Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

Bild:
<< vorherige Seite

Klöse mit Frau und Tochter will dich heute abends besuchen. -- Ich
habe ziemliche Gesundheit, keine Diarrhöe und (vielleicht durch die
Hitze) weniger Schwind[el]. -- Was soll ich den Kindern und der Magd
mitbringen? Und für dich nenne selber ein Modestück, da ich noch keine
Frau zum Rathen kenne. -- Adressiere: abzugeben im baierschen Hofe5
bei H. Auerheimer. -- -- Mög' es dir recht wohl ergehen! Wie
oft will ich, zumal erwachend, in der Täuschung zu dir laufen und
fragen und klagen! -- Meine Kinder grüß ich mit dem väterlich-
sten Herzen.

Dein10
alter liebender
Richter
393. An Karoline Richter.

Dein theueres Briefchen, meine geliebte Karoline, hab ich gestern15
am Mittagtische erhalten -- du meines gestern am Morgen --;
und deine Antwort darauf wird hoff ich morgen ankommen. Ich bleibe
in meinem recht schönen Gasthofquartier, aus Ekel an Umziehen und
Probieren. Der mir schon seit vielen Jahren ergebene Auerheimer,
dessen Charakter alle Welt lobt, versprach mir billige Rücksicht in20
seiner künftigen Rechnung; und ich reise denn erst künftige Woche.
Die Hauptschwierigkeit des Schickens -- da ein Lohnbedienter täglich
1 fl. verlangt und die Leute im Gasthofe nicht zu den vielen kleinen
Gängen berufen sind -- wurde mir durch den im Gasthofe mit seinem
Buchladen einquartierten höchst gefälligen Buchhändler Eichhorn25
gehoben, der mir seinen Diener wie seine Bücher zu jeder Stunde leiht.
Mittags um 121/2 Uhr und abends um 81/4 ess' ich unten; habe Morgen-
sonne, das kunstgerechte Bett, kein Kopf-, kein Herz- und Unterleibübel,
zu viel Appetit und gar keine Mozion, ausgenommen gestern den kurzen
Gang ins Museum. Das hiesige, obwol schwächere Bier ist mir30
ordentliche Arzenei. Ich habe noch über ein 1/3 meines Weins, weil ich
noch zu keinen Arbeiten gekommen*). Dr Osterhausen, bei dem ich
meine Karte zurück gelassen, hat mich noch nicht besucht; der seit langen
gegen mich erkältete van Hoven ohnehin nicht. An der Wirthstafel

*) kanns auch nicht, weil ich an fremden Orten zuviel zu lesen etc. etc. habe.35

Klöse mit Frau und Tochter will dich heute abends beſuchen. — Ich
habe ziemliche Geſundheit, keine Diarrhöe und (vielleicht durch die
Hitze) weniger Schwind[el]. — Was ſoll ich den Kindern und der Magd
mitbringen? Und für dich nenne ſelber ein Modeſtück, da ich noch keine
Frau zum Rathen kenne. — Adreſſiere: abzugeben im baierſchen Hofe5
bei H. Auerheimer. — — Mög’ es dir recht wohl ergehen! Wie
oft will ich, zumal erwachend, in der Täuſchung zu dir laufen und
fragen und klagen! — Meine Kinder grüß ich mit dem väterlich-
ſten Herzen.

Dein10
alter liebender
Richter
393. An Karoline Richter.

Dein theueres Briefchen, meine geliebte Karoline, hab ich geſtern15
am Mittagtiſche erhalten — du meines geſtern am Morgen —;
und deine Antwort darauf wird hoff ich morgen ankommen. Ich bleibe
in meinem recht ſchönen Gaſthofquartier, aus Ekel an Umziehen und
Probieren. Der mir ſchon ſeit vielen Jahren ergebene Auerheimer,
deſſen Charakter alle Welt lobt, verſprach mir billige Rückſicht in20
ſeiner künftigen Rechnung; und ich reiſe denn erſt künftige Woche.
Die Hauptſchwierigkeit des Schickens — da ein Lohnbedienter täglich
1 fl. verlangt und die Leute im Gaſthofe nicht zu den vielen kleinen
Gängen berufen ſind — wurde mir durch den im Gaſthofe mit ſeinem
Buchladen einquartierten höchſt gefälligen Buchhändler Eichhorn25
gehoben, der mir ſeinen Diener wie ſeine Bücher zu jeder Stunde leiht.
Mittags um 12½ Uhr und abends um 8¼ eſſ’ ich unten; habe Morgen-
ſonne, das kunſtgerechte Bett, kein Kopf-, kein Herz- und Unterleibübel,
zu viel Appetit und gar keine Mozion, ausgenommen geſtern den kurzen
Gang ins Muſeum. Das hieſige, obwol ſchwächere Bier iſt mir30
ordentliche Arzenei. Ich habe noch über ein ⅓ meines Weins, weil ich
noch zu keinen Arbeiten gekommen*). Dr Oſterhauſen, bei dem ich
meine Karte zurück gelaſſen, hat mich noch nicht beſucht; der ſeit langen
gegen mich erkältete van Hoven ohnehin nicht. An der Wirthstafel

