Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.gift sehr nöthig. -- Sage Voß mit einem Gruße, daß ich durch meine Deine Bibliolatrie ist mir freilich 100 mal lieber als eine Biblio- d. 16. Jul. In deinem sehr schönen Brief an Thingen hab' ich -- schon aus poli- gift ſehr nöthig. — Sage Voß mit einem Gruße, daß ich durch meine Deine Bibliolatrie iſt mir freilich 100 mal lieber als eine Biblio- d. 16. Jul. In deinem ſehr ſchönen Brief an Thingen hab’ ich — ſchon aus poli- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0133" n="127"/> gift ſehr nöthig. — Sage <hi rendition="#aq">Voß</hi> mit einem Gruße, daß ich durch meine<lb/> Erwähnung eines Aufſatzes von ihm über den <hi rendition="#aq">Kometen</hi> in der ele-<lb/> ganten Zeitung weiter nichts wollte als ſcherzen über ſein — ge-<lb/> brochenes Verſprechen; und endlich entſchuldige mein Schweigen mit<lb/> dieſem Doppelſchreiben. —<lb n="5"/> </p> <p>Deine Bibliolatrie iſt mir freilich 100 mal lieber als eine Biblio-<lb/> phobie bei einem Jüngling; und das Fruchttreiben des Herzens, ſei es<lb/> auf welchem Boden es will, mir das Wichtigſte. Freilich kannſt du im<lb/> N[euen] Teſtament — ſo wie in jedem alten Buche, z. B. im Homer<lb/> ſogar die Bibel — alles finden was du vorher hinein — gelegt. Gebrauche<lb n="10"/> doch als Kühlofen oder als Sehglas die Kommentarien [von] Paulus<lb/> darüber. — Bringe mehr Licht und Beſtimmtheit in deinen Briefſtil, den<lb/> ſogar ich nicht immer ausrathe; auch mehr Deutſch in dein Deutſch,<lb/> z. B. „wenn ich in deine Stube <hi rendition="#g">herein</hi> ſehe“ muß heißen <hi rendition="#g">hinein;</hi> „das<lb/> Buch <hi rendition="#g">was</hi>“ muß heißen <hi rendition="#g">das</hi> oder <hi rendition="#g">welches;</hi> nicht „<hi rendition="#g">Reuter</hi>“ (von<lb n="15"/> ausreuten, ausroden) ſondern <hi rendition="#g">Reiter.</hi></p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 16. Jul.</hi> </dateline><lb/> <p>In deinem ſehr ſchönen Brief an <hi rendition="#aq">Thingen</hi> hab’ ich — ſchon aus poli-<lb/> tiſchen Gründen — das ganz falſche Urtheil über <hi rendition="#g">Sand</hi> ausgeſtrichen,<lb/> deſſen eben ſo unſittliche als unverſtändige That Deutſchland eben auf<lb n="20"/> die Sandbank wieder gebracht. Nach ſeinem Grundſatz dürfte jeder<lb/> Katholik Luthern, Voltairen, und jeden großen prot[eſt]antiſchen<lb/> Miniſter ermorden. Sterben für eine Idee iſt leichter als für eine leben.<lb/> Noch gehen ſeit Jahrhunderten die blühenden Wittwen in Hindoſtan<lb/> jährlich in den Feuertod für ihre Männer. Die <hi rendition="#g">Spahnr</hi>eliquie iſt gar<lb n="25"/> lächerlich und hat etwas von h[eiligen] Kreuz-Spähnen. Eben ſo gut<lb/> könnte man Manheimer Sand, worauf er getreten, verſchicken. Warum<lb/> nicht den Mond zu ſeiner Reliquie gemacht, weil er ihn oft angeſehen?<lb/> — <hi rendition="#aq">Schelling</hi> war wieder bei mir; wir könnten recht innige Freunde<lb/> werden, wären wir an Einem Orte, ſo ruhig und mild ſprach er über<lb n="30"/> Herder und Sätze. Der junge <hi rendition="#aq">Kapp</hi> trank von mir mit Vortheil ma-<lb/> gnetiſiertes Waſſer und iſt jetzo in <hi rendition="#aq">Marienbad.