Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.logischer Redakteur der L[itteratur] Zeitung und darum trit aus diesem Ich wil jezt an der chronologischen Leine durch meine hiesige Historie Donnerstags Nachmittags fuhren wir wie gesagt zur Herzogin -- Freitags Mittags Essen bei H[erder]. -- (Wie das alles so seelig Abends Essen bei der verehelichten jungen Berlepsch. Das Ehepaar logiſcher Redakteur der L[itteratur] Zeitung und darum trit aus dieſem Ich wil jezt an der chronologiſchen Leine durch meine hieſige Hiſtorie Donnerſtags Nachmittags fuhren wir wie geſagt zur Herzogin — Freitags Mittags Eſſen bei H[erder]. — (Wie das alles ſo ſeelig Abends Eſſen bei der verehelichten jungen Berlepsch. Das Ehepaar <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="91"/> logiſcher Redakteur der <hi rendition="#aq">L[itteratur] Zeitung</hi> und darum trit aus dieſem<lb/> Wetterhäusgen kein anzeigendes Wettermängen, das anſagte, was<lb/> ich gemacht oder neuerdings <hi rendition="#aq">Herder,</hi> deſſen Briefe über die Humanität<lb/> und a[ndere] S[achen] ziemlich liegen; daher Wieland mich wegen<lb/> meines Leſezirkels oder Leſe-Ellypſe bat, ein Buch vol Lobreden, be-<lb n="5"/> ſonders auf jene, zu ſchreiben. —</p><lb/> <p>Ich wil jezt an der chronologiſchen Leine durch meine hieſige Hiſtorie<lb/> gehen: Gott gebe mir eine ſeelige — Erinnerung.</p><lb/> <p>Donnerſtags Nachmittags fuhren wir wie geſagt zur Herzogin —<lb/><hi rendition="#aq">tout comme alors</hi> — Abends Eſſen und Lachen und Merkel bei<lb n="10"/> <hi rendition="#aq">Herder.</hi> Seine Tochter gefält mir ich weis nicht warum, wiewohl ſie<lb/> ſehr ſchön iſt, nur aber blöde. Überhaupt ſeinen Schwiegertöchtern<lb/> und Söhnen entgeht ſelten ein Laut.</p><lb/> <p>Freitags Mittags Eſſen bei <hi rendition="#aq">H[erder].</hi> — (Wie das alles ſo ſeelig<lb/> klänge, wenn ichs ſo intonierte und z. B. dazu notierte, daß ich<lb n="15"/> Dienſtags von Leipzig über Lindenau (⅓ Stunde) reiſete, wo ich von<lb/> dem zu weichen und zu ſehr und zum erſtenmale liebenden Herzen der<lb/><hi rendition="#aq">Mdm.</hi> Hähnel und vom Rauſche der Empfindung und faſt des Weins<lb/> in den blauen Himmel und in die grüne Welt hineintanzte und nachher<lb/> in <hi rendition="#aq">Weissenfels</hi> einen vortreflichen H. <hi rendition="#aq">v. Hardenberg</hi> hätte ſehen<lb n="20"/> können und in <hi rendition="#aq">Naumburg</hi> eine Fräul. <hi rendition="#aq">v. Kamingsky</hi> ohne viel Be-<lb/> deutung geſehen habe; aber was iſt dieſes Treiben und Trommeten<lb/> gegen Eine ſanfte Minute, wo man zum Fenſter im Novemb. hinaus-<lb/> und ſein Holz unten abladen ſieht und dabei denkt: das ſol dir an<lb/> knarrenden lichten ſchneeweiſſen Winterabenden ſehr zu Paſſe<lb n="25"/> kommen) ——:</p><lb/> <p>Abends Eſſen bei der verehelichten jungen <hi rendition="#aq">Berlepsch.