Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.nichts gemacht. Künftig Nächstens komt eine komische Biographie Ich ziehe im Mai nach Coburg, ins geographische Paradies. -- Deinen Bilder-Index werd' ich dem hiesigen Herzog geben -- da Es wäre freilich ein heller Tag, wo du deinen Norden in einen Wiewohl ich mich jeden Abend abschatte, wenn ich vor Lichtern Liebe meinen Emanuel recht. Nirgends, nirgends fand ich Seines d. 22. Apr. Dein Kettler gefält mir als ein gewandter, besonnener polierter J. P. F. Richter [Adr.] H. Konsistorialrath Roentgen Esens. 363. An Emanuel. Meiningen d. 26 Ap. 1803.Lieber! Nach Empfang Ihres heutigen Briefes an C. schreib' ich35 nichts gemacht. Künftig 〈Nächſtens〉 komt eine komiſche Biographie Ich ziehe im Mai nach Coburg, ins geographiſche Paradies. — Deinen Bilder-Index werd’ ich dem hieſigen Herzog geben — da Es wäre freilich ein heller Tag, wo du deinen Norden in einen Wiewohl ich mich jeden Abend abſchatte, wenn ich vor Lichtern Liebe meinen Emanuel recht. Nirgends, nirgends fand ich Seines d. 22. Apr. Dein Kettler gefält mir als ein gewandter, beſonnener polierter J. P. F. Richter [Adr.] H. Konſiſtorialrath Roentgen Esens. 363. An Emanuel. Meiningen d. 26 Ap. 1803.Lieber! Nach Empfang Ihres heutigen Briefes an C. ſchreib’ ich35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="214"/> nichts gemacht. Künftig 〈Nächſtens〉 komt eine komiſche Biographie<lb/> und eine Samlung äſthetiſcher Abhandlungen.</p><lb/> <p>Ich ziehe im Mai nach <hi rendition="#aq">Coburg,</hi> ins geographiſche Paradies. —<lb/> Ein erotiſches gab mir im September meine Frau durch eine — Toch-<lb/> ter, die mir freilich keinen Himmel giebt, der ſich nicht in der Mutter-<lb n="5"/> liebe verdoppelte und erhöhte bis zu einem dritten.</p><lb/> <p>Deinen Bilder-<hi rendition="#aq">Index</hi> werd’ ich dem hieſigen Herzog geben — da<lb/> er ſamlet — und dan dem koburgiſchen, ders auch thut, wiewohl eine<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_238">[238]</ref></note>Bruſtwaſſerſucht jezt bald ſein ſchönes Herz erſäufen wil. Es verſteht<lb/> ſich, daß ich thue — und unendlich freudig —, was ich kan.<lb n="10"/> </p> <p>Es wäre freilich ein heller Tag, wo du deinen Norden in einen<lb/> Süden umgeſezet hätteſt und die Ferne in vier in einander blickende<lb/> Augen — Aber ich verzage nicht einmal daran; ich bin ein fliegendes<lb/> Weſen, das ſchon alle Freunde wieder- und wiederfand — warum denn<lb/> dich nicht? — Ich halte dich für ſehr gut; ſonſt würd’ ich nicht ſo an<lb n="15"/> dich ſchreiben als wär’ ich ein Jüngling und du einer.</p><lb/> <p>Wiewohl ich mich jeden Abend abſchatte, wenn ich vor Lichtern<lb/> gehe: ſo hab’ ich doch keine Abſchattung. Meine Kupfer-Stiche nim<lb/> immer für Dolch- u. a. Stiche. Nicht ein Wort iſt in den verdamten<lb/> Zeichnungen wahr, und ich ſehe durchaus bisher nichts ähnlich als<lb n="20"/> mir und meiner <hi rendition="#aq">Emma</hi> (So und <hi rendition="#aq">Idoine</hi> ꝛc. heiſſet mein Kind.) —</p><lb/> <p>Liebe meinen <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> recht. Nirgends, nirgends fand ich Seines<lb/> Gleichen, ſein Herz lebt blos von Beleben, Erfreuen iſt ſeine Freude.