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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts.
verrichtet haben, zieht die Idee der Gerechtigkeit ein und nimmt
das Werk als ein ihr gebührendes Eigenthum in Besitz und
unter ihren Schutz.


Die Exklusivität des Staats und Rechts, die wir bisher
in ihrer Richtung nach außen hin verfolgten, muß sich auch im
Innern an denen bewährt haben, die, ohne Aufnahme in die
Gentilverbindung zu erreichen, sich auf dem Staatsgebiet nie-
derzulassen wünschten. Ihre rechtliche Lage war von vornherein
der des hostis völlig gleich, und wie letzterer ursprünglich nur
mittelbar durch das hospitium rechtlichen Schutz gewinnen
konnte, so auch sie nur dadurch, daß sie sich als Clienten unter
das Patronat eines römischen Bürgers stellten. Dies Verhält-
niß ist seinem Grunde, Zwecke und Wesen nach dem hospitium
völlig gleich; wie dieses, veranlaßt durch die mangelnde Rechts-
fähigkeit des einen Theils, berechnet auf mittelbaren Ersatz der-
selben durch die Rechtsfähigkeit des andern Theils und lediglich
durch die Sitte geschützt. Der Punkt, in dem es abweicht, liegt
in der Gegenleistung. Denn während dieselbe beim hospitium
in der Erwiderung des gewährten Schutzes liegt, fällt dies
beim Clienten natürlich hinweg, und es tritt Dienstpflicht dafür
an die Stelle, und insofern war das Verhältniß faktisch ein
abhängigeres. Diese Abhängigkeit prägt sich auch in den Aus-
drücken patronus und cliens (Höriger) 131) aus. Der erste Aus-
druck stellt dies Verhältniß als eine Nachbildung der väterlichen
Gewalt dar, und mit dieser Bezeichnung hat die Sprache das
Wesen desselben treffend ausgedrückt. Wie der Sohn hat auch
der Client keine Rechte gegen den, der Vaterstelle an ihm ver-

131) Von cluere, kluein, hören. Im Deutschen haben wir das Hören
in demselben Sinn z. B. Gehorsam, gehorchen, angehörig, Höriger.

Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
verrichtet haben, zieht die Idee der Gerechtigkeit ein und nimmt
das Werk als ein ihr gebührendes Eigenthum in Beſitz und
unter ihren Schutz.


Die Exkluſivität des Staats und Rechts, die wir bisher
in ihrer Richtung nach außen hin verfolgten, muß ſich auch im
Innern an denen bewährt haben, die, ohne Aufnahme in die
Gentilverbindung zu erreichen, ſich auf dem Staatsgebiet nie-
derzulaſſen wünſchten. Ihre rechtliche Lage war von vornherein
der des hostis völlig gleich, und wie letzterer urſprünglich nur
mittelbar durch das hospitium rechtlichen Schutz gewinnen
konnte, ſo auch ſie nur dadurch, daß ſie ſich als Clienten unter
das Patronat eines römiſchen Bürgers ſtellten. Dies Verhält-
niß iſt ſeinem Grunde, Zwecke und Weſen nach dem hospitium
völlig gleich; wie dieſes, veranlaßt durch die mangelnde Rechts-
fähigkeit des einen Theils, berechnet auf mittelbaren Erſatz der-
ſelben durch die Rechtsfähigkeit des andern Theils und lediglich
durch die Sitte geſchützt. Der Punkt, in dem es abweicht, liegt
in der Gegenleiſtung. Denn während dieſelbe beim hospitium
in der Erwiderung des gewährten Schutzes liegt, fällt dies
beim Clienten natürlich hinweg, und es tritt Dienſtpflicht dafür
an die Stelle, und inſofern war das Verhältniß faktiſch ein
abhängigeres. Dieſe Abhängigkeit prägt ſich auch in den Aus-
drücken patronus und cliens (Höriger) 131) aus. Der erſte Aus-
druck ſtellt dies Verhältniß als eine Nachbildung der väterlichen
Gewalt dar, und mit dieſer Bezeichnung hat die Sprache das
Weſen deſſelben treffend ausgedrückt. Wie der Sohn hat auch
der Client keine Rechte gegen den, der Vaterſtelle an ihm ver-

131) Von cluere, κλύειν, hören. Im Deutſchen haben wir das Hören
in demſelben Sinn z. B. Gehorſam, gehorchen, angehörig, Höriger.
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[230/0248] Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. verrichtet haben, zieht die Idee der Gerechtigkeit ein und nimmt das Werk als ein ihr gebührendes Eigenthum in Beſitz und unter ihren Schutz. Die Exkluſivität des Staats und Rechts, die wir bisher in ihrer Richtung nach außen hin verfolgten, muß ſich auch im Innern an denen bewährt haben, die, ohne Aufnahme in die Gentilverbindung zu erreichen, ſich auf dem Staatsgebiet nie- derzulaſſen wünſchten. Ihre rechtliche Lage war von vornherein der des hostis völlig gleich, und wie letzterer urſprünglich nur mittelbar durch das hospitium rechtlichen Schutz gewinnen konnte, ſo auch ſie nur dadurch, daß ſie ſich als Clienten unter das Patronat eines römiſchen Bürgers ſtellten. Dies Verhält- niß iſt ſeinem Grunde, Zwecke und Weſen nach dem hospitium völlig gleich; wie dieſes, veranlaßt durch die mangelnde Rechts- fähigkeit des einen Theils, berechnet auf mittelbaren Erſatz der- ſelben durch die Rechtsfähigkeit des andern Theils und lediglich durch die Sitte geſchützt. Der Punkt, in dem es abweicht, liegt in der Gegenleiſtung. Denn während dieſelbe beim hospitium in der Erwiderung des gewährten Schutzes liegt, fällt dies beim Clienten natürlich hinweg, und es tritt Dienſtpflicht dafür an die Stelle, und inſofern war das Verhältniß faktiſch ein abhängigeres. Dieſe Abhängigkeit prägt ſich auch in den Aus- drücken patronus und cliens (Höriger) 131) aus. Der erſte Aus- druck ſtellt dies Verhältniß als eine Nachbildung der väterlichen Gewalt dar, und mit dieſer Bezeichnung hat die Sprache das Weſen deſſelben treffend ausgedrückt. Wie der Sohn hat auch der Client keine Rechte gegen den, der Vaterſtelle an ihm ver- 131) Von cluere, κλύειν, hören. Im Deutſchen haben wir das Hören in demſelben Sinn z. B. Gehorſam, gehorchen, angehörig, Höriger.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/248>, abgerufen am 22.11.2024.