sie ihr, wenn sie auch wollte, da sie fast immer zu sehr und zwar mit Thaten, nicht mit Worten andern opfert, nicht einmal erlauben. Sie ist mit nichts geizig als mit der Zeit; und sie versäumte z. B. lieber die Sommerkonzerte als ihre häuslichen Arbeiten. Sogar ich muß oft einen Monat lange warten, bis diese ihr Zeit zum Ab-5 schreiben meiner Manuskripte gestatten. Sie werden daher die Güte haben, Ihre Instrukzionen über die Fortschaffung Ihrer Möbeln Ihren zahlreichen Freundinnen und Freunden zu geben. Der Adel, wenigstens der weibliche und der militärische, hat wenig zu thun; aber eine Frau im bürgerlichen Stande desto mehr.10
Wir ließen Ihre Kammerjungfer die beiden Kammern für Ihre Möbeln besehen; sie fand sie aber für diese viel zu klein; auch die Treppe zu enge zum Hinaufschaffen mancher Kommoden. Übrigen andern Raum aber hab' ich nicht; denn selber der bisherige Inhalt der Kammern muß wieder untergebracht werden. Da der Transport15 der Möbeln Sie 2 bis 3 fl. kosten würde: könnten Sie diese nicht in irgend einer Stube des alten Quartiers aufbewahren lassen? -- Übrigens werden Sie sich noch meiner neulichen Ablehnung Ihres Wunsches erinnern, meinen Saal zum Absteigequartier zu be- kommen. Ich sagte Ihnen, daß ich alle solche Gütergemeinschaften20 mit Freunden aus Kenntnis der bösen Folgen durchaus vermiede. Auch würde durch ein solches Herleihen die ganze Ordnung des Hauses, so wie des Schlafens der Kinder und meiner Frau auf- gehoben.
H. v. Hutten war noch nicht bei uns. Fr. v. Barner sagt, sie25 kenne Ihre Möbeln nicht.
Es schmerzt mich, daß ich gegen Ihre Wünsche schreiben muß, und nicht für diese. Möge München es besser machen und Ihnen alle mütterlichen erfüllen!
Ich und meine Frau grüßen Sie herzlich und alles was Sie30 liebend umgibt.
948. An Emanuel.
[Bayreuth] d. 9. Nov. 1814
Ich wollte heute, mein geliebter Emanuel, meinen Dank über die Freude, die Sie einer ganzen Familie gegeben, ausdrücken und35 strömte wirklich -- denn die Augen, nicht blos die Feder waren dabei
ſie ihr, wenn ſie auch wollte, da ſie faſt immer zu ſehr und zwar mit Thaten, nicht mit Worten andern opfert, nicht einmal erlauben. Sie iſt mit nichts geizig als mit der Zeit; und ſie verſäumte z. B. lieber die Sommerkonzerte als ihre häuslichen Arbeiten. Sogar ich muß oft einen Monat lange warten, bis dieſe ihr Zeit zum Ab-5 ſchreiben meiner Manuſkripte geſtatten. Sie werden daher die Güte haben, Ihre Inſtrukzionen über die Fortſchaffung Ihrer Möbeln Ihren zahlreichen Freundinnen und Freunden zu geben. Der Adel, wenigſtens der weibliche und der militäriſche, hat wenig zu thun; aber eine Frau im bürgerlichen Stande deſto mehr.10
Wir ließen Ihre Kammerjungfer die beiden Kammern für Ihre Möbeln beſehen; ſie fand ſie aber für dieſe viel zu klein; auch die Treppe zu enge zum Hinaufſchaffen mancher Kommoden. Übrigen andern Raum aber hab’ ich nicht; denn ſelber der bisherige Inhalt der Kammern muß wieder untergebracht werden. Da der Transport15 der Möbeln Sie 2 bis 3 fl. koſten würde: könnten Sie dieſe nicht in irgend einer Stube des alten Quartiers aufbewahren laſſen? — Übrigens werden Sie ſich noch meiner neulichen Ablehnung Ihres Wunſches erinnern, meinen Saal zum Abſteigequartier zu be- kommen. Ich ſagte Ihnen, daß ich alle ſolche Gütergemeinſchaften20 mit Freunden aus Kenntnis der böſen Folgen durchaus vermiede. Auch würde durch ein ſolches Herleihen die ganze Ordnung des Hauſes, ſo wie des Schlafens der Kinder und meiner Frau auf- gehoben.
