Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. verstehen wir die persönliche Unterordnung des Hausangehöri-gen unter den Herrn. Letztere war bei dem Sklaven eine völlig absolute. 228) Man kann, um sich den ungeheuern Inhalt der- selben zu vergegenwärtigen, einzelne Dispositionen, die aus dem absoluten Belieben folgen, hervorheben, z. B. das Recht, den Sklaven nach Lust und Laune zu verheirathen, von Weib und Kind zu trennen, zu verkaufen, verleihen, züchtigen, tödten; ein anderes Interesse hat eine solche Aufzählung nicht. Das Dürfen reichte hier wie bei einer Sache so weit, als das Können. Demnach ließ sich die Gewalt über den Sklaven geradezu Diese Gleichstellung des Sklaven mit der Sache hatte aber 228) Ebenso für das ältere deutsche Recht, Grimm Rechtsalterth. S. 342 fl. Daher die Rechtsparömie: er ist mein eigen, ich mag ihn sieden oder braten (das. S. 345) -- die schwerlich im römischen Recht hätte vorkommen dürfen, ohne daß man darin einen schlagenden Beweis der empörenden Un- sittlichkeit des römischen Rechts erblickt hätte. 229) Ulp. XIX. 20. 230) L. 24--27 comm. div. (10. 3) -- L. 26 de usufr. L. 9 in quib. caus. pign. (20. 2). 231) L. 1 §. 3 de injur. (47. 10). Juristisch mußte sie unter den Gesichts-
punkt einer mittelbaren Injurie gegen den Herrn gebracht werden, aber wenn Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. verſtehen wir die perſönliche Unterordnung des Hausangehöri-gen unter den Herrn. Letztere war bei dem Sklaven eine völlig abſolute. 228) Man kann, um ſich den ungeheuern Inhalt der- ſelben zu vergegenwärtigen, einzelne Dispoſitionen, die aus dem abſoluten Belieben folgen, hervorheben, z. B. das Recht, den Sklaven nach Luſt und Laune zu verheirathen, von Weib und Kind zu trennen, zu verkaufen, verleihen, züchtigen, tödten; ein anderes Intereſſe hat eine ſolche Aufzählung nicht. Das Dürfen reichte hier wie bei einer Sache ſo weit, als das Können. Demnach ließ ſich die Gewalt über den Sklaven geradezu Dieſe Gleichſtellung des Sklaven mit der Sache hatte aber 228) Ebenſo für das ältere deutſche Recht, Grimm Rechtsalterth. S. 342 fl. Daher die Rechtsparömie: er iſt mein eigen, ich mag ihn ſieden oder braten (daſ. S. 345) — die ſchwerlich im römiſchen Recht hätte vorkommen dürfen, ohne daß man darin einen ſchlagenden Beweis der empörenden Un- ſittlichkeit des römiſchen Rechts erblickt hätte. 229) Ulp. XIX. 20. 230) L. 24—27 comm. div. (10. 3) — L. 26 de usufr. L. 9 in quib. caus. pign. (20. 2). 231) L. 1 §. 3 de injur. (47. 10). Juriſtiſch mußte ſie unter den Geſichts-
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Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
verſtehen wir die perſönliche Unterordnung des Hausangehöri-
gen unter den Herrn. Letztere war bei dem Sklaven eine völlig
abſolute. 228) Man kann, um ſich den ungeheuern Inhalt der-
ſelben zu vergegenwärtigen, einzelne Dispoſitionen, die aus
dem abſoluten Belieben folgen, hervorheben, z. B. das Recht,
den Sklaven nach Luſt und Laune zu verheirathen, von Weib
und Kind zu trennen, zu verkaufen, verleihen, züchtigen, tödten;
ein anderes Intereſſe hat eine ſolche Aufzählung nicht. Das
Dürfen reichte hier wie bei einer Sache ſo weit, als das
Können.
Demnach ließ ſich die Gewalt über den Sklaven geradezu
als Eigenthum bezeichnen, und dies iſt von den Römern auch
geſchehen. 229) Conſequenzen, an denen ſich vorzugsweiſe die
praktiſche Realität dieſer Auffaſſung bewährt, da dieſe bei den
andern Gewaltverhältniſſen undenkbar ſind, ſind z. B. die Mög-
lichkeit des Miteigenthums, der bonae fidei possessio, der Thei-
lung des quiritariſchen und bonitariſchen Eigenthums, der Be-
ſtellung von jura in re am Sklaven, 230) der Dereliktion u. ſ. w.
Dieſe Gleichſtellung des Sklaven mit der Sache hatte aber
doch ihre Gränze, ſie bezog ſich nämlich nur auf die gleich-
mäßige Unterordnung beider unter den unbeſchränkten Willen
des Herrn; darüber hinaus verläugnete ſich ſelbſt im Sklaven
der Menſch nicht. So galten z. B. für die Sklaven-Ehe auch
die Verwandtſchaftsverbote, ſo war eine Injurie des Sklaven
möglich, 231) vor allem aber äußert ſich die Verſchiedenheit in
228) Ebenſo für das ältere deutſche Recht, Grimm Rechtsalterth. S.
342 fl. Daher die Rechtsparömie: er iſt mein eigen, ich mag ihn ſieden oder
braten (daſ. S. 345) — die ſchwerlich im römiſchen Recht hätte vorkommen
dürfen, ohne daß man darin einen ſchlagenden Beweis der empörenden Un-
ſittlichkeit des römiſchen Rechts erblickt hätte.
229) Ulp. XIX. 20.
230) L. 24—27 comm. div. (10. 3) — L. 26 de usufr. L. 9 in quib.
caus. pign. (20. 2).
231) L. 1 §. 3 de injur. (47. 10). Juriſtiſch mußte ſie unter den Geſichts-
punkt einer mittelbaren Injurie gegen den Herrn gebracht werden, aber wenn
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