Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.[-- Warum hab ich noch kein eheliches Band zusammen gewoben Deine Blätter über den Titan betreffend siehst du mich durch ein [Da mich die Frikzionen der Veränderungen erziehen, fodere ich d. 28 Jun. [Lücke]wiewohl er den Reflex seiner Strahlen oft für meine hält. Geld wil ich gegen Michaelis zusammenmachen. -- Herders Meta- Die Wiederholungen kommen vom öftern Umschreiben, wo ich nicht25 *) z. B. zu sagen: er bricht sich einen Zweig vom Freiheitsbaum -- und ein35
Jahr darauf zu sagen: er legt eine Harzscharre daran an, ist keine Wiederholung. [— Warum hab ich noch kein eheliches Band zuſammen gewoben Deine Blätter über den Titan betreffend ſiehſt du mich durch ein [Da mich die Frikzionen der Veränderungen erziehen, fodere ich d. 28 Jun. [Lücke]wiewohl er den Reflex ſeiner Strahlen oft für meine hält. Geld wil ich gegen Michaelis zuſammenmachen. — Herders Meta- Die Wiederholungen kommen vom öftern Umſchreiben, wo ich nicht25 *) z. B. zu ſagen: er bricht ſich einen Zweig vom Freiheitsbaum — und ein35
Jahr darauf zu ſagen: er legt eine Harzſcharre daran an, iſt keine Wiederholung. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0222" n="207"/> <p>[— Warum hab ich noch kein eheliches Band zuſammen gewoben<lb/> als weil ich <hi rendition="#aq">dato</hi> auf 4 Wirkſtühlen auf einmal ſize und heute da eine<lb/> oder 1½ Elle fertig webe, morgen dort. —]</p><lb/> <p>Deine Blätter über den <hi rendition="#aq">Titan</hi> betreffend ſiehſt du mich durch ein<lb/> Glas an, das von fremden Vorurtheilen angelaufen iſt.<lb n="5"/> </p><lb/> <p>[Da mich die Frikzionen der Veränderungen erziehen, fodere ich<lb/> Veränderungen von denen, die in keinen leben.]</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 28 Jun.</hi> </dateline><lb/> <p><note type="editorial">[<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi></hi>]</note>wiewohl er den Reflex ſeiner Strahlen oft für meine hält.<lb/> In der groſſen Welt veracht ich die Männer 〈Siehe Beilage NN〉<lb n="10"/> und ihre freudenloſen Freuden; aber ich achte die Weiber. Allein ſie<lb/> iſt mir nöthig, um den Geiſt der Zeit zu erforſchen; auch bin ich in ihr<lb/> freier und ſelber erkanter als in der kleinſtädtiſchen. (Was hab’ ich<lb/> denn Hof <hi rendition="#g">namentlich</hi> in den Briefen gethan?) Übrigens ſagt ich<lb/> geſtern zu <hi rendition="#aq">Herder:</hi> hab ich geheirathet, ſo kriech ich in ein Loch und<lb n="15"/> ſtecke nur den Schreibfinger heraus. — Ach ihr wiſſet nicht, wie mir<lb/> iſt, aber ihr werdet es im Titan unter einem andern Namen einmal<lb/> erfahren. — Von Wernleins ofnen herlichen Himmel hatte mir ſchon<lb/> Amöne erzählt; aber leider ſonſt nichts aus deinen Briefen. Mit meinen<lb/> gedrukten iſt das boshafte <hi rendition="#aq">Weimar</hi> doch zufrieden, ſogar <hi rendition="#aq">Goethe:</hi><lb n="20"/> ſage du auch etwas darüber!</p><lb/> <p>Geld wil ich gegen Michaelis zuſammenmachen. — <hi rendition="#aq">Herders</hi> Meta-<lb/> kritik hab ich verliehen, du bekomſt ſie. — Du haſt etwas Wichtiges<lb/> vergeſſen: ob Roquairol Obriſter wird oder nicht. —</p><lb/> <p>Die Wiederholungen kommen vom öftern Umſchreiben, wo ich nicht<lb n="25"/> mehr behalten konte, ob ich etwas ſchon einmal geſchrieben — manche<lb/> ſind ſcheinbare<note place="foot" n="*)">z. B. zu ſagen: er bricht ſich einen Zweig vom Freiheitsbaum — und ein<lb n="35"/> Jahr darauf zu ſagen: er legt eine Harzſcharre daran an, iſt keine Wiederholung.</note> — die andern ſollen weg, wie alles Affektierte und<lb/> Geſchmakloſe. Das närriſche coupierte, ankündigende Erzählen hab<lb/> ich mir leider von <hi rendition="#aq">Tristram</hi> angewöhnt. Das Schlimſte iſt, daß ich<lb/> unter dem Machen immer ſelber mir die Vorwürfe machte, die du mir<note place="right"><ref target="1922_Bd3_228">[228]</ref></note><lb n="30"/> machſt. Ich werde dir <hi rendition="#g">oft</hi> folgen, aber nicht immer; du biſt wie die<lb/> Weiber, zu ſehr auf Geſchichte aus und gegen das Komiſche auch von<lb/> zu zärtlichem Geſchmak. Smollet läſſet einen Nachtſtuhl umrühren<lb/> — denk’ an Shakeſpear, Swift, Göthes Fauſt. Deine geiſtige Idioſyn-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0222]
[— Warum hab ich noch kein eheliches Band zuſammen gewoben
als weil ich dato auf 4 Wirkſtühlen auf einmal ſize und heute da eine
oder 1½ Elle fertig webe, morgen dort. —]
Deine Blätter über den Titan betreffend ſiehſt du mich durch ein
Glas an, das von fremden Vorurtheilen angelaufen iſt. 5
[Da mich die Frikzionen der Veränderungen erziehen, fodere ich
Veränderungen von denen, die in keinen leben.]
d. 28 Jun.
wiewohl er den Reflex ſeiner Strahlen oft für meine hält.
In der groſſen Welt veracht ich die Männer 〈Siehe Beilage NN〉 10
und ihre freudenloſen Freuden; aber ich achte die Weiber. Allein ſie
iſt mir nöthig, um den Geiſt der Zeit zu erforſchen; auch bin ich in ihr
freier und ſelber erkanter als in der kleinſtädtiſchen. (Was hab’ ich
denn Hof namentlich in den Briefen gethan?) Übrigens ſagt ich
geſtern zu Herder: hab ich geheirathet, ſo kriech ich in ein Loch und 15
ſtecke nur den Schreibfinger heraus. — Ach ihr wiſſet nicht, wie mir
iſt, aber ihr werdet es im Titan unter einem andern Namen einmal
erfahren. — Von Wernleins ofnen herlichen Himmel hatte mir ſchon
Amöne erzählt; aber leider ſonſt nichts aus deinen Briefen. Mit meinen
gedrukten iſt das boshafte Weimar doch zufrieden, ſogar Goethe: 20
ſage du auch etwas darüber!
Geld wil ich gegen Michaelis zuſammenmachen. — Herders Meta-
kritik hab ich verliehen, du bekomſt ſie. — Du haſt etwas Wichtiges
vergeſſen: ob Roquairol Obriſter wird oder nicht. —
Die Wiederholungen kommen vom öftern Umſchreiben, wo ich nicht 25
mehr behalten konte, ob ich etwas ſchon einmal geſchrieben — manche
ſind ſcheinbare *) — die andern ſollen weg, wie alles Affektierte und
Geſchmakloſe. Das närriſche coupierte, ankündigende Erzählen hab
ich mir leider von Tristram angewöhnt. Das Schlimſte iſt, daß ich
unter dem Machen immer ſelber mir die Vorwürfe machte, die du mir 30
machſt. Ich werde dir oft folgen, aber nicht immer; du biſt wie die
Weiber, zu ſehr auf Geſchichte aus und gegen das Komiſche auch von
zu zärtlichem Geſchmak. Smollet läſſet einen Nachtſtuhl umrühren
— denk’ an Shakeſpear, Swift, Göthes Fauſt. Deine geiſtige Idioſyn-
[228]
*) z. B. zu ſagen: er bricht ſich einen Zweig vom Freiheitsbaum — und ein 35
Jahr darauf zu ſagen: er legt eine Harzſcharre daran an, iſt keine Wiederholung.
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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