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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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einige Nachrichten für und Antworten an dich hat. Leztere hab' ich
vergessen während seinem Vergessen. In der Maiwoche, von Rogate
an, komm' ich nach Leipzig für einige Tage und für dich; aber ich
bitte dein Herz, daß es dich bewege, nach Leipzig zu kommen (in den
lezten Wochentagen), da ich keine Zeit habe, die deinige zu schonen.5
Thue das, Guter, denn ich kehre nicht über Leipzig zurük und ich sehne
mich so sehr nach dir. Ein ganzes flammendes Leben hab' ich dir vor-
zuführen; einen unverrükten Menschen hab' ich dir zu zeigen und deinen[353]
Freund dazu, kom, mein Oertel! -- Wie geht das Leben schillernd,
sich hin und her wendend und neu-farbig vor mir vorbei! An mir haftet10
nichts als an meinen zarten Wangen sein Rosenroth -- ich bin gesund
und rüstig und ich hoffe jezt der Mensch in Europa zu sein, der die
engsten Westen hat, weil er zu sehr wächst.

Mein Oertel, ich wil in dein Auge der Liebe sehen, komme ja; es
schmerzte mich zu sehr, weil nur der versezende Gott weis, in welchen15
Jahren ich wieder aus den Kulissen in deine belaubte Bühne gucke. --


Morgen fahr' ich mit den Herders nach Ilmenau, wohin uns
Caroline, nach der Herder sich eben so sehnet wie ich und an die er
schon einigemal geschrieben, wie sie an ihn, mit Augustens Mutter20
entgegenkomt. Möge dein Mai eben so schön ausfallen.

Ich bitte dich, fodere Otto die Briefe*) für dich ab, auch damit ich
sie mit dir in Leipzig finde. Thieriot besuchte mich und wurde dadurch
ein Herderscher Tischgenos; geigte da; dan bei Goethe; dan am Hofe
und war sehr glüklich. -- Ich suche noch meine Wohnstadt für mich25
[und] C. im August, (wahrscheinlich Bayreuth). -- Koch, der Mund-
harmoniker (vergieb der Kürze das Durcheinanderwerfen), dankte mir
für die Zuhörer, die er durch die Leser des Hesperus gewonnen. --
Apropos! Vor-vor-vorgestern kam ein junger sanft gebildeter be-
scheidner Mensch zu mir -- er nante mir blos seinen Zunamen -- ich30
hielt ihn für einen Studenten -- und endlich durch die Wendung des
Gesprächs hör' ich daß es Friedrich sei, nämlich Friedr. Schlegel. Sein
kindlicher und alles Höhere leicht fassender Sin und seine Bescheiden-
heit machten daß er (meinetwegen war er gekommen) und ich Freunde
(bis zu einem gewissen Grade) wurden und er einen Tag länger und35

*) z. B. von Jacobi über den Clavis.

einige Nachrichten für und Antworten an dich hat. Leztere hab’ ich
vergeſſen während ſeinem Vergeſſen. In der Maiwoche, von Rogate
an, komm’ ich nach Leipzig für einige Tage und für dich; aber ich
bitte dein Herz, daß es dich bewege, nach Leipzig zu kommen (in den
lezten Wochentagen), da ich keine Zeit habe, die deinige zu ſchonen.5
Thue das, Guter, denn ich kehre nicht über Leipzig zurük und ich ſehne
mich ſo ſehr nach dir. Ein ganzes flammendes Leben hab’ ich dir vor-
zuführen; einen unverrükten Menſchen hab’ ich dir zu zeigen und deinen[353]
Freund dazu, kom, mein Oertel! — Wie geht das Leben ſchillernd,
ſich hin und her wendend und neu-farbig vor mir vorbei! An mir haftet10
nichts als an meinen zarten Wangen ſein Roſenroth — ich bin geſund
und rüſtig und ich hoffe jezt der Menſch in Europa zu ſein, der die
engſten Weſten hat, weil er zu ſehr wächſt.

Mein Oertel, ich wil in dein Auge der Liebe ſehen, komme ja; es
ſchmerzte mich zu ſehr, weil nur der verſezende Gott weis, in welchen15
Jahren ich wieder aus den Kuliſſen in deine belaubte Bühne gucke. —


Morgen fahr’ ich mit den Herders nach Ilmenau, wohin uns
Caroline, nach der Herder ſich eben ſo ſehnet wie ich und an die er
ſchon einigemal geſchrieben, wie ſie an ihn, mit Augustens Mutter20
entgegenkomt. Möge dein Mai eben ſo ſchön ausfallen.

