womit ich Sie noch überraschen kann. Auch muß es Ihnen in Ihrem weiten Schloße wol thun, auf einmal in meine enge Mansarde zurückgezaubert zu sein. -- Unsere neueste Neuigkeit hier ist ein zweiter Brief von Otto (an Amoene), worin sogar ein Friedens Schimmer mitkam.5
Sonst ist nichts Wichtiges vorgefallen außer daß ich mit dem Wetter täglich mehr Recht habe, wie Sie besonders von Morgen an am kühl-schönen Mai sehen werden. -- Meine neuliche Krankheit gäb' ich für kein Oxhoft Wein weg; sie hat mich an mein altes Magen-Stärkmittel erinnert, an den Bitterklee. Seit daß ich ihn10 trinke, kann ich so viel essen und verdauen als mein Bruder der Bal- bier, und abends trinken was ich will, ohne Kosten des Morgens. Ich habe gestern unsere Freundinnen auf eine bittere Partie für heute eingeladen; mit einem Theelöffel voll gedenk' ich die Gesell- schaft zu sättigen; nur wird sie leider etwas anderes nachtrinken15 wollen. -- Sogar meine geistigen Arbeiten glücken mir seit der Unterleibs Musterung besser; und ich versteige mich jetzt sogar ins satirische Fach, z. B. im "Zirkelbriefe des Feldprediger Geiserich "Schmelzle an seine Freunde, sein Davonlaufen und seinen Muth "betreffend."20
Meine Frau will noch Raum für ihre Feder; die wie Sie wissen, gern einen geräumigen einnimmt. Schrieben die Weiber die Bücher: so kämen wahrscheinlich Papiermühlen an die Stelle schöner Windmühlen. Grüssen Sie unsere gute Renate recht herzlich und sagen Sie ihr meine Theilnahme so wie an der neulichen Wunde25 so an dem Heilmittel, das jetzt die Vorsicht darauf legte. Obiges beweiset, daß ich an sie geschrieben. -- Und mein Uhlfelder und mein Emanuel seien auch recht gegrüßt! --
Richter
N. S. Um 11 Uhr, da Ihr H. Bruder da ist. Meine Frau kann30 schreiben auf was sie will. Die Hauptsache ist mein Verwundern und mein Neid, daß Thieriot den närrischen Streich so gut aus- geführt. Himmel, ich wollt' ich wäre dabei gewesen, oder hätt' es selber gethan. Dafür verdient er einen ausgezeichneten Gruß von mir hier auf der Stelle. Ich denke, er ist, wenn nicht zu lesen,35 doch zu sehen. Der Spaß erfreuet mich in Einem fort.
womit ich Sie noch überraſchen kann. Auch muß es Ihnen in Ihrem weiten Schloße wol thun, auf einmal in meine enge Manſarde zurückgezaubert zu ſein. — Unſere neueſte Neuigkeit hier iſt ein zweiter Brief von Otto (an Amoene), worin ſogar ein Friedens Schimmer mitkam.5
Sonſt iſt nichts Wichtiges vorgefallen außer daß ich mit dem Wetter täglich mehr Recht habe, wie Sie beſonders von Morgen an am kühl-ſchönen Mai ſehen werden. — Meine neuliche Krankheit gäb’ ich für kein Oxhoft Wein weg; ſie hat mich an mein altes Magen-Stärkmittel erinnert, an den Bitterklee. Seit daß ich ihn10 trinke, kann ich ſo viel eſſen und verdauen als mein Bruder der Bal- bier, und abends trinken was ich will, ohne Koſten des Morgens. Ich habe geſtern unſere Freundinnen auf eine bittere Partie für heute eingeladen; mit einem Theelöffel voll gedenk’ ich die Geſell- ſchaft zu ſättigen; nur wird ſie leider etwas anderes nachtrinken15 wollen. — Sogar meine geiſtigen Arbeiten glücken mir ſeit der Unterleibs Muſterung beſſer; und ich verſteige mich jetzt ſogar ins ſatiriſche Fach, z. B. im „Zirkelbriefe des Feldprediger Geiſerich „Schmelzle an ſeine Freunde, ſein Davonlaufen und ſeinen Muth „betreffend.“20
