Guten Abend, Alter! Hier endlich das Blättchen an Pauli, an das ich schwer ging. Ich hab' es des Großherzogs und meiner für würdiger gehalten, mein Nein hinter keine langen Ausfor-5 schungen zu verstecken. Erst morgen Nachmittag brauch ichs zurück zum jetzt nöthigen Mundieren und Abschicken. -- Deine Ansicht des Buchhandels ist neu und recht. Mit einigen Bereicherungen aus deinen neueren Ansichten könnt' es als ein besonderes Büchlein laufen. Das literarische Schauamt, nämlich eine Literaturzeitung10 vor dem Drucke ist freilich das wichtigste und -- schwerste.
Guten Morgen!
*597. An Staatsrat Pauli in Aschaffenburg.
Baireuth d. 15 Jenn. 1812
Hochgeehrtester Herr Staatsrath! Die Verzögerung meiner Ant-15 wort auf Ihr Werthes vom 2. Jenner entstand aus der Schwierig- keit derselben. Ich wurde innigst gerührt von der Güte Ihres herr- lichen Fürsten, dessen Zepter, wie seine Feder, weit über sein Land beglückend hinausreicht und welcher, so wie er bisher der helfende Beschützer meiner Gegenwart war, eben so der Schutzgeist meiner20 ganzen Zukunft werden will. Meinem Herzen ist ers auch durch Ihren Brief schon geworden und die Frage war hier Gabe.
Aber über die Annahme eines solchen Amtes muß ich nicht nur meine Wünsche, sondern auch meine Kräfte fragen, ob diese zum Lehren und zum Schreiben zugleich auslangen. Letzteres fodert von25 mir auf der einen Seite weit mehr Zeit, als man vielleicht meinen Werken leider ansieht, und auf der andern hab' ich noch soviel schon nach jetzt fertigen Zurüstungen auszuführen, daß ich mir wol etwas vom Alter der Erzväter wünschte, um zwar nicht ein vielschreiben- der Kirchenvater, wie Origenes und Augustinus, aber ein viel-30 lesender Büchervater zu werden, welcher z. B. nur eben des ge- dachten Augustins 232 Bücher (die exegetischen noch ungerechnet) etwan durchbrächte, die -- nach Gennadius Zweifel -- schwerlich ein Mensch noch sämmtlich durchgelesen. Die Belohnung, welche mir der edle Großherzog anbietet, würde mir auch im gütigsten35
596. An Otto.
[Bayreuth, 13./14. Jan. 1812]
Guten Abend, Alter! Hier endlich das Blättchen an Pauli, an das ich ſchwer ging. Ich hab’ es des Großherzogs und meiner für würdiger gehalten, mein Nein hinter keine langen Ausfor-5 ſchungen zu verſtecken. Erſt morgen Nachmittag brauch ichs zurück zum jetzt nöthigen Mundieren und Abſchicken. — Deine Anſicht des Buchhandels iſt neu und recht. Mit einigen Bereicherungen aus deinen neueren Anſichten könnt’ es als ein beſonderes Büchlein laufen. Das literariſche Schauamt, nämlich eine Literaturzeitung10 vor dem Drucke iſt freilich das wichtigſte und — ſchwerſte.
Guten Morgen!
*597. An Staatsrat Pauli in Aſchaffenburg.
Baireuth d. 15 Jenn. 1812
Hochgeehrteſter Herr Staatsrath! Die Verzögerung meiner Ant-15 wort auf Ihr Werthes vom 2. Jenner entſtand aus der Schwierig- keit derſelben. Ich wurde innigſt gerührt von der Güte Ihres herr- lichen Fürſten, deſſen Zepter, wie ſeine Feder, weit über ſein Land beglückend hinausreicht und welcher, ſo wie er bisher der helfende Beſchützer meiner Gegenwart war, eben ſo der Schutzgeiſt meiner20 ganzen Zukunft werden will. Meinem Herzen iſt ers auch durch Ihren Brief ſchon geworden und die Frage war hier Gabe.
Aber über die Annahme eines ſolchen Amtes muß ich nicht nur meine Wünſche, ſondern auch meine Kräfte fragen, ob dieſe zum Lehren und zum Schreiben zugleich auslangen. Letzteres fodert von25 mir auf der einen Seite weit mehr Zeit, als man vielleicht meinen Werken leider anſieht, und auf der andern hab’ ich noch ſoviel ſchon nach jetzt fertigen Zurüſtungen auszuführen, daß ich mir wol etwas vom Alter der Erzväter wünſchte, um zwar nicht ein vielſchreiben- der Kirchenvater, wie Origenes und Auguſtinus, aber ein viel-30 leſender Büchervater zu werden, welcher z. B. nur eben des ge- dachten Auguſtins 232 Bücher (die exegetiſchen noch ungerechnet) etwan durchbrächte, die — nach Gennadius Zweifel — ſchwerlich ein Menſch noch ſämmtlich durchgeleſen. Die Belohnung, welche mir der edle Großherzog anbietet, würde mir auch im gütigſten35
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596. An Otto.
[Bayreuth, 13./14. Jan. 1812]
Guten Abend, Alter! Hier endlich das Blättchen an Pauli, an
das ich ſchwer ging. Ich hab’ es des Großherzogs und meiner
für würdiger gehalten, mein Nein hinter keine langen Ausfor- 5
ſchungen zu verſtecken. Erſt morgen Nachmittag brauch ichs zurück
zum jetzt nöthigen Mundieren und Abſchicken. — Deine Anſicht
des Buchhandels iſt neu und recht. Mit einigen Bereicherungen
aus deinen neueren Anſichten könnt’ es als ein beſonderes Büchlein
laufen. Das literariſche Schauamt, nämlich eine Literaturzeitung 10
vor dem Drucke iſt freilich das wichtigſte und — ſchwerſte.
Guten Morgen!
*597. An Staatsrat Pauli in Aſchaffenburg.
Baireuth d. 15 Jenn. 1812
Hochgeehrteſter Herr Staatsrath! Die Verzögerung meiner Ant- 15
wort auf Ihr Werthes vom 2. Jenner entſtand aus der Schwierig-
keit derſelben. Ich wurde innigſt gerührt von der Güte Ihres herr-
lichen Fürſten, deſſen Zepter, wie ſeine Feder, weit über ſein Land
beglückend hinausreicht und welcher, ſo wie er bisher der helfende
Beſchützer meiner Gegenwart war, eben ſo der Schutzgeiſt meiner 20
ganzen Zukunft werden will. Meinem Herzen iſt ers auch durch
Ihren Brief ſchon geworden und die Frage war hier Gabe.
Aber über die Annahme eines ſolchen Amtes muß ich nicht nur
meine Wünſche, ſondern auch meine Kräfte fragen, ob dieſe zum
Lehren und zum Schreiben zugleich auslangen. Letzteres fodert von 25
mir auf der einen Seite weit mehr Zeit, als man vielleicht meinen
Werken leider anſieht, und auf der andern hab’ ich noch ſoviel ſchon
nach jetzt fertigen Zurüſtungen auszuführen, daß ich mir wol etwas
vom Alter der Erzväter wünſchte, um zwar nicht ein vielſchreiben-
der Kirchenvater, wie Origenes und Auguſtinus, aber ein viel- 30
leſender Büchervater zu werden, welcher z. B. nur eben des ge-
dachten Auguſtins 232 Bücher (die exegetiſchen noch ungerechnet)
etwan durchbrächte, die — nach Gennadius Zweifel — ſchwerlich
ein Menſch noch ſämmtlich durchgeleſen. Die Belohnung, welche
mir der edle Großherzog anbietet, würde mir auch im gütigſten 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/259>, abgerufen am 24.11.2024.
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