Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.136. An C. B. von Miltitz auf Schloß Scharffenberg b. [Kopie][Bayreuth, 31. Dez. 1820]Meißen. Die Sonne des Tags soll über keinem Zorn, aber noch weniger die 137. An Emanuel.30 [Bayreuth, 31. Dez. 1820]Guten Sylvesterabend! Hat je eine Frau gegen einen Mann, 136. An C. B. von Miltitz auf Schloß Scharffenberg b. [Kopie][Bayreuth, 31. Dez. 1820]Meißen. Die Sonne des Tags ſoll über keinem Zorn, aber noch weniger die 137. An Emanuel.30 [Bayreuth, 31. Dez. 1820]Guten Sylveſterabend! Hat je eine Frau gegen einen Mann, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0096" n="90"/> <div type="letter" n="1"> <head>136. An C. B. <hi rendition="#g">von Miltitz auf Schloß Scharffenberg b.<lb/> Meißen.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 31. Dez. 1820]</hi> </dateline><lb/> <p>Die Sonne des Tags ſoll über keinem Zorn, aber noch weniger die<lb/> des Jahres über dem Schein irgend eines Misverſtändniſſes untergehen.<lb n="5"/> Daher eil’ ich nach dem Zögern zum Antworten auf Ihre nachſichtigen<lb/> Briefe an mich und meine Frau und zum Danken für Ihre Geſchenke.<lb/> — Aber warum wünſchen Sie nach dem Allrichter, dem Publikum, noch<lb/> einen Einzel-Richter dazu, der es doch nur mehr mit ſeinem Geſchlecht-<lb/> Namen ſein kann? Ihr Studium des Versbaues und der Bildergebung,<lb n="10"/> das ich mit Freuden bei den meiſten Almanachſängern — wiederfände,<lb/> und Ihre durch Welt und Reiſen gemilderte oder (mit dem Malerworte)<lb/> vertriebne Farbengebung der Extreme werden Ihnen immer beſſere<lb/> Freunde gewinnen als die jetzige äſthetiſche Schreiberei hat und ver-<lb/> dient. So iſt z. B. Ihr Gemälde des Pedanten in den „Ausſtellungen“ —<lb n="15"/> vielleicht beſſer „Ausſtellung“, da ja nur der Gemälde viele ſind, aber<lb/> jene nur eine iſt — im rechten komiſchen <hi rendition="#g">Farben</hi><hi rendition="#b">ton</hi> gehalten, indeß<lb/> z. B. Prätzel, der mich noch dazu nachahmen will, und zuweilen auch<lb/> Langbein komiſche <hi rendition="#g">Farben</hi><hi rendition="#b">körner</hi> aufthürmen für blinde — Hände.<lb/> Auch Ihr Kraftgemälde des Waſſerfalls bei <hi rendition="#aq">Tivoli</hi> hat mich recht er-<lb n="20"/> quickt. Aus Büchermangel und wieder aus Zeitmangel — da ich Bücher<lb/> aus allen Wiſſenſchaften ſuche — hab’ ich oft die berühmteſten Gedichte<lb/> nicht geleſen, z. B. die bezauberte Roſe, an der mir eine allgemeine<lb/> Bewunderung ein flüchtiges Leſe-Eden verſpricht. Meine Gattin, die<lb/> mir öfter mein briefliches Zögern vorwarf, hat mir die reizende Stunde<lb n="25"/> Ihrer perſönlichen Bekanntſchaft mit vieler Liebe ausgemalt, und grüßt<lb/> Sie herzlich; ich werde ſie gewis auch einmal in Ihrem ſchönen land-<lb/> ſtändiſchen nicht ſo wol als landſchaftlichen Sachſen wiederholen.<lb/> Das neue Jahr erfreue Sie bis ans Ende.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>137. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi><lb n="30"/> </head> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 31. Dez. 1820]</hi> </dateline><lb/> <p>Guten <hi rendition="#g">Sylveſterabend!</hi> Hat je eine Frau gegen einen Mann,<lb/> vollends wie Sie Recht gehabt: ſo hat es Jette über Vorfrühunterricht.<lb/> Aber darüber lange mündlich! — Gott gebe meinem herrlichen unerſetz-<lb/> lichen <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> das Jahr, das er verdient; und dann iſt er und ſind<lb n="35"/> die Seinen ſeelig!</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [90/0096]
136. An C. B. von Miltitz auf Schloß Scharffenberg b.
Meißen.
[Bayreuth, 31. Dez. 1820]
Die Sonne des Tags ſoll über keinem Zorn, aber noch weniger die
des Jahres über dem Schein irgend eines Misverſtändniſſes untergehen. 5
Daher eil’ ich nach dem Zögern zum Antworten auf Ihre nachſichtigen
Briefe an mich und meine Frau und zum Danken für Ihre Geſchenke.
— Aber warum wünſchen Sie nach dem Allrichter, dem Publikum, noch
einen Einzel-Richter dazu, der es doch nur mehr mit ſeinem Geſchlecht-
Namen ſein kann? Ihr Studium des Versbaues und der Bildergebung, 10
das ich mit Freuden bei den meiſten Almanachſängern — wiederfände,
und Ihre durch Welt und Reiſen gemilderte oder (mit dem Malerworte)
vertriebne Farbengebung der Extreme werden Ihnen immer beſſere
Freunde gewinnen als die jetzige äſthetiſche Schreiberei hat und ver-
dient. So iſt z. B. Ihr Gemälde des Pedanten in den „Ausſtellungen“ — 15
vielleicht beſſer „Ausſtellung“, da ja nur der Gemälde viele ſind, aber
jene nur eine iſt — im rechten komiſchen Farbenton gehalten, indeß
z. B. Prätzel, der mich noch dazu nachahmen will, und zuweilen auch
Langbein komiſche Farbenkörner aufthürmen für blinde — Hände.
Auch Ihr Kraftgemälde des Waſſerfalls bei Tivoli hat mich recht er- 20
quickt. Aus Büchermangel und wieder aus Zeitmangel — da ich Bücher
aus allen Wiſſenſchaften ſuche — hab’ ich oft die berühmteſten Gedichte
nicht geleſen, z. B. die bezauberte Roſe, an der mir eine allgemeine
Bewunderung ein flüchtiges Leſe-Eden verſpricht. Meine Gattin, die
mir öfter mein briefliches Zögern vorwarf, hat mir die reizende Stunde 25
Ihrer perſönlichen Bekanntſchaft mit vieler Liebe ausgemalt, und grüßt
Sie herzlich; ich werde ſie gewis auch einmal in Ihrem ſchönen land-
ſtändiſchen nicht ſo wol als landſchaftlichen Sachſen wiederholen.
Das neue Jahr erfreue Sie bis ans Ende.
137. An Emanuel. 30
[Bayreuth, 31. Dez. 1820]
Guten Sylveſterabend! Hat je eine Frau gegen einen Mann,
vollends wie Sie Recht gehabt: ſo hat es Jette über Vorfrühunterricht.
Aber darüber lange mündlich! — Gott gebe meinem herrlichen unerſetz-
lichen Emanuel das Jahr, das er verdient; und dann iſt er und ſind 35
die Seinen ſeelig!
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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