Meine Frau will noch Raum für ihre Feder; die wie Sie wiſſen, gern einen geräumigen einnimmt. Schrieben die Weiber die Bücher: ſo kämen wahrſcheinlich Papiermühlen an die Stelle ſchöner Windmühlen. Grüſſen Sie unſere gute Renate recht herzlich und ſagen Sie ihr meine Theilnahme ſo wie an der neulichen Wunde25 ſo an dem Heilmittel, das jetzt die Vorſicht darauf legte. Obiges beweiſet, daß ich an ſie geſchrieben. — Und mein Uhlfelder und mein Emanuel ſeien auch recht gegrüßt! —
Richter
N. S. Um 11 Uhr, da Ihr H. Bruder da iſt. Meine Frau kann30 ſchreiben auf was ſie will. Die Hauptſache iſt mein Verwundern und mein Neid, daß Thieriot den närriſchen Streich ſo gut aus- geführt. Himmel, ich wollt’ ich wäre dabei geweſen, oder hätt’ es ſelber gethan. Dafür verdient er einen ausgezeichneten Gruß von mir hier auf der Stelle. Ich denke, er iſt, wenn nicht zu leſen,35 doch zu ſehen. Der Spaß erfreuet mich in Einem fort.
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womit ich Sie noch überraſchen kann. Auch muß es Ihnen in Ihrem
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zweiter Brief von Otto (an Amoene), worin ſogar ein Friedens
Schimmer mitkam. 5
Sonſt iſt nichts Wichtiges vorgefallen außer daß ich mit dem
Wetter täglich mehr Recht habe, wie Sie beſonders von Morgen
an am kühl-ſchönen Mai ſehen werden. — Meine neuliche Krankheit
gäb’ ich für kein Oxhoft Wein weg; ſie hat mich an mein altes
Magen-Stärkmittel erinnert, an den Bitterklee. Seit daß ich ihn 10
trinke, kann ich ſo viel eſſen und verdauen als mein Bruder der Bal-
bier, und abends trinken was ich will, ohne Koſten des Morgens.
Ich habe geſtern unſere Freundinnen auf eine bittere Partie für
heute eingeladen; mit einem Theelöffel voll gedenk’ ich die Geſell-
ſchaft zu ſättigen; nur wird ſie leider etwas anderes nachtrinken 15
wollen. — Sogar meine geiſtigen Arbeiten glücken mir ſeit der
Unterleibs Muſterung beſſer; und ich verſteige mich jetzt ſogar ins
ſatiriſche Fach, z. B. im „Zirkelbriefe des Feldprediger Geiſerich
„Schmelzle an ſeine Freunde, ſein Davonlaufen und ſeinen Muth
„betreffend.“ 20
Meine Frau will noch Raum für ihre Feder; die wie Sie wiſſen,
gern einen geräumigen einnimmt. Schrieben die Weiber die Bücher:
ſo kämen wahrſcheinlich Papiermühlen an die Stelle ſchöner
Windmühlen. Grüſſen Sie unſere gute Renate recht herzlich und
ſagen Sie ihr meine Theilnahme ſo wie an der neulichen Wunde 25
ſo an dem Heilmittel, das jetzt die Vorſicht darauf legte. Obiges
beweiſet, daß ich an ſie geſchrieben. — Und mein Uhlfelder und
mein Emanuel ſeien auch recht gegrüßt! —
Richter
N. S. Um 11 Uhr, da Ihr H. Bruder da iſt. Meine Frau kann 30
ſchreiben auf was ſie will. Die Hauptſache iſt mein Verwundern
und mein Neid, daß Thieriot den närriſchen Streich ſo gut aus-
geführt. Himmel, ich wollt’ ich wäre dabei geweſen, oder hätt’
es ſelber gethan. Dafür verdient er einen ausgezeichneten Gruß
von mir hier auf der Stelle. Ich denke, er iſt, wenn nicht zu leſen, 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/164>, abgerufen am 17.02.2025.
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