Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite
Hasten an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.

Innerhalb der Formeln gibt es eine graduelle Differenz
ihrer Bestimmtheit, deren die Römer selbst gedenken: gewisse
Formeln (und als Beispiel werden uns namentlich die Legis-
actionen genannt) vertragen durchaus keine Aenderung, weder
einen Zusatz, noch eine Auslassung, andere lassen dieselbe zu,
natürlich nur insofern sie sich mit dem Zweck des Geschäfts ver-
tragen. 796) Wir können, wie ich glaube, noch weitere Grade
dieser Bestimmtheit unterscheiden. Freilich sind die Gränz-
linien zum Theil minder fest und scharf, allein da der einzige
Zweck darin besteht, uns das Vorhandensein einer gewissen Ab-
stufung innerhalb der Formeln zur Anschauung zu bringen, und
ein juristisches Interesse sich an diese Unterscheidung überall
nicht knüpft, so kömmt es darauf nicht weiter an.

Ich unterscheide also:

1. Schlagworte. Regelmäßig treffen sie mit dem Namen des
Geschäfts selbst zusammen, so z. B.:
[Tabelle]
2. Elastische Formeln: Sätze, welche in ihren wesentlichen
Punkten fest sind, aber in gewissen Hinsichten eine Abände-
rung vertragen, z. B. die cognitoris datio (Note 796), die
Bestellung eines ususfructus durch in jure cessio (Hinzufü-
gung eines dies).
796) Vat. fr. §. 318. Non tamen sic putat certis verbis cognito-
rem dari debere, ut si quid fuisset adjectum vel detractum, non valeat
datio ut in legis actionibus.
Haſten an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.

Innerhalb der Formeln gibt es eine graduelle Differenz
ihrer Beſtimmtheit, deren die Römer ſelbſt gedenken: gewiſſe
Formeln (und als Beiſpiel werden uns namentlich die Legis-
actionen genannt) vertragen durchaus keine Aenderung, weder
einen Zuſatz, noch eine Auslaſſung, andere laſſen dieſelbe zu,
natürlich nur inſofern ſie ſich mit dem Zweck des Geſchäfts ver-
tragen. 796) Wir können, wie ich glaube, noch weitere Grade
dieſer Beſtimmtheit unterſcheiden. Freilich ſind die Gränz-
linien zum Theil minder feſt und ſcharf, allein da der einzige
Zweck darin beſteht, uns das Vorhandenſein einer gewiſſen Ab-
ſtufung innerhalb der Formeln zur Anſchauung zu bringen, und
ein juriſtiſches Intereſſe ſich an dieſe Unterſcheidung überall
nicht knüpft, ſo kömmt es darauf nicht weiter an.

Ich unterſcheide alſo:

