: ich
wünſchte Ihnen unterwegs alles Schöne, bei dem ich vorbei gieng, und 30
freute mich über den ebenen belaubten Weg, der die liebende Tochter
nur durch Schönheiten vom elterlichen Buſen trent. Und in der ſanften
blühenden Natur ſtelt’ ich immer das ſchöne Gemälde auf, das mir Ihr
und mein Freund von dem ſtillen weichen geduldigen liebenden Herzen
ſeiner beſten und ewigen Freundin entworfen hatte. Ich ſah erſt 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |