Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.6 Wochen später, weil da erst der Hof aus seinem Badorte gestiegen "Flegeljahre" heisset der Roman, dessen 2 erste Theile 1804 von Wenn ich anders noch die Lebens-Antiquitäten-Reisen noch in Meinen Grus an die unvergesliche Feind; und sie solle beim Satan D[es] Erlanger Meusels Bruder verkauft giebt mir hier Bücher, Leben Sie wohl, mein Alter, Guter und schreiben Sie lieber multa J. P. F. Richter Votre tres-humble Serviteur35 Jean Paul Frederic Richter. *) d. i. nach Hof, Jodiz, Wonsiedel etc. zum Bruder Rendant.
6 Wochen ſpäter, weil da erſt der Hof aus ſeinem Badorte geſtiegen „Flegeljahre“ heiſſet der Roman, deſſen 2 erſte Theile 1804 von Wenn ich anders noch die Lebens-Antiquitäten-Reiſen noch in Meinen Grus an die unvergesliche Feind; und ſie ſolle beim Satan D[es] Erlanger Meusels Bruder verkauft 〈giebt〉 mir hier Bücher, Leben Sie wohl, mein Alter, Guter und ſchreiben Sie lieber multa J. P. F. Richter Votre très-humble Serviteur35 Jean Paul Fréderic Richter. *) d. i. nach Hof, Jodiz, Wonsiedel ꝛc. zum Bruder Rendant.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0231" n="224"/> 6 Wochen ſpäter, weil da erſt der Hof aus ſeinem Badorte geſtiegen<lb/> iſt und Sie doch höhern Orts geigen ſollen und wollen. Ich merk’ erſt,<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_251">[251]</ref></note>daß ich unnüz kallygraphiere. Hier erſtand ich Federn, 25 <hi rendition="#aq">à</hi> 3 rtl.;<lb/> daher die Hand. Ich wünſche herzlich — auſſer Ihrem Urtheil über<lb/> Titan <hi rendition="#aq">IV</hi> — recht viel von Ihren vergangnen und kommenden Lagen<lb n="5"/> und Ihren Gedanken, Thaten, Meinungen und Sitten zu wiſſen.<lb/> Ich hab’ Ihnen ein Geſchmak Geſchenk (wie kan man un <hi rendition="#g">wil</hi>kürlich<lb/> ſich ſo verſchreiben! wiewohl eben wird unter mir gut gegeigt; und<lb/> doch denk’ ich erſt <hi rendition="#g">hier</hi> an die Aehnlichkeit —) ein Geſchenk gemacht,<lb/> nämlich <hi rendition="#aq">Emanuel,</hi> wofür Sie mir wenn nicht ein Leben, doch deſſen<lb n="10"/> Beſchreibung ſchulden 〈ſchuldig ſind〉. Eure Doppelliebe erfreuet mich<lb/> innig. — Sehen Sie <hi rendition="#aq">Oertel?</hi> Grüſſen Sie ihn von mir herzlich, ja,<lb/> gehen Sie deswegen zu ihm.</p><lb/> <p>„Flegeljahre“ heiſſet der Roman, deſſen 2 erſte Theile 1804 von<lb/> mir herauskommen. — Meine ſchöne beſonnene, heftige und doch nicht<lb n="15"/> leidenſchaftliche <hi rendition="#aq">Emma-Idoine</hi> möcht’ ich ordentlich drucken laſſen,<lb/> damit nur die Welt ſie ſähe; Sie können ſie aber hier in ihrem Bettgen<lb/> ſehen und ich freue mich darauf. Tagelang könt’ ich mit ihr ſpielen,<lb/> wäre nicht das Publikum mein Spielkind oder der Muſenvater. —<lb/> Sagen Sie mir auch fremde Urtheile über den Titan.<lb n="20"/> </p> <p>Wenn ich anders noch die Lebens-Antiquitäten-Reiſen noch in<lb/> dieſem Jahre durch meine Kindheitspläze,<note place="foot" n="*)">d. i. nach <hi rendition="#aq">Hof, Jodiz, Wonsiedel</hi> ꝛc. zum Bruder Rendant.</note> von <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> aus,<lb/> mache: ſo könten Sie auch mit, fals Sie vorher da wären.</p><lb/> <p>Meinen Grus an die unvergesliche <hi rendition="#aq">Feind;</hi> und ſie ſolle beim Satan<lb/> arbeiten, daß ihre Käuferin meiner alten Betten mich weniger betröge<lb n="25"/> als bezahlte.</p><lb/> <p>D[es] Erlanger <hi rendition="#aq">Meusels</hi> Bruder verkauft 〈giebt〉 mir hier Bücher,<lb/> Federn, Dinte, Papier und jedes Schreibmaterial; des Bruders<lb/> Bruder raſiert den berühmten Autor und mit wahrem Vergnügen auf<lb/> beiden Seiten.<lb n="30"/> </p> <p>Leben Sie wohl, mein Alter, Guter und ſchreiben Sie lieber <hi rendition="#aq">multa</hi><lb/> als <hi rendition="#aq">multum,</hi> oder gar viele Viels.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter<lb/><hi rendition="#aq">Votre<lb/> très-humble Serviteur<lb n="35"/> Jean Paul Fréderic Richter.</hi></hi> </salute> </closer><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [224/0231]
6 Wochen ſpäter, weil da erſt der Hof aus ſeinem Badorte geſtiegen
iſt und Sie doch höhern Orts geigen ſollen und wollen. Ich merk’ erſt,
daß ich unnüz kallygraphiere. Hier erſtand ich Federn, 25 à 3 rtl.;
daher die Hand. Ich wünſche herzlich — auſſer Ihrem Urtheil über
Titan IV — recht viel von Ihren vergangnen und kommenden Lagen 5
und Ihren Gedanken, Thaten, Meinungen und Sitten zu wiſſen.
Ich hab’ Ihnen ein Geſchmak Geſchenk (wie kan man un wilkürlich
ſich ſo verſchreiben! wiewohl eben wird unter mir gut gegeigt; und
doch denk’ ich erſt hier an die Aehnlichkeit —) ein Geſchenk gemacht,
nämlich Emanuel, wofür Sie mir wenn nicht ein Leben, doch deſſen 10
Beſchreibung ſchulden 〈ſchuldig ſind〉. Eure Doppelliebe erfreuet mich
innig. — Sehen Sie Oertel? Grüſſen Sie ihn von mir herzlich, ja,
gehen Sie deswegen zu ihm.
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„Flegeljahre“ heiſſet der Roman, deſſen 2 erſte Theile 1804 von
mir herauskommen. — Meine ſchöne beſonnene, heftige und doch nicht 15
leidenſchaftliche Emma-Idoine möcht’ ich ordentlich drucken laſſen,
damit nur die Welt ſie ſähe; Sie können ſie aber hier in ihrem Bettgen
ſehen und ich freue mich darauf. Tagelang könt’ ich mit ihr ſpielen,
wäre nicht das Publikum mein Spielkind oder der Muſenvater. —
Sagen Sie mir auch fremde Urtheile über den Titan. 20
Wenn ich anders noch die Lebens-Antiquitäten-Reiſen noch in
dieſem Jahre durch meine Kindheitspläze, *) von Bayreuth aus,
mache: ſo könten Sie auch mit, fals Sie vorher da wären.
Meinen Grus an die unvergesliche Feind; und ſie ſolle beim Satan
arbeiten, daß ihre Käuferin meiner alten Betten mich weniger betröge 25
als bezahlte.
D[es] Erlanger Meusels Bruder verkauft 〈giebt〉 mir hier Bücher,
Federn, Dinte, Papier und jedes Schreibmaterial; des Bruders
Bruder raſiert den berühmten Autor und mit wahrem Vergnügen auf
beiden Seiten. 30
Leben Sie wohl, mein Alter, Guter und ſchreiben Sie lieber multa
als multum, oder gar viele Viels.
J. P. F. Richter
Votre
très-humble Serviteur 35
Jean Paul Fréderic Richter.
*) d. i. nach Hof, Jodiz, Wonsiedel ꝛc. zum Bruder Rendant.
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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