ich Unrecht gethan; Mehmel hat mir köstliche Umgebungen gezeigt, doch aber keine bayreuthischen. Wahrscheinlich komm' ich erst Ende der künftigen Woche (lasse daher abends immer die Schlüssel in deiner Abwesenheit bereit liegen). Ich habe noch so viel zu lesen. Eigentlich leb' ich so wolfeil wie zu Hause, 2 fl. Wochenzins ab-5 gerechnet, die ich aber in Bayreuth auch verschwenden würde bei Rollwenzel oder sonst. -- Höfe und Weiber such' ich jetzt weniger als sonst; am Ende aber, deines Briefes wegen, geh' ich doch zur Marggräfin. Mich reuet nur die Morgen-Unterbrechung. Mich lieben hier alle meine Gesellschafter; noch keinem hab ich eine un-10 angenehme Minute gemacht, ihm höchstens eine genommen. -- Toussaint verspricht mir eine Retour-Fuhre. Überhaupt wäre, da jetzt die Briefe entweder über Nürnberg oder Bamberg laufen, es unbequem, sich in Bayreuth einen Wagen zu bestellen. -- Wagner treibt zwar seine Rechnung sehr hoch; aber der arme Max muß15 ja auch mit für den Sitz im Wagen bezahlen. -- Grüße Otto und meinen Emanuel, der mit mir an Einem Tage schrieb. -- Nicht einmal zum Grafen Soden mag ich gehen, ob ich ihn gleich hier gesprochen und er mich in Bayreuth besucht. -- Hast du etwas mir nicht Liebes gethan oder erfahren: so schreib' es mir lieber,20 damit ich es unter weges verdaue und den himmlischen Abend des Wiedersehens geheilt durchlebe. -- Soll ich der Magd etwas mit- bringen? Schwerlich. Oder was alsdann? -- Ach die Post-Sperre naht. Und ich hätte meinem lieben treuen Herzen, das so sehr sich jetzt abarbeitet und mich so schön wieder liebt, so viel noch zu sagen.25 -- (Und es soll auch im nächsten Briefe gesagt werden. Himmel! wie oft dacht ich mir die überwältigende Entzückung, wenn so Nachts nichts weiter als dein Gesicht mit den unbeschreiblichen Liebes Augen und dem Liebesblick, der sich in ungewöhnlichen Linien auch um das Auge herum zieht, mir plötzlich erschiene wie eine30 Gestalt aus der Luft. Freilich wär' es zu viel. Aber das Viele bleibt mir doch, denn ich komme und du lebst. Es gehe deiner Seele wie meiner!
R.
N. S. Du solltest meine Palingenesien lesen, wo ich dieselbe35 Reise nach Erlangen gemacht in der Erdichtung einer Heirath -- Ferner meinen bevorstehenden Lebenslauf in "Jean Pauls Briefen".
ich Unrecht gethan; Mehmel hat mir köſtliche Umgebungen gezeigt, doch aber keine bayreuthiſchen. Wahrſcheinlich komm’ ich erſt Ende der künftigen Woche (laſſe daher abends immer die Schlüſſel in deiner Abweſenheit bereit liegen). Ich habe noch ſo viel zu leſen. Eigentlich leb’ ich ſo wolfeil wie zu Hauſe, 2 fl. Wochenzins ab-5 gerechnet, die ich aber in Bayreuth auch verſchwenden würde bei Rollwenzel oder ſonſt. — Höfe und Weiber ſuch’ ich jetzt weniger als ſonſt; am Ende aber, deines Briefes wegen, geh’ ich doch zur Marggräfin. Mich reuet nur die Morgen-Unterbrechung. Mich lieben hier alle meine Geſellſchafter; noch keinem hab ich eine un-10 angenehme Minute gemacht, ihm höchſtens eine genommen. — Toussaint verſpricht mir eine Rétour-Fuhre. Überhaupt wäre, da jetzt die Briefe entweder über Nürnberg oder Bamberg laufen, es unbequem, ſich in Bayreuth einen Wagen zu beſtellen. — Wagner treibt zwar ſeine Rechnung ſehr hoch; aber der arme Max muß15 ja auch mit für den Sitz im Wagen bezahlen. — Grüße Otto und meinen Emanuel, der mit mir an Einem Tage ſchrieb. — Nicht einmal zum Grafen Soden mag ich gehen, ob ich ihn gleich hier geſprochen und er mich in Bayreuth beſucht. — Haſt du etwas mir nicht Liebes gethan oder erfahren: ſo ſchreib’ es mir lieber,20 damit ich es unter weges verdaue und den himmliſchen Abend des Wiederſehens geheilt durchlebe. — Soll ich der Magd etwas mit- bringen? Schwerlich. Oder was alsdann? — Ach die Poſt-Sperre naht. Und ich hätte meinem lieben treuen Herzen, das ſo ſehr ſich jetzt abarbeitet und mich ſo ſchön wieder liebt, ſo viel noch zu ſagen.25 — (Und es ſoll auch im nächſten Briefe geſagt werden. Himmel! wie oft dacht ich mir die überwältigende Entzückung, wenn ſo Nachts nichts weiter als dein Geſicht mit den unbeſchreiblichen Liebes Augen und dem Liebesblick, der ſich in ungewöhnlichen Linien auch um das Auge herum zieht, mir plötzlich erſchiene wie eine30 Geſtalt aus der Luft. Freilich wär’ es zu viel. Aber das Viele bleibt mir doch, denn ich komme und du lebſt. Es gehe deiner Seele wie meiner!