Ich bitte dich, fodere Otto die Briefe*) für dich ab, auch damit ich
ſie mit dir in Leipzig finde. Thieriot beſuchte mich und wurde dadurch
ein Herderscher Tiſchgenos; geigte da; dan bei Goethe; dan am Hofe
und war ſehr glüklich. — Ich ſuche noch meine Wohnſtadt für mich25
[und] C. im Auguſt, (wahrſcheinlich Bayreuth). — Koch, der Mund-
harmoniker (vergieb der Kürze das Durcheinanderwerfen), dankte mir
für die Zuhörer, die er durch die Leſer des Hesperus gewonnen. —
Apropos! Vor-vor-vorgeſtern kam ein junger ſanft gebildeter be-
ſcheidner Menſch zu mir — er nante mir blos ſeinen Zunamen — ich30
hielt ihn für einen Studenten — und endlich durch die Wendung des
Geſprächs hör’ ich daß es Friedrich ſei, nämlich Friedr. Schlegel. Sein
kindlicher und alles Höhere leicht faſſender Sin und ſeine Beſcheiden-
heit machten daß er (meinetwegen war er gekommen) und ich Freunde
(bis zu einem gewiſſen Grade) wurden und er einen Tag länger und35

*) z. B. von Jacobi über den Clavis.
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[327/0347] einige Nachrichten für und Antworten an dich hat. Leztere hab’ ich vergeſſen während ſeinem Vergeſſen. In der Maiwoche, von Rogate an, komm’ ich nach Leipzig für einige Tage und für dich; aber ich bitte dein Herz, daß es dich bewege, nach Leipzig zu kommen (in den lezten Wochentagen), da ich keine Zeit habe, die deinige zu ſchonen. 5 Thue das, Guter, denn ich kehre nicht über Leipzig zurük und ich ſehne mich ſo ſehr nach dir. Ein ganzes flammendes Leben hab’ ich dir vor- zuführen; einen unverrükten Menſchen hab’ ich dir zu zeigen und deinen Freund dazu, kom, mein Oertel! — Wie geht das Leben ſchillernd, ſich hin und her wendend und neu-farbig vor mir vorbei! An mir haftet 10 nichts als an meinen zarten Wangen ſein Roſenroth — ich bin geſund und rüſtig und ich hoffe jezt der Menſch in Europa zu ſein, der die engſten Weſten hat, weil er zu ſehr wächſt. [353] Mein Oertel, ich wil in dein Auge der Liebe ſehen, komme ja; es ſchmerzte mich zu ſehr, weil nur der verſezende Gott weis, in welchen 15 Jahren ich wieder aus den Kuliſſen in deine belaubte Bühne gucke. — d. 1. Mai. Morgen fahr’ ich mit den Herders nach Ilmenau, wohin uns Caroline, nach der Herder ſich eben ſo ſehnet wie ich und an die er ſchon einigemal geſchrieben, wie ſie an ihn, mit Augustens Mutter 20 entgegenkomt. Möge dein Mai eben ſo ſchön ausfallen. Ich bitte dich, fodere Otto die Briefe *) für dich ab, auch damit ich ſie mit dir in Leipzig finde. Thieriot beſuchte mich und wurde dadurch ein Herderscher Tiſchgenos; geigte da; dan bei Goethe; dan am Hofe und war ſehr glüklich. — Ich ſuche noch meine Wohnſtadt für mich 25 [und] C. im Auguſt, (wahrſcheinlich Bayreuth). — Koch, der Mund- harmoniker (vergieb der Kürze das Durcheinanderwerfen), dankte mir für die Zuhörer, die er durch die Leſer des Hesperus gewonnen. — Apropos! Vor-vor-vorgeſtern kam ein junger ſanft gebildeter be- ſcheidner Menſch zu mir — er nante mir blos ſeinen Zunamen — ich 30 hielt ihn für einen Studenten — und endlich durch die Wendung des Geſprächs hör’ ich daß es Friedrich ſei, nämlich Friedr. Schlegel. Sein kindlicher und alles Höhere leicht faſſender Sin und ſeine Beſcheiden- heit machten daß er (meinetwegen war er gekommen) und ich Freunde (bis zu einem gewiſſen Grade) wurden und er einen Tag länger und 35 *) z. B. von Jacobi über den Clavis.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/347>, abgerufen am 22.11.2024.