</hi> — Deine Handſchrift<lb/> beſſert ſich; nur die ll ſchreibe nicht ld. — Um dem reichen <hi rendition="#aq">Thingen</hi><lb/> Porto zu erſparen, mußte ich 1 fl. geben, zumal da du auf ſo unbedeu-<lb/> tende Druckſachen geſchrieben: Werth 7 fl., was nicht wahr war. So<lb n="35"/> ſchriebſt du ganz unrecht 12 fl. auf die letzten. Ich ſchreibe auf meine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [127/0133]
gift ſehr nöthig. — Sage Voß mit einem Gruße, daß ich durch meine
Erwähnung eines Aufſatzes von ihm über den Kometen in der ele-
ganten Zeitung weiter nichts wollte als ſcherzen über ſein — ge-
brochenes Verſprechen; und endlich entſchuldige mein Schweigen mit
dieſem Doppelſchreiben. — 5
Deine Bibliolatrie iſt mir freilich 100 mal lieber als eine Biblio-
phobie bei einem Jüngling; und das Fruchttreiben des Herzens, ſei es
auf welchem Boden es will, mir das Wichtigſte. Freilich kannſt du im
N[euen] Teſtament — ſo wie in jedem alten Buche, z. B. im Homer
ſogar die Bibel — alles finden was du vorher hinein — gelegt. Gebrauche 10
doch als Kühlofen oder als Sehglas die Kommentarien [von] Paulus
darüber. — Bringe mehr Licht und Beſtimmtheit in deinen Briefſtil, den
ſogar ich nicht immer ausrathe; auch mehr Deutſch in dein Deutſch,
z. B. „wenn ich in deine Stube herein ſehe“ muß heißen hinein; „das
Buch was“ muß heißen das oder welches; nicht „Reuter“ (von 15
ausreuten, ausroden) ſondern Reiter.
d. 16. Jul.
In deinem ſehr ſchönen Brief an Thingen hab’ ich — ſchon aus poli-
tiſchen Gründen — das ganz falſche Urtheil über Sand ausgeſtrichen,
deſſen eben ſo unſittliche als unverſtändige That Deutſchland eben auf 20
die Sandbank wieder gebracht. Nach ſeinem Grundſatz dürfte jeder
Katholik Luthern, Voltairen, und jeden großen prot[eſt]antiſchen
Miniſter ermorden. Sterben für eine Idee iſt leichter als für eine leben.
Noch gehen ſeit Jahrhunderten die blühenden Wittwen in Hindoſtan
jährlich in den Feuertod für ihre Männer. Die Spahnreliquie iſt gar 25
lächerlich und hat etwas von h[eiligen] Kreuz-Spähnen. Eben ſo gut
könnte man Manheimer Sand, worauf er getreten, verſchicken. Warum
nicht den Mond zu ſeiner Reliquie gemacht, weil er ihn oft angeſehen?
— Schelling war wieder bei mir; wir könnten recht innige Freunde
werden, wären wir an Einem Orte, ſo ruhig und mild ſprach er über 30
Herder und Sätze. Der junge Kapp trank von mir mit Vortheil ma-
gnetiſiertes Waſſer und iſt jetzo in Marienbad. — Deine Handſchrift
beſſert ſich; nur die ll ſchreibe nicht ld. — Um dem reichen Thingen
Porto zu erſparen, mußte ich 1 fl. geben, zumal da du auf ſo unbedeu-
tende Druckſachen geſchrieben: Werth 7 fl., was nicht wahr war. So 35
ſchriebſt du ganz unrecht 12 fl. auf die letzten. Ich ſchreibe auf meine
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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