<lb/> Und dieſes warme weiche zarte Herz ſtelt doch der Welt, wo ihrs<lb/> nöthig iſt, eine mänliche Eiſen-Bruſt entgegen.<lb n="25"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 22. Apr.</hi> </dateline><lb/> <p>Dein <hi rendition="#aq">Kettler</hi> gefält mir als ein gewandter, beſonnener polierter<lb/> Man, dem man Amt und Norden nicht anſieht. — So lebe recht<lb/> wohl, Theuerer, mit deiner Geliebten, die wie ich höre, der meinigen<lb/> ähnlich iſt.<lb n="30"/> </p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute> </closer><lb/> <trailer> <address> <addrLine>[Adr.] H. Konſiſtorialrath <hi rendition="#aq">Roentgen Esens.</hi></addrLine> </address> </trailer> </div> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>363. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Meiningen</hi> d. 26 Ap. 1803.</hi> </dateline><lb/> <p>Lieber! Nach Empfang Ihres heutigen Briefes an <hi rendition="#aq">C.</hi> ſchreib’ ich<lb n="35"/> folgendes an Sie:</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [214/0221]
nichts gemacht. Künftig 〈Nächſtens〉 komt eine komiſche Biographie
und eine Samlung äſthetiſcher Abhandlungen.
Ich ziehe im Mai nach Coburg, ins geographiſche Paradies. —
Ein erotiſches gab mir im September meine Frau durch eine — Toch-
ter, die mir freilich keinen Himmel giebt, der ſich nicht in der Mutter- 5
liebe verdoppelte und erhöhte bis zu einem dritten.
Deinen Bilder-Index werd’ ich dem hieſigen Herzog geben — da
er ſamlet — und dan dem koburgiſchen, ders auch thut, wiewohl eine
Bruſtwaſſerſucht jezt bald ſein ſchönes Herz erſäufen wil. Es verſteht
ſich, daß ich thue — und unendlich freudig —, was ich kan. 10
[238]Es wäre freilich ein heller Tag, wo du deinen Norden in einen
Süden umgeſezet hätteſt und die Ferne in vier in einander blickende
Augen — Aber ich verzage nicht einmal daran; ich bin ein fliegendes
Weſen, das ſchon alle Freunde wieder- und wiederfand — warum denn
dich nicht? — Ich halte dich für ſehr gut; ſonſt würd’ ich nicht ſo an 15
dich ſchreiben als wär’ ich ein Jüngling und du einer.
Wiewohl ich mich jeden Abend abſchatte, wenn ich vor Lichtern
gehe: ſo hab’ ich doch keine Abſchattung. Meine Kupfer-Stiche nim
immer für Dolch- u. a. Stiche. Nicht ein Wort iſt in den verdamten
Zeichnungen wahr, und ich ſehe durchaus bisher nichts ähnlich als 20
mir und meiner Emma (So und Idoine ꝛc. heiſſet mein Kind.) —
Liebe meinen Emanuel recht. Nirgends, nirgends fand ich Seines
Gleichen, ſein Herz lebt blos von Beleben, Erfreuen iſt ſeine Freude.
Und dieſes warme weiche zarte Herz ſtelt doch der Welt, wo ihrs
nöthig iſt, eine mänliche Eiſen-Bruſt entgegen. 25
d. 22. Apr.
Dein Kettler gefält mir als ein gewandter, beſonnener polierter
Man, dem man Amt und Norden nicht anſieht. — So lebe recht
wohl, Theuerer, mit deiner Geliebten, die wie ich höre, der meinigen
ähnlich iſt. 30
J. P. F. Richter
[Adr.] H. Konſiſtorialrath Roentgen Esens.
363. An Emanuel.
Meiningen d. 26 Ap. 1803.
Lieber! Nach Empfang Ihres heutigen Briefes an C. ſchreib’ ich 35
folgendes an Sie:
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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