Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.451. An Karoline Herder. Coburg. d. 13 März 1804.Liebe theuere Herder! Der leztere Name muß jezt Ihr geliebtester An Jacobi werd' ich um die Briefe schreiben. Aber wie können d. 14. März. Seine wenigen Zeilen an mich werd' ich alle -- Gott geb' es -- Hier folgt das bestimmtere Verzeichniß Ihrer Bücher, die ich noch30 Ihr Trost kan jezt nur in Handlungen und in Erinnerung der ver- 451. An Karoline Herder. Coburg. d. 13 März 1804.Liebe theuere Herder! Der leztere Name muß jezt Ihr geliebteſter An Jacobi werd’ ich um die Briefe ſchreiben. Aber wie können d. 14. März. Seine wenigen Zeilen an mich werd’ ich alle — Gott geb’ es — Hier folgt das beſtimmtere Verzeichniß Ihrer Bücher, die ich noch30 Ihr Troſt kan jezt nur in Handlungen und in Erinnerung der ver- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0293" n="281"/> <div type="letter" n="1"> <head>451. An <hi rendition="#g">Karoline Herder.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Coburg.</hi> d. 13 März 1804.</hi> </dateline><lb/> <p>Liebe theuere Herder! Der leztere Name muß jezt Ihr geliebteſter<lb/> höchſter Titel ſein. Mit inniger Freude empfang’ ich jeden Brief von<lb/> Ihnen und ſchon das ſchöne Siegel würde mich erfreuen — ohne die<lb n="5"/> Farbe. — Ich will alle Punkte beantworten.</p><lb/> <p>An <hi rendition="#aq">Jacobi</hi> werd’ ich um die Briefe ſchreiben. Aber wie können<lb/> Sie bei ſeiner Kränklichkeit und bei der Schwierigkeit überhaupt,<lb/> Papiere unter Papieren auszufinden, etwas anderes vorausſetzen als<lb/> Verzögerung? Wenn er mir im Herbſte auf ein Blatt vom Frühling<lb n="10"/> antwortet, ſo wundere ich mich ſchon über ſeine Eilfertigkeit. — Auch<lb/><hi rendition="#aq">Hamans</hi> Briefe an <hi rendition="#aq">Herder</hi> würden Stellenweiſe und ſo weit man<lb/> nicht kompromittiert dieſe beiden prophetiſchen Geiſter in hohem<lb/> glänzenden Bunde zeigen. — Zur bloßen <hi rendition="#g">Mühe</hi> einer Reviſion erbieth’<lb/> ich mich freudig; aber zum <hi rendition="#g">Muthe,</hi> in einem Blumenbeete einen<lb n="15"/> gemächlichen Gang für die Leſewelt platt- und einzutreten, werden<lb/> mir die Kräfte fehlen. Die kritiſchen Wälder hält ſogar die neueſte<lb/> Schule für ſein genialiſchteſtes [!] Werk. Wenigſtens muß ich ein<lb/> fremdes ſehr beſtimmtes Amputazions-Reglement vorher erhalten.<lb/> Sie kennen doch alle Seine Werke? Im Muſeum deutſcher Gelehrten<lb n="20"/> ſtehen ſie alle. —</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 14. März.</hi> </dateline><lb/> <p>Seine wenigen Zeilen an mich werd’ ich alle — Gott geb’ es —<lb/> bringen, ſtatt ſchicken. Käm’ ich jezt noch während Ihrer Gegenwart<lb/> im alten Hauſe nicht nach <hi rendition="#aq">Weimar:</hi> es wäre dann gar zu ſchmerzhaft,<lb n="25"/> vor jenem Hauſe wie vor einer verſperrten Vergangenheit der ſchönſten<lb/> Tage vorbeizugehen. — Eben erhalt’ ich einen Brief von <hi rendition="#aq">Jacobi,</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd4_314">[314]</ref></note><lb/> worin er mir von dem ſeinigen an Sie und der Erfüllung des Ihrigen<lb/> ſchreibt. —</p><lb/> <p>Hier folgt das beſtimmtere Verzeichniß Ihrer Bücher, die ich noch<lb n="30"/> habe, für den Katalog.</p><lb/> <p>Ihr Troſt kan jezt nur in Handlungen und in Erinnerung der ver-<lb/> gangnen wohnen. Denken Sie ſich den Edeln als eine zweite Gottheit,<lb/> die Ihrer Einſamkeit zuſieht und vor welcher Sie leben. Ja — wenn<lb/> einmal das Leben hinüberreicht ins zweite — ſo kan dieſes wieder in<lb n="35"/> unſeres hereinreichen und wir können, wenn wir hier durch Worte<lb/> und Geſtalten mit Geliebten zuſammenlebten, <hi rendition="#g">vielleicht</hi> (wer will<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [281/0293]
451. An Karoline Herder.
Coburg. d. 13 März 1804.
Liebe theuere Herder! Der leztere Name muß jezt Ihr geliebteſter
höchſter Titel ſein. Mit inniger Freude empfang’ ich jeden Brief von
Ihnen und ſchon das ſchöne Siegel würde mich erfreuen — ohne die 5
Farbe. — Ich will alle Punkte beantworten.
An Jacobi werd’ ich um die Briefe ſchreiben. Aber wie können
Sie bei ſeiner Kränklichkeit und bei der Schwierigkeit überhaupt,
Papiere unter Papieren auszufinden, etwas anderes vorausſetzen als
Verzögerung? Wenn er mir im Herbſte auf ein Blatt vom Frühling 10
antwortet, ſo wundere ich mich ſchon über ſeine Eilfertigkeit. — Auch
Hamans Briefe an Herder würden Stellenweiſe und ſo weit man
nicht kompromittiert dieſe beiden prophetiſchen Geiſter in hohem
glänzenden Bunde zeigen. — Zur bloßen Mühe einer Reviſion erbieth’
ich mich freudig; aber zum Muthe, in einem Blumenbeete einen 15
gemächlichen Gang für die Leſewelt platt- und einzutreten, werden
mir die Kräfte fehlen. Die kritiſchen Wälder hält ſogar die neueſte
Schule für ſein genialiſchteſtes [!] Werk. Wenigſtens muß ich ein
fremdes ſehr beſtimmtes Amputazions-Reglement vorher erhalten.
Sie kennen doch alle Seine Werke? Im Muſeum deutſcher Gelehrten 20
ſtehen ſie alle. —
d. 14. März.
Seine wenigen Zeilen an mich werd’ ich alle — Gott geb’ es —
bringen, ſtatt ſchicken. Käm’ ich jezt noch während Ihrer Gegenwart
im alten Hauſe nicht nach Weimar: es wäre dann gar zu ſchmerzhaft, 25
vor jenem Hauſe wie vor einer verſperrten Vergangenheit der ſchönſten
Tage vorbeizugehen. — Eben erhalt’ ich einen Brief von Jacobi,
worin er mir von dem ſeinigen an Sie und der Erfüllung des Ihrigen
ſchreibt. —
[314]
Hier folgt das beſtimmtere Verzeichniß Ihrer Bücher, die ich noch 30
habe, für den Katalog.
Ihr Troſt kan jezt nur in Handlungen und in Erinnerung der ver-
gangnen wohnen. Denken Sie ſich den Edeln als eine zweite Gottheit,
die Ihrer Einſamkeit zuſieht und vor welcher Sie leben. Ja — wenn
einmal das Leben hinüberreicht ins zweite — ſo kan dieſes wieder in 35
unſeres hereinreichen und wir können, wenn wir hier durch Worte
und Geſtalten mit Geliebten zuſammenlebten, vielleicht (wer will
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |