Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu spät. Meinen
herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anweisens ungeachtet des
wahrscheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der erste Augenblick
der bösen Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung,5
daß das bestehende zum Vortheil der Amortisazions-Kasse gegebne
Verbot, ein ausländisches Buch vor 20 Jahren nachzudrucken, zu-
rückgenommen worden. S. Voß. Zeiten. Sollte denn französischer
Nachdruck sogar viel mehr schaden als östreichischer? Und sollten
Deutsche ihn kaufen? -- Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken10
der Schutz durch Pränumerazion und Subskripzion*) übrig. -- Mein
Ihnen bekannter scharfsinniger Freund Georgius glaubt, daß gerade
ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde.
Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam,
wußte nichts von Courier-Wechsel, oder Zurüstung oder sonst einem15
Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus-
bruchs so wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Aesthetik
nicht für solche Unbestimmtheiten verschieben kann: so möge denn
uns beiden die gegenseitige Freiheit zurück gegeben sein. Gleich-
wol frag' ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo20
an, da ich ohnehin für die Aesthetik nur die Materalien, aber noch
nicht deren Form vollendet habe. -- Auch über die Levana bitt'
ich Sie bald um bestimmteste Nachricht. Es wäre aber sehr schmerz-
haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und
stärksten Assekurator des deutschen Buchhandels, wenn ich auf ein-25
mal sogar zwei Werke -- und meine wichtigsten -- aus seinen
Händen in fremde müßte übergehen sehen. Noch hoff' ich.

Sehr bitt' ich Sie, die Bußpredigt genau abdrucken zu lassen,
z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, so nicht Bildungs-Wechsel.

In irgend einer freien Viertelstunde machen Sie doch umsomehr30
meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 Ld'or
von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich schul-
dig bin.

Für den Damenkalender kann ich nicht jetzt sogleich wegen so

*) da ich gewis so viele Freunde in Deutschland habe als zu Ihrer Deckung35
nöthig sind.

Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu ſpät. Meinen
herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anweiſens ungeachtet des
wahrſcheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der erſte Augenblick
der böſen Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung,5
daß das beſtehende zum Vortheil der Amortiſazions-Kaſſe gegebne
Verbot, ein ausländiſches Buch vor 20 Jahren nachzudrucken, zu-
rückgenommen worden. S. Voß. Zeiten. Sollte denn franzöſiſcher
Nachdruck ſogar viel mehr ſchaden als öſtreichiſcher? Und ſollten
Deutſche ihn kaufen? — Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken10
der Schutz durch Pränumerazion und Subſkripzion*) übrig. — Mein
Ihnen bekannter ſcharfſinniger Freund Georgius glaubt, daß gerade
ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde.
Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam,
wußte nichts von Courier-Wechſel, oder Zurüſtung oder ſonſt einem15
Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus-
bruchs ſo wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Aeſthetik
nicht für ſolche Unbeſtimmtheiten verſchieben kann: ſo möge denn
uns beiden die gegenſeitige Freiheit zurück gegeben ſein. Gleich-
wol frag’ ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo20
an, da ich ohnehin für die Aeſthetik nur die Materalien, aber noch
nicht deren Form vollendet habe. — Auch über die Levana bitt’
ich Sie bald um beſtimmteſte Nachricht. Es wäre aber ſehr ſchmerz-
haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und
ſtärkſten Aſſekurator des deutſchen Buchhandels, wenn ich auf ein-25
mal ſogar zwei Werke — und meine wichtigſten — aus ſeinen
Händen in fremde müßte übergehen ſehen. Noch hoff’ ich.

Sehr bitt’ ich Sie, die Bußpredigt genau abdrucken zu laſſen,
z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, ſo nicht Bildungs-Wechſel.

In irgend einer freien Viertelſtunde machen Sie doch umſomehr30
meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 Ld’or
von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich ſchul-
dig bin.

