Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.Professor Huscher, bei welchem er auf der Herreise einen Tag blieb, Ich habe Ihre Kataloge bis zur 6ten Nummer (incl.) und bitte Sie Ich danke Ihnen im Voraus. Gott verschone Sie vor jedem ähn-10 *212. An Elisa von der Recke in Dresden. Baireut d. 29 Sept. 182115Verehrteste Frau Gräfin! Verzeihen Sie die Verzögerung des Danks; durch diese antwortet So sah ich denn hier an Einem Abende an Einem Tische zwei Bald- Profeſſor Huscher, bei welchem er auf der Herreiſe einen Tag blieb, Ich habe Ihre Kataloge bis zur 6ten Nummer (incl.) und bitte Sie Ich danke Ihnen im Voraus. Gott verſchone Sie vor jedem ähn-10 *212. An Eliſa von der Recke in Dresden. Baireut d. 29 Sept. 182115Verehrteſte Frau Gräfin! Verzeihen Sie die Verzögerung des Danks; durch dieſe antwortet So ſah ich denn hier an Einem Abende an Einem Tiſche zwei Bald- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0143" n="136"/> <p>Profeſſor <hi rendition="#aq">Huscher,</hi> bei welchem er auf der Herreiſe einen Tag blieb,<lb/> und dem ich hier für ſeine Liebe durch Sie danken laſſe, kann Ihnen<lb/> malen, was ich verloren.</p><lb/> <p>Ich habe Ihre Kataloge bis zur 6<hi rendition="#sup">ten</hi> Nummer (<hi rendition="#aq">incl.</hi>) und bitte Sie<lb/> um die übrigen. Laſſen Sie eiligſt — damit Fuhrmann Weber in meiner<lb n="5"/> Noth mir künf ige Woche Bücher bringt — ein Käſtchen dazu von der<lb/> Größe des vorigen machen. Bin ich Ihnen nicht noch Leſegeld ſchuldig?<lb/> Mit Vergnügen zahl’ ich für alles jeden begehrten Preis. — Die Bücher<lb/> laſſen Sie für mich genau nach der Rangſtellung ausleſen.</p><lb/> <p>Ich danke Ihnen im Voraus. Gott verſchone Sie vor jedem ähn-<lb n="10"/> lichen Unglück! Grüßen Sie herzlich Ihre theuerſte Gattin und ſchönen<lb/> Kinder; mich verſchonen Sie aber ja, auch mit dem kleinſten Troſtes-<lb/> wort!</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>*212. An <hi rendition="#g">Eliſa von der Recke in Dresden.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 29 Sept. 1821</hi> </dateline> <lb n="15"/> <salute> <hi rendition="#right">Verehrteſte Frau Gräfin!</hi> </salute><lb/> <p>Verzeihen Sie die Verzögerung des Danks; durch dieſe antwortet<lb/> jetzo ein Schmerz dem andern; der beraubten Schweſter der beraubte<lb/> Vater; denn mein achtzehnjähriger einziger Sohn iſt in dieſer Woche<lb/> geſtorben und mit ihm meine ſchönere Erdenzukunft eingeſargt. —<lb n="20"/> </p> <p>So ſah ich denn hier an Einem Abende an Einem Tiſche zwei Bald-<lb/> Sterbende neben einander im Gaſthofe, die himmliſche <hi rendition="#aq">Theodora</hi> neben<lb/> dem Prinzen <hi rendition="#aq">Biron.</hi> Auf ihrem ſonſt ſo nachblühenden Angeſicht fand ich<lb/> ſogar bei der Lichtverſchönerung ihre nahe Grabſchrift lesbar. Aber ihr<lb/> Leben — dieß ſei der Troſt der edeln Schweſter — war ein langer Früh-<lb n="25"/> ling voll ausgetheilter und empfangner Maitage, ein ſanfter Gang durch<lb/> einen immerblühenden Garten und das Grab war nur das Haha eines<lb/> Parks, das die unbegränzten Gefilde mit den begränzten verknüpft.<lb/> Und in ihrer letzten Stunde hatte ſie noch die geſegnete Hand einer<lb/> Schweſter zum ſanfteſten Hinwegbegleiten aus dem Leben in der<lb n="30"/> erkaltenden Hand. Verehrteſte Frau Gräfin! Sie tröſtet am ſchönſten<lb/> Ihr letztes Beiſtehen; und glauben Sie, Ihre fromme und chriſtlich-<lb/> kraftvolle Gegenwart war noch warmer Sonnenſchein für die letzten<lb/> kalten Stunden des Lebens; denn was die rauhe Sprache Todeskampf<lb/> nennt — der nur ein äußeres ungefühltes Muſkelzucken iſt — ſchließet das<lb n="35"/><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0143]
Profeſſor Huscher, bei welchem er auf der Herreiſe einen Tag blieb,
und dem ich hier für ſeine Liebe durch Sie danken laſſe, kann Ihnen
malen, was ich verloren.
Ich habe Ihre Kataloge bis zur 6ten Nummer (incl.) und bitte Sie
um die übrigen. Laſſen Sie eiligſt — damit Fuhrmann Weber in meiner 5
Noth mir künf ige Woche Bücher bringt — ein Käſtchen dazu von der
Größe des vorigen machen. Bin ich Ihnen nicht noch Leſegeld ſchuldig?
Mit Vergnügen zahl’ ich für alles jeden begehrten Preis. — Die Bücher
laſſen Sie für mich genau nach der Rangſtellung ausleſen.
Ich danke Ihnen im Voraus. Gott verſchone Sie vor jedem ähn- 10
lichen Unglück! Grüßen Sie herzlich Ihre theuerſte Gattin und ſchönen
Kinder; mich verſchonen Sie aber ja, auch mit dem kleinſten Troſtes-
wort!
*212. An Eliſa von der Recke in Dresden.
Baireut d. 29 Sept. 1821 15
Verehrteſte Frau Gräfin!
Verzeihen Sie die Verzögerung des Danks; durch dieſe antwortet
jetzo ein Schmerz dem andern; der beraubten Schweſter der beraubte
Vater; denn mein achtzehnjähriger einziger Sohn iſt in dieſer Woche
geſtorben und mit ihm meine ſchönere Erdenzukunft eingeſargt. — 20
So ſah ich denn hier an Einem Abende an Einem Tiſche zwei Bald-
Sterbende neben einander im Gaſthofe, die himmliſche Theodora neben
dem Prinzen Biron. Auf ihrem ſonſt ſo nachblühenden Angeſicht fand ich
ſogar bei der Lichtverſchönerung ihre nahe Grabſchrift lesbar. Aber ihr
Leben — dieß ſei der Troſt der edeln Schweſter — war ein langer Früh- 25
ling voll ausgetheilter und empfangner Maitage, ein ſanfter Gang durch
einen immerblühenden Garten und das Grab war nur das Haha eines
Parks, das die unbegränzten Gefilde mit den begränzten verknüpft.
Und in ihrer letzten Stunde hatte ſie noch die geſegnete Hand einer
Schweſter zum ſanfteſten Hinwegbegleiten aus dem Leben in der 30
erkaltenden Hand. Verehrteſte Frau Gräfin! Sie tröſtet am ſchönſten
Ihr letztes Beiſtehen; und glauben Sie, Ihre fromme und chriſtlich-
kraftvolle Gegenwart war noch warmer Sonnenſchein für die letzten
kalten Stunden des Lebens; denn was die rauhe Sprache Todeskampf
nennt — der nur ein äußeres ungefühltes Muſkelzucken iſt — ſchließet das 35
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |