Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.Endlich kam ich als Oberzollbeamter nach Cronach, aber die Gehalts- Nach 10 Monaten kam ich als Oberzollbeamter nach Bamberg; An dieses Unglück schloß sich ein größeres an, die Wiedererstattung Jetzt hatten meine wahrhaft unverschuldeten Schulden, womit Mit einem 2/3 Gehalte nun zu leben nebst vier Kindern -- unter Endlich wurde ich 1818 aus dem theuern Bamberg wieder versetzt zur Ich vermuthete nämlich große Zolldefraudazionen bei der Holz- Aber mein Misgeschick entwandte mir wieder diesen Antheil; das35 Endlich kam ich als Oberzollbeamter nach Cronach, aber die Gehalts- Nach 10 Monaten kam ich als Oberzollbeamter nach Bamberg; An dieſes Unglück ſchloß ſich ein größeres an, die Wiedererſtattung Jetzt hatten meine wahrhaft unverſchuldeten Schulden, womit Mit einem ⅔ Gehalte nun zu leben nebſt vier Kindern — unter Endlich wurde ich 1818 aus dem theuern Bamberg wieder verſetzt zur Ich vermuthete nämlich große Zolldefraudazionen bei der Holz- Aber mein Misgeſchick entwandte mir wieder dieſen Antheil; das35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0161" n="154"/> <p>Endlich kam ich als Oberzollbeamter nach <hi rendition="#aq">Cronach,</hi> aber die Gehalts-<lb/> zulage blieb mir blos verſprochen.</p><lb/> <p>Nach 10 Monaten kam ich als Oberzollbeamter nach <hi rendition="#aq">Bamberg;</hi><lb/> aber noch ohne Zulage; bis ich endlich nach dem 5<hi rendition="#sup">ten</hi> Monat eine von<lb/> 400 fl. erhielt. Nun aber mußte ich dem <hi rendition="#aq">Aerar</hi> die erhaltenen Umzugs-<lb n="5"/> koſten von 300 fl. bei dem Verſetzen von <hi rendition="#aq">München</hi> nach <hi rendition="#aq">Cronach</hi> und<lb/> von da nach <hi rendition="#aq">Bamberg</hi> wieder zurückzahlen.</p><lb/> <p>An dieſes Unglück ſchloß ſich ein größeres an, die Wiedererſtattung<lb/> von 500 fl., deren Raub aus meinem Geſchäftszimmer (wahrſcheinlich<lb/> in der Meßzeit während des Zudrangs der Zollpflichtigen) ich erſt ſpät<lb n="10"/> unter dem arbeitvollen Ordnen der verworrenen Regiſtratur von<lb/> 170,000 fl. wahrnahm.</p><lb/> <p>Jetzt hatten meine wahrhaft <hi rendition="#g">unverſchuldeten</hi> Schulden, womit<lb/> mich Unglück und Zinſenwucher zugleich beluden, die ſchreckliche Höhe<lb/> von 4000 fl. erreicht, gegen welche ich nur durch einen gerichtlichen<lb n="15"/> Vergleich jährlicher ſucceſſiver Abzahlung aus meinem Gehalte eine<lb/> ſchmerzliche Hülfe fand.</p><lb/> <p>Mit einem ⅔ Gehalte nun zu leben nebſt vier Kindern — unter<lb/> Einquartierungen — durch die Hungerjahre 1816 und 1817 hindurch —<lb/> hieß nicht leben, ſondern leiden.<lb n="20"/> </p> <p>Endlich wurde ich 1818 aus dem theuern <hi rendition="#aq">Bamberg</hi> wieder verſetzt zur<lb/> Errichtung des dritten Oberzollamtes, nach <hi rendition="#aq">Miltenberg,</hi> blos um drei<lb/> Hoffnungen getäuſcht zu ſehen, erſtlich die der Wohlfeilheit, zweitens die<lb/> Hoffnung einer Bildung für meine Kinder, da das Gymnaſium auf-<lb/> gehoben und alle Schulen entfernt waren. Eine dritte Hoffnung ging<lb n="25"/> verloren, jedoch nur für mich, nicht für den Staat.</p><lb/> <p>Ich vermuthete nämlich große Zolldefraudazionen bei der Holz-<lb/> Ausfuhr auf dem Main; — und fand nach einer vierzehntägigen<lb/> Arbeit von Abmeſſung, Abzählung und Berechnung ungeheuerer<lb/> Maſſen der verſchiedenſten Holzgattungen — eine Arbeit, die mich ein-<lb n="30"/> mal in Lebensgefahr, in den Mainſtrom ſtürzte — eine ſolche Menge<lb/> von Defraudanten, daß mir gerichtlich nach Werth-Maßgabe des<lb/> Objektes nach der Vorſchrift des Geſetzes ein mehr als 1200 fl. be-<lb/> tragender <hi rendition="#aq">Denunciations</hi>-Antheil zuerkannt wurde.</p><lb/> <p>Aber mein Misgeſchick entwandte mir wieder dieſen Antheil; das<lb n="35"/> Amts-Perſonale neidete, klagte und kehrte eine ſpätere, im Oktober<lb/> 1819 zur Zeit meiner Entdeckung gar noch nicht geborene Verfügung,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0161]
Endlich kam ich als Oberzollbeamter nach Cronach, aber die Gehalts-
zulage blieb mir blos verſprochen.
Nach 10 Monaten kam ich als Oberzollbeamter nach Bamberg;
aber noch ohne Zulage; bis ich endlich nach dem 5ten Monat eine von
400 fl. erhielt. Nun aber mußte ich dem Aerar die erhaltenen Umzugs- 5
koſten von 300 fl. bei dem Verſetzen von München nach Cronach und
von da nach Bamberg wieder zurückzahlen.
An dieſes Unglück ſchloß ſich ein größeres an, die Wiedererſtattung
von 500 fl., deren Raub aus meinem Geſchäftszimmer (wahrſcheinlich
in der Meßzeit während des Zudrangs der Zollpflichtigen) ich erſt ſpät 10
unter dem arbeitvollen Ordnen der verworrenen Regiſtratur von
170,000 fl. wahrnahm.
Jetzt hatten meine wahrhaft unverſchuldeten Schulden, womit
mich Unglück und Zinſenwucher zugleich beluden, die ſchreckliche Höhe
von 4000 fl. erreicht, gegen welche ich nur durch einen gerichtlichen 15
Vergleich jährlicher ſucceſſiver Abzahlung aus meinem Gehalte eine
ſchmerzliche Hülfe fand.
Mit einem ⅔ Gehalte nun zu leben nebſt vier Kindern — unter
Einquartierungen — durch die Hungerjahre 1816 und 1817 hindurch —
hieß nicht leben, ſondern leiden. 20
Endlich wurde ich 1818 aus dem theuern Bamberg wieder verſetzt zur
Errichtung des dritten Oberzollamtes, nach Miltenberg, blos um drei
Hoffnungen getäuſcht zu ſehen, erſtlich die der Wohlfeilheit, zweitens die
Hoffnung einer Bildung für meine Kinder, da das Gymnaſium auf-
gehoben und alle Schulen entfernt waren. Eine dritte Hoffnung ging 25
verloren, jedoch nur für mich, nicht für den Staat.
Ich vermuthete nämlich große Zolldefraudazionen bei der Holz-
Ausfuhr auf dem Main; — und fand nach einer vierzehntägigen
Arbeit von Abmeſſung, Abzählung und Berechnung ungeheuerer
Maſſen der verſchiedenſten Holzgattungen — eine Arbeit, die mich ein- 30
mal in Lebensgefahr, in den Mainſtrom ſtürzte — eine ſolche Menge
von Defraudanten, daß mir gerichtlich nach Werth-Maßgabe des
Objektes nach der Vorſchrift des Geſetzes ein mehr als 1200 fl. be-
tragender Denunciations-Antheil zuerkannt wurde.
Aber mein Misgeſchick entwandte mir wieder dieſen Antheil; das 35
Amts-Perſonale neidete, klagte und kehrte eine ſpätere, im Oktober
1819 zur Zeit meiner Entdeckung gar noch nicht geborene Verfügung,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |