Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

Bild:
<< vorherige Seite
732. An Otto.

In dieser einquetschenden Zeit lüftet doch der preußische Staat
einem die Brust; und er macht etwas vom J[ahre] 1806 gut. Seit
langer Zeit hat mich keine Zeitung so erwärmt als diese. -- Heute fiel5
mir auf einmal ein, ob Pr[eußen] sich nicht gegen Oestreich rüste.

733. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Beikommenden Dintenkopf sei so gut,
mir zwischen 12--1 wieder leer zukommen zu lassen, weil ich mich10
heute ans opus magnum mache. Ich versuche eine neue Dinte,
die alte berühmte Dresdner, und erwarte den Erfolg. -- Ein
Schieferdecker aus der Ochsengasse wünscht einige Verse von mir,
die er oben vortragen will. Der neuliche Affen-Regisseur ging
mich um eine dramaturgische Darstellung seines Viehs für die15
Zeitung gegen zwei Freibillets im Parterre an.

734. An Otto.

Lieber Alter! Es verdrieße dich doch nicht, da ich heute an meinem
Romane fortarbeite, unter den neuen für den leichtsinnigen, essenden,20
spaßenden Scherrnecker gewählten Namen die erträglichen einmal
und den erträglichsten zweimal zu unterstreichen ohne weitere Gründe.

735. An Otto.

Guten Abend, Lieber! Baierlein, Bildermann, Samelssohn,25
Münch können alle die Anweisungen jetzo nicht gebrauchen. Eh
ich Enzel frage, besinn ich mich und frage dich, wie ich denn zu
schreiben habe, wenn ich die Anweisungen gerade zu an die Be-
hörden schicke. -- Du solltest aber sehen, wie einem alles seit dem
Matthias Tage -- denn da fing ich an -- unter den Händen wächst30
und quillt, wenn man zwei Jahre lang am Plane gearbeitet hat,
um ganz Herr der wilden und kraftvollen Materie zu sein, die im
Antititan zu bändigen ist. Jetzo wäre mir der Tod ganz fatal und
ein schlechter Spaß bei meinem bessern.

732. An Otto.

In dieſer einquetſchenden Zeit lüftet doch der preußiſche Staat
einem die Bruſt; und er macht etwas vom J[ahre] 1806 gut. Seit
langer Zeit hat mich keine Zeitung ſo erwärmt als dieſe. — Heute fiel5
mir auf einmal ein, ob Pr[eußen] ſich nicht gegen Oeſtreich rüſte.

733. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Beikommenden Dintenkopf ſei ſo gut,
mir zwiſchen 12—1 wieder leer zukommen zu laſſen, weil ich mich10
heute ans opus magnum mache. Ich verſuche eine neue Dinte,
die alte berühmte Dresdner, und erwarte den Erfolg. — Ein
Schieferdecker aus der Ochſengaſſe wünſcht einige Verſe von mir,
die er oben vortragen will. Der neuliche Affen-Régisseur ging
mich um eine dramaturgiſche Darſtellung ſeines Viehs für die15
Zeitung gegen zwei Freibillets im Parterre an.

734. An Otto.

Lieber Alter! Es verdrieße dich doch nicht, da ich heute an meinem
Romane fortarbeite, unter den neuen für den leichtſinnigen, eſſenden,20
ſpaßenden Scherrnecker gewählten Namen die erträglichen einmal
und den erträglichſten zweimal zu unterſtreichen ohne weitere Gründe.

735. An Otto.

Guten Abend, Lieber! Baierlein, Bildermann, Samelsſohn,25
Münch können alle die Anweiſungen jetzo nicht gebrauchen. Eh
ich Enzel frage, beſinn ich mich und frage dich, wie ich denn zu
ſchreiben habe, wenn ich die Anweiſungen gerade zu an die Be-
hörden ſchicke. — Du ſollteſt aber ſehen, wie einem alles ſeit dem
Matthias Tage — denn da fing ich an — unter den Händen wächſt30
und quillt, wenn man zwei Jahre lang am Plane gearbeitet hat,
um ganz Herr der wilden und kraftvollen Materie zu ſein, die im
Antititan zu bändigen iſt. Jetzo wäre mir der Tod ganz fatal und
ein ſchlechter Spaß bei meinem beſſern.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0330" n="315"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>732. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, Febr. (?) 1813]</hi> </dateline><lb/>
        <p>In die&#x017F;er einquet&#x017F;chenden Zeit lüftet doch der preußi&#x017F;che Staat<lb/>
einem die Bru&#x017F;t; und er macht etwas vom J[ahre] 1806 gut. Seit<lb/>
langer Zeit hat mich keine Zeitung &#x017F;o erwärmt als die&#x017F;e. &#x2014; Heute fiel<lb n="5"/>
mir auf einmal ein, ob Pr[eußen] &#x017F;ich nicht gegen Oe&#x017F;treich rü&#x017F;te.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>733. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, Ende Febr. 1813?]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, Alter! Beikommenden Dintenkopf &#x017F;ei &#x017F;o gut,<lb/>
mir zwi&#x017F;chen 12&#x2014;1 wieder leer zukommen zu la&#x017F;&#x017F;en, weil ich mich<lb n="10"/>
heute ans <hi rendition="#aq">opus magnum</hi> mache. Ich ver&#x017F;uche eine neue Dinte,<lb/>
die alte berühmte Dresdner, und erwarte den Erfolg. &#x2014; Ein<lb/>
Schieferdecker aus der Och&#x017F;enga&#x017F;&#x017F;e wün&#x017F;cht einige Ver&#x017F;e von mir,<lb/>
die er oben vortragen will. Der neuliche Affen-<hi rendition="#aq">Régisseur</hi> ging<lb/>
mich um eine dramaturgi&#x017F;che Dar&#x017F;tellung &#x017F;eines Viehs für die<lb n="15"/>
Zeitung gegen zwei Freibillets im Parterre an.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>734. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, Ende Febr. 1813?]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Lieber Alter! Es verdrieße dich doch nicht, da ich heute an meinem<lb/>
Romane fortarbeite, unter den neuen für den leicht&#x017F;innigen, e&#x017F;&#x017F;enden,<lb n="20"/>
&#x017F;paßenden <hi rendition="#aq">Scherrnecker</hi> gewählten Namen die erträglichen einmal<lb/>
und den erträglich&#x017F;ten zweimal zu unter&#x017F;treichen ohne weitere Gründe.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>735. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 8. März 1813]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Abend, Lieber! Baierlein, Bildermann, Samels&#x017F;ohn,<lb n="25"/>
Münch können alle die Anwei&#x017F;ungen jetzo nicht gebrauchen. Eh<lb/>
ich <hi rendition="#aq">Enzel</hi> frage, be&#x017F;inn ich mich und frage dich, wie ich denn zu<lb/>
&#x017F;chreiben habe, wenn ich die Anwei&#x017F;ungen gerade zu an die Be-<lb/>
hörden &#x017F;chicke. &#x2014; Du &#x017F;ollte&#x017F;t aber &#x017F;ehen, wie einem alles &#x017F;eit dem<lb/>
Matthias Tage &#x2014; denn da fing ich an &#x2014; unter den Händen wäch&#x017F;t<lb n="30"/>
und quillt, wenn man zwei Jahre lang am Plane gearbeitet hat,<lb/>
um ganz Herr der wilden und kraftvollen Materie zu &#x017F;ein, die im<lb/>
Antititan zu bändigen i&#x017F;t. Jetzo wäre mir der Tod ganz fatal und<lb/>
ein &#x017F;chlechter Spaß bei meinem be&#x017F;&#x017F;ern.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0330] 732. An Otto. [Bayreuth, Febr. (?) 1813] In dieſer einquetſchenden Zeit lüftet doch der preußiſche Staat einem die Bruſt; und er macht etwas vom J[ahre] 1806 gut. Seit langer Zeit hat mich keine Zeitung ſo erwärmt als dieſe. — Heute fiel 5 mir auf einmal ein, ob Pr[eußen] ſich nicht gegen Oeſtreich rüſte. 733. An Otto. [Bayreuth, Ende Febr. 1813?] Guten Morgen, Alter! Beikommenden Dintenkopf ſei ſo gut, mir zwiſchen 12—1 wieder leer zukommen zu laſſen, weil ich mich 10 heute ans opus magnum mache. Ich verſuche eine neue Dinte, die alte berühmte Dresdner, und erwarte den Erfolg. — Ein Schieferdecker aus der Ochſengaſſe wünſcht einige Verſe von mir, die er oben vortragen will. Der neuliche Affen-Régisseur ging mich um eine dramaturgiſche Darſtellung ſeines Viehs für die 15 Zeitung gegen zwei Freibillets im Parterre an. 734. An Otto. [Bayreuth, Ende Febr. 1813?] Lieber Alter! Es verdrieße dich doch nicht, da ich heute an meinem Romane fortarbeite, unter den neuen für den leichtſinnigen, eſſenden, 20 ſpaßenden Scherrnecker gewählten Namen die erträglichen einmal und den erträglichſten zweimal zu unterſtreichen ohne weitere Gründe. 735. An Otto. [Bayreuth, 8. März 1813] Guten Abend, Lieber! Baierlein, Bildermann, Samelsſohn, 25 Münch können alle die Anweiſungen jetzo nicht gebrauchen. Eh ich Enzel frage, beſinn ich mich und frage dich, wie ich denn zu ſchreiben habe, wenn ich die Anweiſungen gerade zu an die Be- hörden ſchicke. — Du ſollteſt aber ſehen, wie einem alles ſeit dem Matthias Tage — denn da fing ich an — unter den Händen wächſt 30 und quillt, wenn man zwei Jahre lang am Plane gearbeitet hat, um ganz Herr der wilden und kraftvollen Materie zu ſein, die im Antititan zu bändigen iſt. Jetzo wäre mir der Tod ganz fatal und ein ſchlechter Spaß bei meinem beſſern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/330
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/330>, abgerufen am 24.11.2024.