Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

Bild:
<< vorherige Seite

ich treffe an diesen exotischen Blumen (Spanien) den Bund schöner
Extreme an. Möge ein guter Engel diese Himmelsgewächse anders
begießen als mit Blut. -- Der König hat vielleicht bei dem Un-
glück den Kopf verloren, aber nicht das Herz und also das Größere
behalten. -- dem Nachsprösling (der Vorschule) ein eignes Leben5
gibt, welches sich schwerlich in den alten Stamm verflacht.

563. An Johannes von Müller in Kassel.

Hier steht der Mann, den Sie wie ein Orpheus oder Herkules
aus den Schatten wieder unter die gelehrten Lichter zurückgeholt.10
Sein Äußeres wird einen Mann nicht befremden, der uns das
historische Gold auch aus unscheinbaren Chroniken grub. -- Aber
jetzt bedarf er zu seiner Bibliothek im Kopfe, noch einer, deren
Realkatalog 80 Bände stark ist, nämlich der Göttingischen. Möge
der Genius Seiner und Göttingens es zum zweiten male werden15
und ihm da eine ewige Studierstube anweisen, die er blos mit dem
Lehrstuhl verwechselt!

Das Werkchen von mir -- Durchgang durch die Wüste etc. --
dessen Sie in Ihrem Briefe gedachten, war ein besonderer Ab- und
Nachdruck eines Kapitels aus dem Hesperus.20

Den Genius der westfälischen Bildung beschirme und belohne der
höchste Genius!

Jean Paul Fr. Richter
564. An Emanuel.
25

Guten Morgen, Alter! Ich glaubte, meine C[aroline] hätte
Ihnen die dümmste aller Rezensionen -- wenn anders für die ober-
deutsche L[iteratur] Zeitung das Lob möglich ist, daß andere darin
sich erheben und blos dumm sind -- schon geschickt. Das Verzeichnis
von Kann. gab sie der Schuckmann, bringts aber heute mit. --30
Ob ich mich bringe, beschwör' ich nicht; ich fürchte mich wirklich
vor Ihren -- Gläsern, nicht den Seh- sondern Trinkgläsern.

ich treffe an dieſen exotiſchen Blumen (Spanien) den Bund ſchöner
Extreme an. Möge ein guter Engel dieſe Himmelsgewächſe anders
begießen als mit Blut. — Der König hat vielleicht bei dem Un-
glück den Kopf verloren, aber nicht das Herz und alſo das Größere
behalten. — dem Nachſprösling (der Vorschule) ein eignes Leben5
gibt, welches ſich ſchwerlich in den alten Stamm verflacht.

563. An Johannes von Müller in Kaſſel.

Hier ſteht der Mann, den Sie wie ein Orpheus oder Herkules
aus den Schatten wieder unter die gelehrten Lichter zurückgeholt.10
Sein Äußeres wird einen Mann nicht befremden, der uns das
hiſtoriſche Gold auch aus unſcheinbaren Chroniken grub. — Aber
jetzt bedarf er zu ſeiner Bibliothek im Kopfe, noch einer, deren
Realkatalog 80 Bände ſtark iſt, nämlich der Göttingischen. Möge
der Genius Seiner und Göttingens es zum zweiten male werden15
und ihm da eine ewige Studierſtube anweiſen, die er blos mit dem
Lehrſtuhl verwechſelt!

Das Werkchen von mir — Durchgang durch die Wüſte ꝛc. —
deſſen Sie in Ihrem Briefe gedachten, war ein beſonderer Ab- und
Nachdruck eines Kapitels aus dem Hesperus.20

Den Genius der weſtfäliſchen Bildung beſchirme und belohne der
höchſte Genius!