Für den Damenkalender kann ich nicht jetzt ſogleich wegen ſo

*) da ich gewis ſo viele Freunde in Deutſchland habe als zu Ihrer Deckung35
nöthig ſind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0262" n="248"/>
          <dateline> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Nach&#x017F;chrift vom 25. Jenn.</hi> </hi> </dateline><lb/>
          <p>Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu &#x017F;pät. Meinen<lb/>
herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anwei&#x017F;ens ungeachtet des<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der er&#x017F;te Augenblick<lb/>
der bö&#x017F;en Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung,<lb n="5"/>
daß das be&#x017F;tehende zum Vortheil der Amorti&#x017F;azions-Ka&#x017F;&#x017F;e gegebne<lb/>
Verbot, ein ausländi&#x017F;ches Buch <hi rendition="#g">vor</hi> 20 Jahren nachzudrucken, zu-<lb/>
rückgenommen worden. S. <hi rendition="#aq">Voß.</hi> Zeiten. Sollte denn franzö&#x017F;i&#x017F;cher<lb/>
Nachdruck &#x017F;ogar viel mehr &#x017F;chaden als ö&#x017F;treichi&#x017F;cher? Und &#x017F;ollten<lb/><hi rendition="#b">Deut&#x017F;che</hi> ihn kaufen? &#x2014; Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken<lb n="10"/>
der Schutz durch Pränumerazion und Sub&#x017F;kripzion<note place="foot" n="*)">da ich gewis &#x017F;o viele Freunde in Deut&#x017F;chland habe als zu Ihrer Deckung<lb n="35"/>
nöthig &#x017F;ind.</note> übrig. &#x2014; Mein<lb/>
Ihnen bekannter &#x017F;charf&#x017F;inniger Freund <hi rendition="#aq">Georgius</hi> glaubt, daß gerade<lb/>
ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde.<lb/>
Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam,<lb/>
wußte nichts von Courier-Wech&#x017F;el, oder Zurü&#x017F;tung oder &#x017F;on&#x017F;t einem<lb n="15"/>
Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus-<lb/>
bruchs &#x017F;o wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Ae&#x017F;thetik<lb/>
nicht für &#x017F;olche Unbe&#x017F;timmtheiten ver&#x017F;chieben kann: &#x017F;o möge denn<lb/>
uns beiden die gegen&#x017F;eitige Freiheit zurück gegeben &#x017F;ein. Gleich-<lb/>
wol frag&#x2019; ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo<lb n="20"/>
an, da ich ohnehin für die Ae&#x017F;thetik nur die Materalien, aber noch<lb/>
nicht deren Form vollendet habe. &#x2014; Auch über die <hi rendition="#aq">Levana</hi> bitt&#x2019;<lb/>
ich Sie bald um be&#x017F;timmte&#x017F;te Nachricht. Es wäre aber &#x017F;ehr &#x017F;chmerz-<lb/>
haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und<lb/>
&#x017F;tärk&#x017F;ten A&#x017F;&#x017F;ekurator des deut&#x017F;chen Buchhandels, wenn ich auf ein-<lb n="25"/>
mal &#x017F;ogar zwei Werke &#x2014; und meine wichtig&#x017F;ten &#x2014; aus &#x017F;einen<lb/>
Händen in fremde müßte übergehen &#x017F;ehen. Noch hoff&#x2019; ich.</p><lb/>
          <p>Sehr bitt&#x2019; ich Sie, die Bußpredigt <hi rendition="#g">genau</hi> abdrucken zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, &#x017F;o nicht Bildung<hi rendition="#b">s</hi>-Wech&#x017F;el.</p><lb/>
          <p>In irgend einer freien Viertel&#x017F;tunde machen Sie doch um&#x017F;omehr<lb n="30"/>
meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 <hi rendition="#aq">Ld&#x2019;or</hi><lb/>
von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich &#x017F;chul-<lb/>
dig bin.</p><lb/>
          <p>Für den Damenkalender kann ich nicht <hi rendition="#g">jetzt &#x017F;ogleich</hi> wegen &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0262] Nachſchrift vom 25. Jenn. Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu ſpät. Meinen herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anweiſens ungeachtet des wahrſcheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der erſte Augenblick der böſen Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung, 5 daß das beſtehende zum Vortheil der Amortiſazions-Kaſſe gegebne Verbot, ein ausländiſches Buch vor 20 Jahren nachzudrucken, zu- rückgenommen worden. S. Voß. Zeiten. Sollte denn franzöſiſcher Nachdruck ſogar viel mehr ſchaden als öſtreichiſcher? Und ſollten Deutſche ihn kaufen? — Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken 10 der Schutz durch Pränumerazion und Subſkripzion *) übrig. — Mein Ihnen bekannter ſcharfſinniger Freund Georgius glaubt, daß gerade ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde. Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam, wußte nichts von Courier-Wechſel, oder Zurüſtung oder ſonſt einem 15 Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus- bruchs ſo wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Aeſthetik nicht für ſolche Unbeſtimmtheiten verſchieben kann: ſo möge denn uns beiden die gegenſeitige Freiheit zurück gegeben ſein. Gleich- wol frag’ ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo 20 an, da ich ohnehin für die Aeſthetik nur die Materalien, aber noch nicht deren Form vollendet habe. — Auch über die Levana bitt’ ich Sie bald um beſtimmteſte Nachricht. Es wäre aber ſehr ſchmerz- haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und ſtärkſten Aſſekurator des deutſchen Buchhandels, wenn ich auf ein- 25 mal ſogar zwei Werke — und meine wichtigſten — aus ſeinen Händen in fremde müßte übergehen ſehen. Noch hoff’ ich. Sehr bitt’ ich Sie, die Bußpredigt genau abdrucken zu laſſen, z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, ſo nicht Bildungs-Wechſel. In irgend einer freien Viertelſtunde machen Sie doch umſomehr 30 meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 Ld’or von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich ſchul- dig bin. Für den Damenkalender kann ich nicht jetzt ſogleich wegen ſo *) da ich gewis ſo viele Freunde in Deutſchland habe als zu Ihrer Deckung 35 nöthig ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/262
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/262>, abgerufen am 24.11.2024.