R.
N. S. Du ſollteſt meine Palingeneſien leſen, wo ich dieſelbe35 Reiſe nach Erlangen gemacht in der Erdichtung einer Heirath — Ferner meinen bevorſtehenden Lebenslauf in „Jean Pauls Briefen“.
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der künftigen Woche (laſſe daher abends immer die Schlüſſel in
deiner Abweſenheit bereit liegen). Ich habe noch ſo viel zu leſen.
Eigentlich leb’ ich ſo wolfeil wie zu Hauſe, 2 fl. Wochenzins ab- 5
gerechnet, die ich aber in Bayreuth auch verſchwenden würde bei
Rollwenzel oder ſonſt. — Höfe und Weiber ſuch’ ich jetzt weniger
als ſonſt; am Ende aber, deines Briefes wegen, geh’ ich doch zur
Marggräfin. Mich reuet nur die Morgen-Unterbrechung. Mich
lieben hier alle meine Geſellſchafter; noch keinem hab ich eine un- 10
angenehme Minute gemacht, ihm höchſtens eine genommen. —
Toussaint verſpricht mir eine Rétour-Fuhre. Überhaupt wäre, da
jetzt die Briefe entweder über Nürnberg oder Bamberg laufen, es
unbequem, ſich in Bayreuth einen Wagen zu beſtellen. — Wagner
treibt zwar ſeine Rechnung ſehr hoch; aber der arme Max muß 15
ja auch mit für den Sitz im Wagen bezahlen. — Grüße Otto
und meinen Emanuel, der mit mir an Einem Tage ſchrieb. —
Nicht einmal zum Grafen Soden mag ich gehen, ob ich ihn gleich
hier geſprochen und er mich in Bayreuth beſucht. — Haſt du etwas
mir nicht Liebes gethan oder erfahren: ſo ſchreib’ es mir lieber, 20
damit ich es unter weges verdaue und den himmliſchen Abend des
Wiederſehens geheilt durchlebe. — Soll ich der Magd etwas mit-
bringen? Schwerlich. Oder was alsdann? — Ach die Poſt-Sperre
naht. Und ich hätte meinem lieben treuen Herzen, das ſo ſehr ſich
jetzt abarbeitet und mich ſo ſchön wieder liebt, ſo viel noch zu ſagen. 25
— (Und es ſoll auch im nächſten Briefe geſagt werden. Himmel!
wie oft dacht ich mir die überwältigende Entzückung, wenn ſo
Nachts nichts weiter als dein Geſicht mit den unbeſchreiblichen
Liebes Augen und dem Liebesblick, der ſich in ungewöhnlichen Linien
auch um das Auge herum zieht, mir plötzlich erſchiene wie eine 30
Geſtalt aus der Luft. Freilich wär’ es zu viel. Aber das Viele
bleibt mir doch, denn ich komme und du lebſt. Es gehe deiner Seele
wie meiner!
R.
N. S. Du ſollteſt meine Palingeneſien leſen, wo ich dieſelbe 35
Reiſe nach Erlangen gemacht in der Erdichtung einer Heirath —
Ferner meinen bevorſtehenden Lebenslauf in „Jean Pauls Briefen“.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/213>, abgerufen am 27.11.2024.
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