*) kanns auch nicht, weil ich an fremden Orten zuviel zu leſen ꝛc. ꝛc. habe.35
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0243" n="234"/><hi rendition="#aq">Klöse</hi> mit Frau und Tochter will dich heute abends be&#x017F;uchen. &#x2014; Ich<lb/>
habe ziemliche Ge&#x017F;undheit, keine Diarrhöe und (vielleicht durch die<lb/>
Hitze) weniger Schwind[el]. &#x2014; Was &#x017F;oll ich den Kindern und der Magd<lb/>
mitbringen? Und für dich nenne &#x017F;elber ein Mode&#x017F;tück, da ich noch keine<lb/>
Frau zum Rathen kenne. &#x2014; Adre&#x017F;&#x017F;iere: abzugeben im baier&#x017F;chen Hofe<lb n="5"/>
bei H. Auerheimer. &#x2014; &#x2014; Mög&#x2019; es dir recht wohl ergehen! Wie<lb/>
oft will ich, zumal erwachend, in der Täu&#x017F;chung zu dir laufen und<lb/>
fragen und klagen! &#x2014; Meine Kinder grüß ich mit dem väterlich-<lb/>
&#x017F;ten Herzen.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#right">Dein<lb n="10"/>
alter liebender<lb/>
Richter</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>393. An <hi rendition="#g">Karoline Richter.</hi></head><lb/>
        <dateline>Dien&#x017F;tag <hi rendition="#g">Vormittags.</hi> <hi rendition="#et">Nürnberg den 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Sept. 1823</hi></dateline><lb/>
        <p>Dein theueres Briefchen, meine geliebte Karoline, hab ich ge&#x017F;tern<lb n="15"/>
am Mittagti&#x017F;che erhalten &#x2014; du meines ge&#x017F;tern am Morgen &#x2014;;<lb/>
und deine Antwort darauf wird hoff ich morgen ankommen. Ich bleibe<lb/>
in meinem recht &#x017F;chönen Ga&#x017F;thofquartier, aus Ekel an Umziehen und<lb/>
Probieren. Der mir &#x017F;chon &#x017F;eit vielen Jahren ergebene Auerheimer,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Charakter alle Welt lobt, ver&#x017F;prach mir billige Rück&#x017F;icht in<lb n="20"/>
&#x017F;einer künftigen Rechnung; und ich rei&#x017F;e denn er&#x017F;t künftige Woche.<lb/>
Die Haupt&#x017F;chwierigkeit des Schickens &#x2014; da ein Lohnbedienter täglich<lb/>
1 fl. verlangt und die Leute im Ga&#x017F;thofe nicht zu den vielen kleinen<lb/>
Gängen berufen &#x017F;ind &#x2014; wurde mir durch den im Ga&#x017F;thofe mit &#x017F;einem<lb/>
Buchladen einquartierten höch&#x017F;t gefälligen Buchhändler <hi rendition="#aq">Eichhorn</hi><lb n="25"/>
gehoben, der mir &#x017F;einen Diener wie &#x017F;eine Bücher zu jeder Stunde leiht.<lb/>
Mittags um 12½ Uhr und abends um 8¼ e&#x017F;&#x017F;&#x2019; ich unten; habe Morgen-<lb/>
&#x017F;onne, das kun&#x017F;tgerechte Bett, kein Kopf-, kein Herz- und Unterleibübel,<lb/>
zu viel Appetit und gar keine Mozion, ausgenommen ge&#x017F;tern den kurzen<lb/>
Gang ins Mu&#x017F;eum. Das hie&#x017F;ige, obwol &#x017F;chwächere Bier i&#x017F;t mir<lb n="30"/>
ordentliche Arzenei. Ich habe noch über ein &#x2153; meines Weins, weil ich<lb/>
noch zu keinen Arbeiten gekommen<note place="foot" n="*)">kanns auch nicht, weil ich an fremden Orten zuviel zu le&#x017F;en &#xA75B;c. &#xA75B;c. habe.<lb n="35"/>
</note>. <hi rendition="#aq">Dr</hi> O&#x017F;terhau&#x017F;en, bei dem ich<lb/>
meine Karte zurück gela&#x017F;&#x017F;en, hat mich noch nicht be&#x017F;ucht; der &#x017F;eit langen<lb/>
gegen mich erkältete <hi rendition="#aq">van Hoven</hi> ohnehin nicht. An der Wirthstafel<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0243] Klöse mit Frau und Tochter will dich heute abends beſuchen. — Ich habe ziemliche Geſundheit, keine Diarrhöe und (vielleicht durch die Hitze) weniger Schwind[el]. — Was ſoll ich den Kindern und der Magd mitbringen? Und für dich nenne ſelber ein Modeſtück, da ich noch keine Frau zum Rathen kenne. — Adreſſiere: abzugeben im baierſchen Hofe 5 bei H. Auerheimer. — — Mög’ es dir recht wohl ergehen! Wie oft will ich, zumal erwachend, in der Täuſchung zu dir laufen und fragen und klagen! — Meine Kinder grüß ich mit dem väterlich- ſten Herzen. Dein 10 alter liebender Richter 393. An Karoline Richter. Dienſtag Vormittags. Nürnberg den 2ten Sept. 1823 Dein theueres Briefchen, meine geliebte Karoline, hab ich geſtern 15 am Mittagtiſche erhalten — du meines geſtern am Morgen —; und deine Antwort darauf wird hoff ich morgen ankommen. Ich bleibe in meinem recht ſchönen Gaſthofquartier, aus Ekel an Umziehen und Probieren. Der mir ſchon ſeit vielen Jahren ergebene Auerheimer, deſſen Charakter alle Welt lobt, verſprach mir billige Rückſicht in 20 ſeiner künftigen Rechnung; und ich reiſe denn erſt künftige Woche. Die Hauptſchwierigkeit des Schickens — da ein Lohnbedienter täglich 1 fl. verlangt und die Leute im Gaſthofe nicht zu den vielen kleinen Gängen berufen ſind — wurde mir durch den im Gaſthofe mit ſeinem Buchladen einquartierten höchſt gefälligen Buchhändler Eichhorn 25 gehoben, der mir ſeinen Diener wie ſeine Bücher zu jeder Stunde leiht. Mittags um 12½ Uhr und abends um 8¼ eſſ’ ich unten; habe Morgen- ſonne, das kunſtgerechte Bett, kein Kopf-, kein Herz- und Unterleibübel, zu viel Appetit und gar keine Mozion, ausgenommen geſtern den kurzen Gang ins Muſeum. Das hieſige, obwol ſchwächere Bier iſt mir 30 ordentliche Arzenei. Ich habe noch über ein ⅓ meines Weins, weil ich noch zu keinen Arbeiten gekommen *). Dr Oſterhauſen, bei dem ich meine Karte zurück gelaſſen, hat mich noch nicht beſucht; der ſeit langen gegen mich erkältete van Hoven ohnehin nicht. An der Wirthstafel *) kanns auch nicht, weil ich an fremden Orten zuviel zu leſen ꝛc. ꝛc. habe. 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/243
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/243>, abgerufen am 21.11.2024.