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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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tadeln (und gewiß mit Recht, da Sie sonst überall meinen Scherz be-
günstigen) oft kaum erwarten; und muß es vorher gewiß voraus-
setzen, um im Ernst ernst zu bleiben.

Prinzen-Verziehung setzt ja die Möglichkeit von Prinzen-
Erziehung voraus.5

Dreihundert Druckfehler sind in der Levana. Ich habe während
(Gott sei Dank für das neue Blatt, da man sich durch das erste
bestimmte so einkerkert wie durch Ein System, ja Ein Land
)
die Kraft-Krieger vor meinem Fenster vorüberzogen, eine scherzhafte
Beilage zur Levana mit der Zulage der Druckfehler (wirklich an 100)10
gemacht; der Buchhandel wird sie Ihnen bald bringen.

Ich sehne mich nach Ihnen, nach Goethe und Weimar. Was die
Herzogin -- als heilige Jungfrau der genialen Dreieinigkeit von
Herder, Goethe und Schiller -- gethan, war mir vorher bekannt
und noch früher erwartet.15

Ich habe beinahe seit 1/4 Jahr nicht über Kunst und Philosophie
gesprochen; ich bin hier.

Wir haben -- außer den Trinkgläser-Konzerten -- jetzt hier keine
Konzerte; -- und wir gewinnen -- da wir dabei keine Musik
verlieren (sobald wir sie nicht hören, wie ich leider gestern) --20
wenigstens Geld, Einlaßgeld. Letzteres spare man, weil wir Auslaß-
geld zu zahlen haben.

Ich danke Gott, daß Herder bei Gott ist -- desgleichen Gleim, der
einen falschen Hut von Friedrich II. hatte.

Ich, meine Frau, meine Drei-Kraft-Dreifaltigkeit von Kindern25
grünen, blühen und tragen. Sie sollten meinen Frei-Jungen hören,
der halb humoristisch ist, oder überhaupt meine 3 Kinder-Vignetten
zur Levana.

Eben geh' ich zu Fräulein v. Knebel, um vielleicht auf Morgen
ein Blättchen an Sie zu bekommen.30

Langermann ist einsam -- thätig -- lesend -- gebend -- ruhig --
und der alte Kopf, nämlich ein Kopf.

Empfangen Sie noch einmal meinen rechten Dank für Ihre Blätter.
Ich und meine Frau grüßen Sie und die Ihrige recht herzlich.

J. P. F. Richter35

N. S. den 17ten. Vergeben Sie die Nachlässigkeiten des desultorisch
geschriebenen Briefs; -- und schreiben Sie mir die Absoluzion.

tadeln (und gewiß mit Recht, da Sie ſonſt überall meinen Scherz be-
günſtigen) oft kaum erwarten; und muß es vorher gewiß voraus-
ſetzen, um im Ernſt ernſt zu bleiben.

Prinzen-Verziehung ſetzt ja die Möglichkeit von Prinzen-
Erziehung voraus.5

Dreihundert Druckfehler ſind in der Levana. Ich habe während
(Gott sei Dank für das neue Blatt, da man sich durch das erste
bestimmte so einkerkert wie durch Ein System, ja Ein Land
)
die Kraft-Krieger vor meinem Fenſter vorüberzogen, eine ſcherzhafte
Beilage zur Levana mit der Zulage der Druckfehler (wirklich an 100)10
gemacht; der Buchhandel wird ſie Ihnen bald bringen.

Ich ſehne mich nach Ihnen, nach Goethe und Weimar. Was die
Herzogin — als heilige Jungfrau der genialen Dreieinigkeit von
Herder, Goethe und Schiller — gethan, war mir vorher bekannt
und noch früher erwartet.15

Ich habe beinahe ſeit ¼ Jahr nicht über Kunſt und Philoſophie
geſprochen; ich bin hier.

Wir haben — außer den Trinkgläſer-Konzerten — jetzt hier keine
Konzerte; — und wir gewinnen — da wir dabei keine Muſik
verlieren (ſobald wir ſie nicht hören, wie ich leider geſtern) —20
wenigſtens Geld, Einlaßgeld. Letzteres ſpare man, weil wir Auslaß-
geld zu zahlen haben.

Ich danke Gott, daß Herder bei Gott iſt — desgleichen Gleim, der
einen falſchen Hut von Friedrich II. hatte.

Ich, meine Frau, meine Drei-Kraft-Dreifaltigkeit von Kindern25
grünen, blühen und tragen. Sie ſollten meinen Frei-Jungen hören,
der halb humoriſtiſch iſt, oder überhaupt meine 3 Kinder-Vignetten
zur Levana.

Eben geh’ ich zu Fräulein v. Knebel, um vielleicht auf Morgen
ein Blättchen an Sie zu bekommen.30

Langermann iſt einſam — thätig — leſend — gebend — ruhig —
und der alte Kopf, nämlich ein Kopf.

Empfangen Sie noch einmal meinen rechten Dank für Ihre Blätter.
Ich und meine Frau grüßen Sie und die Ihrige recht herzlich.

J. P. F. Richter35

N. S. den 17ten. Vergeben Sie die Nachläſſigkeiten des deſultoriſch
geſchriebenen Briefs; — und ſchreiben Sie mir die Abſoluzion.

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[127/0142] tadeln (und gewiß mit Recht, da Sie ſonſt überall meinen Scherz be- günſtigen) oft kaum erwarten; und muß es vorher gewiß voraus- ſetzen, um im Ernſt ernſt zu bleiben. Prinzen-Verziehung ſetzt ja die Möglichkeit von Prinzen- Erziehung voraus. 5 Dreihundert Druckfehler ſind in der Levana. Ich habe während (Gott sei Dank für das neue Blatt, da man sich durch das erste bestimmte so einkerkert wie durch Ein System, ja Ein Land) die Kraft-Krieger vor meinem Fenſter vorüberzogen, eine ſcherzhafte Beilage zur Levana mit der Zulage der Druckfehler (wirklich an 100) 10 gemacht; der Buchhandel wird ſie Ihnen bald bringen. Ich ſehne mich nach Ihnen, nach Goethe und Weimar. Was die Herzogin — als heilige Jungfrau der genialen Dreieinigkeit von Herder, Goethe und Schiller — gethan, war mir vorher bekannt und noch früher erwartet. 15 Ich habe beinahe ſeit ¼ Jahr nicht über Kunſt und Philoſophie geſprochen; ich bin hier. Wir haben — außer den Trinkgläſer-Konzerten — jetzt hier keine Konzerte; — und wir gewinnen — da wir dabei keine Muſik verlieren (ſobald wir ſie nicht hören, wie ich leider geſtern) — 20 wenigſtens Geld, Einlaßgeld. Letzteres ſpare man, weil wir Auslaß- geld zu zahlen haben. Ich danke Gott, daß Herder bei Gott iſt — desgleichen Gleim, der einen falſchen Hut von Friedrich II. hatte. Ich, meine Frau, meine Drei-Kraft-Dreifaltigkeit von Kindern 25 grünen, blühen und tragen. Sie ſollten meinen Frei-Jungen hören, der halb humoriſtiſch iſt, oder überhaupt meine 3 Kinder-Vignetten zur Levana. Eben geh’ ich zu Fräulein v. Knebel, um vielleicht auf Morgen ein Blättchen an Sie zu bekommen. 30 Langermann iſt einſam — thätig — leſend — gebend — ruhig — und der alte Kopf, nämlich ein Kopf. Empfangen Sie noch einmal meinen rechten Dank für Ihre Blätter. Ich und meine Frau grüßen Sie und die Ihrige recht herzlich. J. P. F. Richter 35 N. S. den 17ten. Vergeben Sie die Nachläſſigkeiten des deſultoriſch geſchriebenen Briefs; — und ſchreiben Sie mir die Abſoluzion.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/142>, abgerufen am 21.11.2024.