1. Schlagworte. Regelmäßig treffen ſie mit dem Namen des
Geſchäfts ſelbſt zuſammen, ſo z. B.:
[Tabelle]
2. Elaſtiſche Formeln: Sätze, welche in ihren weſentlichen
Punkten feſt ſind, aber in gewiſſen Hinſichten eine Abände-
rung vertragen, z. B. die cognitoris datio (Note 796), die
Beſtellung eines ususfructus durch in jure cessio (Hinzufü-
gung eines dies).
796) Vat. fr. §. 318. Non tamen sic putat certis verbis cognito-
rem dari debere, ut si quid fuisset adjectum vel detractum, non valeat
datio ut in legis actionibus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0319" n="613"/>
                        <fw place="top" type="header">Ha&#x017F;ten an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 47.</fw><lb/>
                        <p>Innerhalb der Formeln gibt es <hi rendition="#g">eine</hi> graduelle Differenz<lb/>
ihrer Be&#x017F;timmtheit, deren die Römer &#x017F;elb&#x017F;t gedenken: gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Formeln (und als Bei&#x017F;piel werden uns namentlich die Legis-<lb/>
actionen genannt) vertragen durchaus keine Aenderung, weder<lb/>
einen Zu&#x017F;atz, noch eine Ausla&#x017F;&#x017F;ung, andere la&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;elbe zu,<lb/>
natürlich nur in&#x017F;ofern &#x017F;ie &#x017F;ich mit dem Zweck des Ge&#x017F;chäfts ver-<lb/>
tragen. <note place="foot" n="796)"><hi rendition="#aq">Vat. fr. §. 318. Non tamen sic putat certis verbis cognito-<lb/>
rem dari debere, ut si quid fuisset adjectum vel detractum, non valeat<lb/>
datio ut in legis actionibus.</hi></note> Wir können, wie ich glaube, noch weitere Grade<lb/>
die&#x017F;er Be&#x017F;timmtheit unter&#x017F;cheiden. Freilich &#x017F;ind die Gränz-<lb/>
linien zum Theil minder fe&#x017F;t und &#x017F;charf, allein da der einzige<lb/>
Zweck darin be&#x017F;teht, uns das Vorhanden&#x017F;ein einer gewi&#x017F;&#x017F;en Ab-<lb/>
&#x017F;tufung innerhalb der Formeln zur An&#x017F;chauung zu bringen, und<lb/>
ein juri&#x017F;ti&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich an die&#x017F;e Unter&#x017F;cheidung überall<lb/>
nicht knüpft, &#x017F;o kömmt es darauf nicht weiter an.</p><lb/>
                        <p>Ich unter&#x017F;cheide al&#x017F;o:</p><lb/>
                        <list>
                          <item>1. <hi rendition="#g">Schlagworte</hi>. Regelmäßig treffen &#x017F;ie mit dem Namen des<lb/>
Ge&#x017F;chäfts &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen, &#x017F;o z. B.:<lb/><table><row><cell/></row></table></item>
                          <item>2. <hi rendition="#g">Ela&#x017F;ti&#x017F;che</hi> Formeln: Sätze, welche in ihren we&#x017F;entlichen<lb/>
Punkten fe&#x017F;t &#x017F;ind, aber in gewi&#x017F;&#x017F;en Hin&#x017F;ichten eine Abände-<lb/>
rung vertragen, z. B. die <hi rendition="#aq">cognitoris datio</hi> (Note 796), die<lb/>
Be&#x017F;tellung eines <hi rendition="#aq">ususfructus</hi> durch <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> (Hinzufü-<lb/>
gung eines <hi rendition="#aq">dies</hi>).</item><lb/>
                        </list>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[613/0319] Haſten an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Innerhalb der Formeln gibt es eine graduelle Differenz ihrer Beſtimmtheit, deren die Römer ſelbſt gedenken: gewiſſe Formeln (und als Beiſpiel werden uns namentlich die Legis- actionen genannt) vertragen durchaus keine Aenderung, weder einen Zuſatz, noch eine Auslaſſung, andere laſſen dieſelbe zu, natürlich nur inſofern ſie ſich mit dem Zweck des Geſchäfts ver- tragen. 796) Wir können, wie ich glaube, noch weitere Grade dieſer Beſtimmtheit unterſcheiden. Freilich ſind die Gränz- linien zum Theil minder feſt und ſcharf, allein da der einzige Zweck darin beſteht, uns das Vorhandenſein einer gewiſſen Ab- ſtufung innerhalb der Formeln zur Anſchauung zu bringen, und ein juriſtiſches Intereſſe ſich an dieſe Unterſcheidung überall nicht knüpft, ſo kömmt es darauf nicht weiter an. Ich unterſcheide alſo: 1. Schlagworte. Regelmäßig treffen ſie mit dem Namen des Geſchäfts ſelbſt zuſammen, ſo z. B.: 2. Elaſtiſche Formeln: Sätze, welche in ihren weſentlichen Punkten feſt ſind, aber in gewiſſen Hinſichten eine Abände- rung vertragen, z. B. die cognitoris datio (Note 796), die Beſtellung eines ususfructus durch in jure cessio (Hinzufü- gung eines dies). 796) Vat. fr. §. 318. Non tamen sic putat certis verbis cognito- rem dari debere, ut si quid fuisset adjectum vel detractum, non valeat datio ut in legis actionibus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/319
Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/319>, abgerufen am 23.05.2024.