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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
sich, wie unten gezeigt werden wird, auch in dem "quadruplator"
aus. Als Handlung, worauf die Strafe gesetzt war, wird bald
das "exigere", bald das "capere" bezeichnet; 134) dürfte man
den ersten Ausdruck zur Noth ausschließlich auf das gerichtliche
Beitreiben beziehen, so läßt doch der letztere Ausdruck dies nicht
zu und beweist, daß im Sinne des Gesetzes da, wo er gebraucht
ward, auch die bloße Annahme des Geschuldeten als Gesetz-
übertretung gelten sollte -- eine Bestimmung, der wir unten
versuchen werden den Schein des Unwahrscheinlichen und Wider-
sinnigen zu nehmen.

Die Bestimmung der Klage liegt auf der Hand. Sie soll
indirect dasselbe bewirken, was die exceptio direct bewirkt:
dem Gläubiger die Ausübung seines Rechts unmöglich, die
Klage zu einem Noli me tangere machen, und man wird zu-
gestehen müssen, daß das Mittel zu dem Zwecke gut gewählt war
-- nur ein Thor hätte das Einfache begehren können, was er
vierfach zurückzahlen mußte -- und es begreift sich vollkommen,
daß man bei ungenauer Redeweise sich so ausdrücken konnte, als
habe das Gesetz nicht sowohl die Klage, als das Geschäft selbst,
auf welches sie sich stützte, verboten.

Der fortgeschrittenen und in conservativer Beziehung minder
empfindlich gewordenen Anschauungsweise der späteren Zeit
widerstrebte die Absonderlichkeit der Form; 135) an die Stelle des

110) in Verbindung mit Gaj. IV. 23 adversus foeneratores. Pseudo-
Asconius
fügt noch den Fall des Svielverlustes (aleae) hinzu.
134) Gaj. II. 225 capere .. IV. 22 .. exegisset 23 .. exegissent ..
cepisset. Ulp.
a. a. O. capere.
135) die übrigens in der Geschichte sich gar nicht selten wiederholt, so
z. B. in dem öffentlichen Leben der Römer (Sulla legte in dieser Weise das
Intercessionsrecht der Tribunen lahm) und im kanonischen Recht. Wer eidlich
Zinsen versprochen, wird vom geistlichen Gericht gezwungen, sie zu entrich-
ten, aber hinterher wird der Empfänger gezwungen sie zurückzugeben. c. 6 X.
de jurej
. (2. 24) -- eine lex minus quam perfecta des kanonischen Rechts.

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
ſich, wie unten gezeigt werden wird, auch in dem „quadruplator“
aus. Als Handlung, worauf die Strafe geſetzt war, wird bald
das „exigere“, bald das „capere“ bezeichnet; 134) dürfte man
den erſten Ausdruck zur Noth ausſchließlich auf das gerichtliche
Beitreiben beziehen, ſo läßt doch der letztere Ausdruck dies nicht
zu und beweiſt, daß im Sinne des Geſetzes da, wo er gebraucht
ward, auch die bloße Annahme des Geſchuldeten als Geſetz-
übertretung gelten ſollte — eine Beſtimmung, der wir unten
verſuchen werden den Schein des Unwahrſcheinlichen und Wider-
ſinnigen zu nehmen.

Die Beſtimmung der Klage liegt auf der Hand. Sie ſoll
indirect daſſelbe bewirken, was die exceptio direct bewirkt:
dem Gläubiger die Ausübung ſeines Rechts unmöglich, die
Klage zu einem Noli me tangere machen, und man wird zu-
geſtehen müſſen, daß das Mittel zu dem Zwecke gut gewählt war
— nur ein Thor hätte das Einfache begehren können, was er
vierfach zurückzahlen mußte — und es begreift ſich vollkommen,
daß man bei ungenauer Redeweiſe ſich ſo ausdrücken konnte, als
habe das Geſetz nicht ſowohl die Klage, als das Geſchäft ſelbſt,
auf welches ſie ſich ſtützte, verboten.

