Über die Hauptsache wird Ihnen Ihr Freund als kon- ja unisone Saite alles sagen; Sie verdienen (Briefen und Büchern nach) fast5 mehr als Sie verloren zu haben glauben. Kanne -- ein noch nie gewesener Bund von Witzfülle und Wissens Überfülle -- kann Sie weniger empfehlen (so viel ich auch für ihn als für den Genius gethan, nicht aber als für den Menschen) als Sie ihn von der Menschen- Seite. Wer seine Kräfte so hoch stellt wie ich, möchte gern ihm eine10 Frau geben, die statt seiner das hätte, was sonst die Weiber so leicht durch Männer verlieren, Lebensverstand; den Armen werden seine Sonnenflecken tödten und verkohlen. -- Ihr Werk ist eine schöne Facade (Antlitzseite) Ihres Geistes; und mich hat Ihr Gemüth und Ihre Ansicht des Lebens und Dichtens erfreuet, trotz aller15 meiner Uneinigkeit mit dem Titelblatt. Denn solche Epochen (Göthe ausgenommen, den aber wieder Shakespeare, Herder, Winkelmann, Homer und Italien gebildet) und so scharf abgeschnitten (vollends mit den As- und Re-Sonanzen der Zeit, Schillers von Eng-, Wielands von Franzland) nämlich so scharf als ein Archimed.20 Stab im Meere, nicht im Sande Umrisse zieht, sind mir un[deutlich?] ja fast unleidlich. Aber Ihre schöne Kraft bleibt die- selbe etc. Hätte ich Zeit zu parallelen Epochen, ich wolte deren 3, 4, 5 [?] .. herausbringen und bliebe doch recht [?]. Ich kann Ihnen meine Achtung für Ihr Werk nicht anders ausdrücken als durch25 mein Citissime; an Andere schreibt man kurz und kalt und spät [?] und gut.
295. An Emanuel.
[Bayreuth, 4. Jan. 1807]
Guten Morgen! Mein Geschenk ist größer als Ihre Flasche30 dazu. -- Hier Briefe, wodurch Sie wieder über mich lachen werden. -- Da Voeldernd. Dreieinigkeit heute unsern d. h. Ihren Thee trinkt: so meld' ichs, damit [Sie] früher kommen -- als weggehen. Übrigens Dank, Alter.
294. An Adolf Wagner in Leipzig.
[Kopie]
[Bayreuth, 30. Dez. 1806]
Citissime
Über die Hauptſache wird Ihnen Ihr Freund als kon- ja uniſone Saite alles ſagen; Sie verdienen (Briefen und Büchern nach) faſt5 mehr als Sie verloren zu haben glauben. Kanne — ein noch nie geweſener Bund von Witzfülle und Wiſſens Überfülle — kann Sie weniger empfehlen (ſo viel ich auch für ihn als für den Genius gethan, nicht aber als für den Menſchen) als Sie ihn von der Menſchen- Seite. Wer ſeine Kräfte ſo hoch ſtellt wie ich, möchte gern ihm eine10 Frau geben, die ſtatt ſeiner das hätte, was ſonſt die Weiber ſo leicht durch Männer verlieren, Lebensverſtand; den Armen werden ſeine Sonnenflecken tödten und verkohlen. — Ihr Werk iſt eine ſchöne Façade (Antlitzſeite) Ihres Geiſtes; und mich hat Ihr Gemüth und Ihre Anſicht des Lebens und Dichtens erfreuet, trotz aller15 meiner Uneinigkeit mit dem Titelblatt. Denn ſolche Epochen (Göthe ausgenommen, den aber wieder Shakeſpeare, Herder, Winkelmann, Homer und Italien gebildet) und ſo ſcharf abgeſchnitten (vollends mit den Aſ- und Re-Sonanzen der Zeit, Schillers von Eng-, Wielands von Franzland) nämlich ſo ſcharf als ein Archimed.20 Stab im Meere, nicht im Sande Umriſſe zieht, ſind mir un[deutlich?] ja faſt unleidlich. Aber Ihre ſchöne Kraft bleibt die- ſelbe ꝛc. Hätte ich Zeit zu parallelen Epochen, ich wolte deren 3, 4, 5 [?] .. herausbringen und bliebe doch recht [?]. Ich kann Ihnen meine Achtung für Ihr Werk nicht anders ausdrücken als durch25 mein Citissime; an Andere ſchreibt man kurz und kalt und ſpät [?] und gut.
295. An Emanuel.
[Bayreuth, 4. Jan. 1807]
Guten Morgen! Mein Geſchenk iſt größer als Ihre Flaſche30 dazu. — Hier Briefe, wodurch Sie wieder über mich lachen werden. — Da Voeldernd. Dreieinigkeit heute unſern d. h. Ihren Thée trinkt: ſo meld’ ichs, damit [Sie] früher kommen — als weggehen. Übrigens Dank, Alter.
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294. An Adolf Wagner in Leipzig.
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Citissime
Über die Hauptſache wird Ihnen Ihr Freund als kon- ja uniſone
Saite alles ſagen; Sie verdienen (Briefen und Büchern nach) faſt 5
mehr als Sie verloren zu haben glauben. Kanne — ein noch nie
geweſener Bund von Witzfülle und Wiſſens Überfülle — kann Sie
weniger empfehlen (ſo viel ich auch für ihn als für den Genius gethan,
nicht aber als für den Menſchen) als Sie ihn von der Menſchen-
Seite. Wer ſeine Kräfte ſo hoch ſtellt wie ich, möchte gern ihm eine 10
Frau geben, die ſtatt ſeiner das hätte, was ſonſt die Weiber ſo leicht
durch Männer verlieren, Lebensverſtand; den Armen werden ſeine
Sonnenflecken tödten und verkohlen. — Ihr Werk iſt eine ſchöne
Façade (Antlitzſeite) Ihres Geiſtes; und mich hat Ihr Gemüth
und Ihre Anſicht des Lebens und Dichtens erfreuet, trotz aller 15
meiner Uneinigkeit mit dem Titelblatt. Denn ſolche Epochen (Göthe
ausgenommen, den aber wieder Shakeſpeare, Herder, Winkelmann,
Homer und Italien gebildet) und ſo ſcharf abgeſchnitten (vollends
mit den Aſ- und Re-Sonanzen der Zeit, Schillers von Eng-,
Wielands von Franzland) nämlich ſo ſcharf als ein Archimed. 20
Stab im Meere, nicht im Sande Umriſſe zieht, ſind mir
un[deutlich?] ja faſt unleidlich. Aber Ihre ſchöne Kraft bleibt die-
ſelbe ꝛc. Hätte ich Zeit zu parallelen Epochen, ich wolte deren
3, 4, 5 [?] .. herausbringen und bliebe doch recht [?]. Ich kann Ihnen
meine Achtung für Ihr Werk nicht anders ausdrücken als durch 25
mein Citissime; an Andere ſchreibt man kurz und kalt und ſpät [?]
und gut.
295. An Emanuel.
[Bayreuth, 4. Jan. 1807]
Guten Morgen! Mein Geſchenk iſt größer als Ihre Flaſche 30
dazu. — Hier Briefe, wodurch Sie wieder über mich lachen werden.
— Da Voeldernd. Dreieinigkeit heute unſern d. h. Ihren Thée
trinkt: ſo meld’ ichs, damit [Sie] früher kommen — als weggehen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/137>, abgerufen am 16.02.2025.
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