Misbrauch. Ich lege Ihnen diesen Brief zum Beweise der Täuschung [302]bei, die blos auf Erpressungen von mir abzielt. Ich bitte Sie, nicht meine Stelle zu vertreten, auch mir die Zurükgabe zu erlauben. Ich bin beschämt und dankbar und verwirt -- Also überlassen [Sie] diese[n] quälenden Bruder blos dem gequälten Bruder.5
384. An Böttiger.
[Weimar, 19. Jan. 1800]
Hier send' ich Ihnen die umgeschmolzene Dedikazion, mit der Bitte, mir jeden ästhetischen und politischen Tadel nicht zu ver- schweigen. Fodert denn die Grammatik durchaus End-N's für die10 4 Namen? --
Ich erbitte sie mir heute wieder zurük, weil ich sie noch Herd. zeigen wil. -- Die Leichenrede auf den fürstlichen Magen lies der Wiener Zensor in Berlin nicht passieren.
Jakobi hat mir stat des Clavis erst den Rath gesandt, ihn zugleich15 1mal wie er ist im Titan; und zum 2ten mal mit Zusäzen besonders zu geben. -- Verzeihen Sie diese Personalien!
385. An Josephine von Sydow.
Eiligst
Weimar d. 19. Jenn. 1800.
Theuerste! Hier leg' ich Ihnen einen schoenern Plan zu unse-20 rer Zusammenkunft ans Herz. Die Leipziger Messe fält dieses- mal in den blühenden Mai -- Freunde aus Berlin und Weimar besuchen sie -- also hab' ich eine Reise unter schönerem Wetter und mit günstigern Umständen. Und da komm' ich unfehlbar. Noch mehr: ich weis durch eigne und fremde Beobachtungen den25 Gang des Wetters voraus: der ganze Februar ist trübe (die lezten Tage des Januars sind hel); der Anfang und die Mitte des Märzes sind heiter; der April nicht, die Passionswoche ausgenommen; aber fast der ganze Mai ist götlich. Der Weg von Leipzig nach Berlin geht im Februar aus einer Hölle in die andere. Meine30 jezigen Geschäfte und Verwiklungen sperren mich für jezt ein. Auch reisete ich nie im Winter. Unter meine Verwiklungen ge- hört jezt der Widerstand, den die Verwandten Carolinens unserer
Misbrauch. Ich lege Ihnen dieſen Brief zum Beweiſe der Täuſchung [302]bei, die blos auf Erpreſſungen von mir abzielt. Ich bitte Sie, nicht meine Stelle zu vertreten, auch mir die Zurükgabe zu erlauben. Ich bin beſchämt und dankbar und verwirt — Alſo überlaſſen [Sie] dieſe[n] quälenden Bruder blos dem gequälten Bruder.5
384. An Böttiger.
[Weimar, 19. Jan. 1800]
Hier ſend’ ich Ihnen die umgeſchmolzene Dedikazion, mit der Bitte, mir jeden äſthetiſchen und politiſchen Tadel nicht zu ver- ſchweigen. Fodert denn die Grammatik durchaus End-N’s für die10 4 Namen? —
Ich erbitte ſie mir heute wieder zurük, weil ich ſie noch Herd. zeigen wil. — Die Leichenrede auf den fürſtlichen Magen lies der Wiener Zenſor in Berlin nicht paſſieren.
Jakobi hat mir ſtat des Clavis erſt den Rath geſandt, ihn zugleich15 1mal wie er iſt im Titan; und zum 2ten mal mit Zuſäzen beſonders zu geben. — Verzeihen Sie dieſe Perſonalien!
385. An Joſephine von Sydow.
Eiligst
Weimar d. 19. Jenn. 1800.
Theuerste! Hier leg’ ich Ihnen einen schoenern Plan zu unse-20 rer Zusammenkunft ans Herz. Die Leipziger Messe fält dieses- mal in den blühenden Mai — Freunde aus Berlin und Weimar besuchen sie — also hab’ ich eine Reise unter schönerem Wetter und mit günstigern Umständen. Und da komm’ ich unfehlbar. Noch mehr: ich weis durch eigne und fremde Beobachtungen den25 Gang des Wetters voraus: der ganze Februar ist trübe (die lezten Tage des Januars sind hel); der Anfang und die Mitte des Märzes sind heiter; der April nicht, die Passionswoche ausgenommen; aber fast der ganze Mai ist götlich. Der Weg von Leipzig nach Berlin geht im Februar aus einer Hölle in die andere. Meine30 jezigen Geschäfte und Verwiklungen sperren mich für jezt ein. Auch reisete ich nie im Winter. Unter meine Verwiklungen ge- hört jezt der Widerstand, den die Verwandten Carolinens unserer
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Misbrauch. Ich lege Ihnen dieſen Brief zum Beweiſe der Täuſchung
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meine Stelle zu vertreten, auch mir die Zurükgabe zu erlauben. Ich
bin beſchämt und dankbar und verwirt — Alſo überlaſſen [Sie]
dieſe[n] quälenden Bruder blos dem gequälten Bruder. 5
[302]
384. An Böttiger.
[Weimar, 19. Jan. 1800]
Hier ſend’ ich Ihnen die umgeſchmolzene Dedikazion, mit der
Bitte, mir jeden äſthetiſchen und politiſchen Tadel nicht zu ver-
ſchweigen. Fodert denn die Grammatik durchaus End-N’s für die 10
4 Namen? —
Ich erbitte ſie mir heute wieder zurük, weil ich ſie noch Herd. zeigen
wil. — Die Leichenrede auf den fürſtlichen Magen lies der Wiener
Zenſor in Berlin nicht paſſieren.
Jakobi hat mir ſtat des Clavis erſt den Rath geſandt, ihn zugleich 15
1mal wie er iſt im Titan; und zum 2ten mal mit Zuſäzen beſonders zu
geben. — Verzeihen Sie dieſe Perſonalien!
385. An Joſephine von Sydow.
EiligstWeimar d. 19. Jenn. 1800.
Theuerste! Hier leg’ ich Ihnen einen schoenern Plan zu unse- 20
rer Zusammenkunft ans Herz. Die Leipziger Messe fält dieses-
mal in den blühenden Mai — Freunde aus Berlin und Weimar
besuchen sie — also hab’ ich eine Reise unter schönerem Wetter
und mit günstigern Umständen. Und da komm’ ich unfehlbar.
Noch mehr: ich weis durch eigne und fremde Beobachtungen den 25
Gang des Wetters voraus: der ganze Februar ist trübe (die lezten
Tage des Januars sind hel); der Anfang und die Mitte des Märzes
sind heiter; der April nicht, die Passionswoche ausgenommen;
aber fast der ganze Mai ist götlich. Der Weg von Leipzig nach
Berlin geht im Februar aus einer Hölle in die andere. Meine 30
jezigen Geschäfte und Verwiklungen sperren mich für jezt ein.
Auch reisete ich nie im Winter. Unter meine Verwiklungen ge-
hört jezt der Widerstand, den die Verwandten Carolinens unserer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/294>, abgerufen am 26.06.2024.
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