H. v. Hutten war noch nicht bei uns. Fr. v. Barner ſagt, ſie25 kenne Ihre Möbeln nicht.
Es ſchmerzt mich, daß ich gegen Ihre Wünſche ſchreiben muß, und nicht für dieſe. Möge München es beſſer machen und Ihnen alle mütterlichen erfüllen!
Ich und meine Frau grüßen Sie herzlich und alles was Sie30 liebend umgibt.
948. An Emanuel.
[Bayreuth] d. 9. Nov. 1814
Ich wollte heute, mein geliebter Emanuel, meinen Dank über die Freude, die Sie einer ganzen Familie gegeben, ausdrücken und35 ſtrömte wirklich — denn die Augen, nicht blos die Feder waren dabei
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[407/0423]
ſie ihr, wenn ſie auch wollte, da ſie faſt immer zu ſehr und zwar mit
Thaten, nicht mit Worten andern opfert, nicht einmal erlauben.
Sie iſt mit nichts geizig als mit der Zeit; und ſie verſäumte z. B.
lieber die Sommerkonzerte als ihre häuslichen Arbeiten. Sogar ich
muß oft einen Monat lange warten, bis dieſe ihr Zeit zum Ab- 5
ſchreiben meiner Manuſkripte geſtatten. Sie werden daher die Güte
haben, Ihre Inſtrukzionen über die Fortſchaffung Ihrer Möbeln
Ihren zahlreichen Freundinnen und Freunden zu geben. Der Adel,
wenigſtens der weibliche und der militäriſche, hat wenig zu thun;
aber eine Frau im bürgerlichen Stande deſto mehr. 10
Wir ließen Ihre Kammerjungfer die beiden Kammern für Ihre
Möbeln beſehen; ſie fand ſie aber für dieſe viel zu klein; auch die
Treppe zu enge zum Hinaufſchaffen mancher Kommoden. Übrigen
andern Raum aber hab’ ich nicht; denn ſelber der bisherige Inhalt
der Kammern muß wieder untergebracht werden. Da der Transport 15
der Möbeln Sie 2 bis 3 fl. koſten würde: könnten Sie dieſe nicht
in irgend einer Stube des alten Quartiers aufbewahren laſſen? —
Übrigens werden Sie ſich noch meiner neulichen Ablehnung Ihres
Wunſches erinnern, meinen Saal zum Abſteigequartier zu be-
kommen. Ich ſagte Ihnen, daß ich alle ſolche Gütergemeinſchaften 20
mit Freunden aus Kenntnis der böſen Folgen durchaus vermiede.
Auch würde durch ein ſolches Herleihen die ganze Ordnung des
Hauſes, ſo wie des Schlafens der Kinder und meiner Frau auf-
gehoben.
H. v. Hutten war noch nicht bei uns. Fr. v. Barner ſagt, ſie 25
kenne Ihre Möbeln nicht.
Es ſchmerzt mich, daß ich gegen Ihre Wünſche ſchreiben muß,
und nicht für dieſe. Möge München es beſſer machen und Ihnen
alle mütterlichen erfüllen!
Ich und meine Frau grüßen Sie herzlich und alles was Sie 30
liebend umgibt.
948. An Emanuel.
[Bayreuth] d. 9. Nov. 1814
Ich wollte heute, mein geliebter Emanuel, meinen Dank über
die Freude, die Sie einer ganzen Familie gegeben, ausdrücken und 35
ſtrömte wirklich — denn die Augen, nicht blos die Feder waren dabei
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/423>, abgerufen am 24.11.2024.
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