Der fortgeſchrittenen und in conſervativer Beziehung minder
empfindlich gewordenen Anſchauungsweiſe der ſpäteren Zeit
widerſtrebte die Abſonderlichkeit der Form; 135) an die Stelle des

110) in Verbindung mit Gaj. IV. 23 adversus foeneratores. Pseudo-
Asconius
fügt noch den Fall des Svielverluſtes (aleae) hinzu.
134) Gaj. II. 225 capere .. IV. 22 .. exegisset 23 .. exegissent ..
cepisset. Ulp.
a. a. O. capere.
135) die übrigens in der Geſchichte ſich gar nicht ſelten wiederholt, ſo
z. B. in dem öffentlichen Leben der Römer (Sulla legte in dieſer Weiſe das
Interceſſionsrecht der Tribunen lahm) und im kanoniſchen Recht. Wer eidlich
Zinſen verſprochen, wird vom geiſtlichen Gericht gezwungen, ſie zu entrich-
ten, aber hinterher wird der Empfänger gezwungen ſie zurückzugeben. c. 6 X.
de jurej
. (2. 24) — eine lex minus quam perfecta des kanoniſchen Rechts.
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[106/0122] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. ſich, wie unten gezeigt werden wird, auch in dem „quadruplator“ aus. Als Handlung, worauf die Strafe geſetzt war, wird bald das „exigere“, bald das „capere“ bezeichnet; 134) dürfte man den erſten Ausdruck zur Noth ausſchließlich auf das gerichtliche Beitreiben beziehen, ſo läßt doch der letztere Ausdruck dies nicht zu und beweiſt, daß im Sinne des Geſetzes da, wo er gebraucht ward, auch die bloße Annahme des Geſchuldeten als Geſetz- übertretung gelten ſollte — eine Beſtimmung, der wir unten verſuchen werden den Schein des Unwahrſcheinlichen und Wider- ſinnigen zu nehmen. Die Beſtimmung der Klage liegt auf der Hand. Sie ſoll indirect daſſelbe bewirken, was die exceptio direct bewirkt: dem Gläubiger die Ausübung ſeines Rechts unmöglich, die Klage zu einem Noli me tangere machen, und man wird zu- geſtehen müſſen, daß das Mittel zu dem Zwecke gut gewählt war — nur ein Thor hätte das Einfache begehren können, was er vierfach zurückzahlen mußte — und es begreift ſich vollkommen, daß man bei ungenauer Redeweiſe ſich ſo ausdrücken konnte, als habe das Geſetz nicht ſowohl die Klage, als das Geſchäft ſelbſt, auf welches ſie ſich ſtützte, verboten. Der fortgeſchrittenen und in conſervativer Beziehung minder empfindlich gewordenen Anſchauungsweiſe der ſpäteren Zeit widerſtrebte die Abſonderlichkeit der Form; 135) an die Stelle des 133) 134) Gaj. II. 225 capere .. IV. 22 .. exegisset 23 .. exegissent .. cepisset. Ulp. a. a. O. capere. 135) die übrigens in der Geſchichte ſich gar nicht ſelten wiederholt, ſo z. B. in dem öffentlichen Leben der Römer (Sulla legte in dieſer Weiſe das Interceſſionsrecht der Tribunen lahm) und im kanoniſchen Recht. Wer eidlich Zinſen verſprochen, wird vom geiſtlichen Gericht gezwungen, ſie zu entrich- ten, aber hinterher wird der Empfänger gezwungen ſie zurückzugeben. c. 6 X. de jurej. (2. 24) — eine lex minus quam perfecta des kanoniſchen Rechts. 133) 110) in Verbindung mit Gaj. IV. 23 adversus foeneratores. Pseudo- Asconius fügt noch den Fall des Svielverluſtes (aleae) hinzu.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/122>, abgerufen am 23.11.2024.