Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.So komme und fahre denn alles durcheinander! -- Stuttgart d. 4ten20 Der Herzog Wilhelm ist leicht geschildert als ein Mann voll d. 5ten Eben donnerts. So wirds den ganzen Monat dauern*), aber *) so wie das Himmeleinheizen, wogegen du blos recht viel Wasser als den35
stärksten Wärmeableiter durch Verdunsten, in deine Stube zu spritzen hast. So komme und fahre denn alles durcheinander! — Stuttgart d. 4ten20 Der Herzog Wilhelm iſt leicht geſchildert als ein Mann voll d. 5ten Eben donnerts. So wirds den ganzen Monat dauern*), aber *) ſo wie das Himmeleinheizen, wogegen du blos recht viel Waſſer als den35
ſtärkſten Wärmeableiter durch Verdunſten, in deine Stube zu ſpritzen haſt. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0296" n="288"/> <p>So komme und fahre denn alles durcheinander! — <hi rendition="#aq">Stuttgart</hi><lb/> wurde mir je länger, je lieber. Die guten Menſchen da können nichts<lb/> für die Näſſe und die Gluth, die mir und ihnen ſo vieles verdarben.<lb/> Den alten Hartmann ſammt Frau und ſchönen Mädchen kann ich<lb/> gar nicht genug loben und lieben; und ſeine Tochter ſammt Mann<lb n="5"/> (Reinbeck) nahmen vor Liebe 2 mal Abſchied von mir, wiewol beide<lb/> vorher noch etwas Innigeres für mich gezeigt, daß ſie mich nämlich<lb/> zum unterſchreibenden Mitzeugen ihres Teſtaments gewählt<lb/> 〈beſtellt〉. So gehörte man auf einmal in Haus und Herz. — Von<lb/> Matthiſſon wollen wir nicht viel reden, zumal da ers ſelber nicht<lb n="10"/> thut; Gott geb’ ihm neue Gaben; inzwiſchen iſt er überall und doch<lb/> blos ſchwach. — <hi rendition="#g">Einer</hi> Weiſſerſchen Abendeinladung hab’ ich, von<lb/> Haug gequält, mich bequemt, aber der zweiten nicht, ob er gleich<lb/> in Einem fort mich um mich her verehrt und noch dazu aufrichtig<lb/> und noch dazu mit mir (das Höhere der Anſchauung ausgenommen)<lb n="15"/> ziemlich harmoniſch ſpricht; aber mit ſeinem Affengeſicht könnte<lb/> mich nur eine Kanonenkugel ausſöhnen, die ⅔ davon ausgeſtrichen<lb/> hätte. Es gibt wirklich Häßlichkeiten, welche keine Gewohnheit<lb/> übertünchen oder übermalen kann. —</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 4<hi rendition="#sup">ten</hi></hi> </dateline> <lb n="20"/> <p>Der Herzog Wilhelm iſt leicht geſchildert als ein Mann voll<lb/> handelnder Arzeneikunde, Phyſik und Menſchenliebe; aber die Frau!<lb/> Sie lebt und wohnt 〈bettet ſich〉 auf den weichen Blütenſpitzen der<lb/> Phantaſie und fällt daher immer herunter — der wahre Unbeſtand<lb/> in allem, zumal in Freude und Trauer — ſie bekannte mir alle ihre<lb n="25"/> Fehler und deren Quellen, (was aber zu nichts fruchtet) und ſagte,<lb/> Matthiſſon ſei ihr zum Rathen nicht kräftig genug. Mich gewann<lb/> ſie ſehr lieb, ich mußte ihr aber zuletzt doch einige Beſuche abſchlagen.<lb/> Sie wird mir ſchreiben. — Himmel! wie ſchön und groß ſind die<lb/> Stuttgarter Mädchenaugen! Die <hi rendition="#aq">Hartmann</hi> bat mir einen gan-<lb n="30"/> zen weiblichen Augen Th<hi rendition="#aq">é</hi>e zuſammen. —</p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 5<hi rendition="#sup">ten</hi></hi> </dateline><lb/> <p>Eben donnerts. So wirds den ganzen Monat dauern<note place="foot" n="*)">ſo wie das Himmeleinheizen, wogegen du blos recht viel Waſſer als den<lb n="35"/> ſtärkſten Wärmeableiter durch Verdunſten, in deine Stube zu ſpritzen haſt.</note>, aber<lb/> immer mit Übergewicht ſchöner Tage. — Schreibe mir doch Anſang<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [288/0296]
So komme und fahre denn alles durcheinander! — Stuttgart
wurde mir je länger, je lieber. Die guten Menſchen da können nichts
für die Näſſe und die Gluth, die mir und ihnen ſo vieles verdarben.
Den alten Hartmann ſammt Frau und ſchönen Mädchen kann ich
gar nicht genug loben und lieben; und ſeine Tochter ſammt Mann 5
(Reinbeck) nahmen vor Liebe 2 mal Abſchied von mir, wiewol beide
vorher noch etwas Innigeres für mich gezeigt, daß ſie mich nämlich
zum unterſchreibenden Mitzeugen ihres Teſtaments gewählt
〈beſtellt〉. So gehörte man auf einmal in Haus und Herz. — Von
Matthiſſon wollen wir nicht viel reden, zumal da ers ſelber nicht 10
thut; Gott geb’ ihm neue Gaben; inzwiſchen iſt er überall und doch
blos ſchwach. — Einer Weiſſerſchen Abendeinladung hab’ ich, von
Haug gequält, mich bequemt, aber der zweiten nicht, ob er gleich
in Einem fort mich um mich her verehrt und noch dazu aufrichtig
und noch dazu mit mir (das Höhere der Anſchauung ausgenommen) 15
ziemlich harmoniſch ſpricht; aber mit ſeinem Affengeſicht könnte
mich nur eine Kanonenkugel ausſöhnen, die ⅔ davon ausgeſtrichen
hätte. Es gibt wirklich Häßlichkeiten, welche keine Gewohnheit
übertünchen oder übermalen kann. —
d. 4ten 20
Der Herzog Wilhelm iſt leicht geſchildert als ein Mann voll
handelnder Arzeneikunde, Phyſik und Menſchenliebe; aber die Frau!
Sie lebt und wohnt 〈bettet ſich〉 auf den weichen Blütenſpitzen der
Phantaſie und fällt daher immer herunter — der wahre Unbeſtand
in allem, zumal in Freude und Trauer — ſie bekannte mir alle ihre 25
Fehler und deren Quellen, (was aber zu nichts fruchtet) und ſagte,
Matthiſſon ſei ihr zum Rathen nicht kräftig genug. Mich gewann
ſie ſehr lieb, ich mußte ihr aber zuletzt doch einige Beſuche abſchlagen.
Sie wird mir ſchreiben. — Himmel! wie ſchön und groß ſind die
Stuttgarter Mädchenaugen! Die Hartmann bat mir einen gan- 30
zen weiblichen Augen Thée zuſammen. —
d. 5ten
Eben donnerts. So wirds den ganzen Monat dauern *), aber
immer mit Übergewicht ſchöner Tage. — Schreibe mir doch Anſang
*) ſo wie das Himmeleinheizen, wogegen du blos recht viel Waſſer als den 35
ſtärkſten Wärmeableiter durch Verdunſten, in deine Stube zu ſpritzen haſt.
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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