</hi> Das Ehepaar<lb/> hat einen Himmel um und in ſich; ſie iſt weicher, feſter, ſchwärme-<lb/> riſcher, häuslicher, liebender geworden durch und für den Man, den<note place="right"><ref target="1922_Bd3_100">[100]</ref></note><lb/> ich troz ſeines ariſtokratiſchen bornierten leeren Sinnes, wegen ſeiner<lb n="30"/> Herzlichkeit und Gutmüthigkeit und wegen ſeiner ehelichen Liebe recht<lb/> liebe. Ach wie ein <hi rendition="#g">Mädgen alles wird und kan,</hi> wenn ſie nur<lb/> einen zu lieben hat, wofür ſie etwas wird und thut. Es war auſſer der<lb/> Frl. v. Oertel die Fr. v. Wolzogen, die Agnes v. Lilien mitgebeten. Ihr<lb/> Aeuſſeres iſt in Dicke und Phyſiognomie der Abgus von meiner <hi rendition="#aq">Kalb,</hi><lb n="35"/> die leider jezt auf ihrem Landgut ihre höchſte myopiſche Blindheit mit<lb/> Ergeben trägt und zu meiner Freude den hieſigen Winter mitfeiert.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0100]
logiſcher Redakteur der L[itteratur] Zeitung und darum trit aus dieſem
Wetterhäusgen kein anzeigendes Wettermängen, das anſagte, was
ich gemacht oder neuerdings Herder, deſſen Briefe über die Humanität
und a[ndere] S[achen] ziemlich liegen; daher Wieland mich wegen
meines Leſezirkels oder Leſe-Ellypſe bat, ein Buch vol Lobreden, be- 5
ſonders auf jene, zu ſchreiben. —
Ich wil jezt an der chronologiſchen Leine durch meine hieſige Hiſtorie
gehen: Gott gebe mir eine ſeelige — Erinnerung.
Donnerſtags Nachmittags fuhren wir wie geſagt zur Herzogin —
tout comme alors — Abends Eſſen und Lachen und Merkel bei 10
Herder. Seine Tochter gefält mir ich weis nicht warum, wiewohl ſie
ſehr ſchön iſt, nur aber blöde. Überhaupt ſeinen Schwiegertöchtern
und Söhnen entgeht ſelten ein Laut.
Freitags Mittags Eſſen bei H[erder]. — (Wie das alles ſo ſeelig
klänge, wenn ichs ſo intonierte und z. B. dazu notierte, daß ich 15
Dienſtags von Leipzig über Lindenau (⅓ Stunde) reiſete, wo ich von
dem zu weichen und zu ſehr und zum erſtenmale liebenden Herzen der
Mdm. Hähnel und vom Rauſche der Empfindung und faſt des Weins
in den blauen Himmel und in die grüne Welt hineintanzte und nachher
in Weissenfels einen vortreflichen H. v. Hardenberg hätte ſehen 20
können und in Naumburg eine Fräul. v. Kamingsky ohne viel Be-
deutung geſehen habe; aber was iſt dieſes Treiben und Trommeten
gegen Eine ſanfte Minute, wo man zum Fenſter im Novemb. hinaus-
und ſein Holz unten abladen ſieht und dabei denkt: das ſol dir an
knarrenden lichten ſchneeweiſſen Winterabenden ſehr zu Paſſe 25
kommen) ——:
Abends Eſſen bei der verehelichten jungen Berlepsch. Das Ehepaar
hat einen Himmel um und in ſich; ſie iſt weicher, feſter, ſchwärme-
riſcher, häuslicher, liebender geworden durch und für den Man, den
ich troz ſeines ariſtokratiſchen bornierten leeren Sinnes, wegen ſeiner 30
Herzlichkeit und Gutmüthigkeit und wegen ſeiner ehelichen Liebe recht
liebe. Ach wie ein Mädgen alles wird und kan, wenn ſie nur
einen zu lieben hat, wofür ſie etwas wird und thut. Es war auſſer der
Frl. v. Oertel die Fr. v. Wolzogen, die Agnes v. Lilien mitgebeten. Ihr
Aeuſſeres iſt in Dicke und Phyſiognomie der Abgus von meiner Kalb, 35
die leider jezt auf ihrem Landgut ihre höchſte myopiſche Blindheit mit
Ergeben trägt und zu meiner Freude den hieſigen Winter mitfeiert.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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