Jean Paul Fr. Richter
564. An Emanuel.
25

Guten Morgen, Alter! Ich glaubte, meine C[aroline] hätte
Ihnen die dümmſte aller Rezenſionen — wenn anders für die ober-
deutſche L[iteratur] Zeitung das Lob möglich iſt, daß andere darin
ſich erheben und blos dumm ſind — ſchon geſchickt. Das Verzeichnis
von Kann. gab ſie der Schuckmann, bringts aber heute mit. —30
Ob ich mich bringe, beſchwör’ ich nicht; ich fürchte mich wirklich
vor Ihren — Gläſern, nicht den Seh- ſondern Trinkgläſern.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0249" n="233"/>
ich treffe an die&#x017F;en exoti&#x017F;chen Blumen (Spanien) den Bund &#x017F;chöner<lb/>
Extreme an. Möge ein guter Engel die&#x017F;e Himmelsgewäch&#x017F;e anders<lb/>
begießen als mit Blut. &#x2014; Der König hat vielleicht bei dem Un-<lb/>
glück den Kopf verloren, aber nicht das Herz und al&#x017F;o das Größere<lb/>
behalten. &#x2014; dem Nach&#x017F;prösling (der <hi rendition="#aq">Vorschule</hi>) ein eignes Leben<lb n="5"/>
gibt, welches &#x017F;ich &#x017F;chwerlich in den alten Stamm verflacht.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>563. An <hi rendition="#g">Johannes von Müller in Ka&#x017F;&#x017F;el.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth d. 3. Sept.</hi> 1808</hi> </dateline><lb/>
        <p>Hier &#x017F;teht der Mann, den Sie wie ein Orpheus oder Herkules<lb/>
aus den Schatten wieder unter die gelehrten Lichter zurückgeholt.<lb n="10"/>
Sein Äußeres wird einen Mann nicht befremden, der uns das<lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;che Gold auch aus un&#x017F;cheinbaren Chroniken grub. &#x2014; Aber<lb/>
jetzt bedarf er zu &#x017F;einer Bibliothek im Kopfe, noch einer, deren<lb/><hi rendition="#aq">Realkatalog</hi> 80 Bände &#x017F;tark i&#x017F;t, nämlich der <hi rendition="#aq">Göttingischen.</hi> Möge<lb/>
der Genius Seiner und <hi rendition="#aq">Göttingens</hi> es zum zweiten male werden<lb n="15"/>
und ihm da eine ewige Studier&#x017F;tube anwei&#x017F;en, die er blos mit dem<lb/>
Lehr&#x017F;tuhl verwech&#x017F;elt!</p><lb/>
        <p>Das Werkchen von mir &#x2014; Durchgang durch die Wü&#x017F;te &#xA75B;c. &#x2014;<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Sie in Ihrem Briefe gedachten, war ein be&#x017F;onderer Ab- und<lb/>
Nachdruck eines Kapitels aus dem <hi rendition="#aq">Hesperus.</hi><lb n="20"/>
</p>
        <p>Den Genius der we&#x017F;tfäli&#x017F;chen Bildung be&#x017F;chirme und belohne der<lb/>
höch&#x017F;te Genius!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>564. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 4. Sept. 1808]</hi> </dateline>
        <lb n="25"/>
        <p>Guten Morgen, Alter! Ich glaubte, meine <hi rendition="#aq">C[aroline]</hi> hätte<lb/>
Ihnen die dümm&#x017F;te aller Rezen&#x017F;ionen &#x2014; wenn anders für die ober-<lb/>
deut&#x017F;che <hi rendition="#aq">L[iteratur] Zeitung</hi> das Lob möglich i&#x017F;t, daß andere darin<lb/>
&#x017F;ich erheben und blos dumm &#x017F;ind &#x2014; &#x017F;chon ge&#x017F;chickt. Das Verzeichnis<lb/>
von <hi rendition="#aq">Kann.</hi> gab &#x017F;ie der <hi rendition="#aq">Schuckmann,</hi> bringts aber heute mit. &#x2014;<lb n="30"/>
Ob ich mich bringe, be&#x017F;chwör&#x2019; ich nicht; ich fürchte mich wirklich<lb/>
vor Ihren &#x2014; Glä&#x017F;ern, nicht den Seh- &#x017F;ondern Trinkglä&#x017F;ern.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0249] ich treffe an dieſen exotiſchen Blumen (Spanien) den Bund ſchöner Extreme an. Möge ein guter Engel dieſe Himmelsgewächſe anders begießen als mit Blut. — Der König hat vielleicht bei dem Un- glück den Kopf verloren, aber nicht das Herz und alſo das Größere behalten. — dem Nachſprösling (der Vorschule) ein eignes Leben 5 gibt, welches ſich ſchwerlich in den alten Stamm verflacht. 563. An Johannes von Müller in Kaſſel. Bayreuth d. 3. Sept. 1808 Hier ſteht der Mann, den Sie wie ein Orpheus oder Herkules aus den Schatten wieder unter die gelehrten Lichter zurückgeholt. 10 Sein Äußeres wird einen Mann nicht befremden, der uns das hiſtoriſche Gold auch aus unſcheinbaren Chroniken grub. — Aber jetzt bedarf er zu ſeiner Bibliothek im Kopfe, noch einer, deren Realkatalog 80 Bände ſtark iſt, nämlich der Göttingischen. Möge der Genius Seiner und Göttingens es zum zweiten male werden 15 und ihm da eine ewige Studierſtube anweiſen, die er blos mit dem Lehrſtuhl verwechſelt! Das Werkchen von mir — Durchgang durch die Wüſte ꝛc. — deſſen Sie in Ihrem Briefe gedachten, war ein beſonderer Ab- und Nachdruck eines Kapitels aus dem Hesperus. 20 Den Genius der weſtfäliſchen Bildung beſchirme und belohne der höchſte Genius! Jean Paul Fr. Richter 564. An Emanuel. [Bayreuth, 4. Sept. 1808] 25 Guten Morgen, Alter! Ich glaubte, meine C[aroline] hätte Ihnen die dümmſte aller Rezenſionen — wenn anders für die ober- deutſche L[iteratur] Zeitung das Lob möglich iſt, daß andere darin ſich erheben und blos dumm ſind — ſchon geſchickt. Das Verzeichnis von Kann. gab ſie der Schuckmann, bringts aber heute mit. — 30 Ob ich mich bringe, beſchwör’ ich nicht; ich fürchte mich wirklich vor Ihren — Gläſern, nicht den Seh- ſondern Trinkgläſern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/249
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/249>, abgerufen am 28.11.2024.