Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie. kann, als der allgemeine, folgt nicht, daß letzterer sich nichtweiter erstrecken kann, als der meinige, m. a. W. daß ich nicht ein Recht haben kann, welches nicht in meinem, sondern im Willen des Gesetzes seinen Grund hat, kurz daß mein Recht sich nur soweit erstrecken könne, als mein Wille. Indem die obige Ansicht dies übersieht, gelangt sie also zu Dieser Auffassung zufolge ist demnach das ganze Privat- Rechts hat, wird an anderer Stelle die Rede sein, hier handelt es sich um seine Bedeutung für den Begriff, den Inhalt des Rechts, letzteres wird also als bereits erworben vorausgesetzt. 438) Ueber Hegel s. die folgende Note. Ueber die gangbaren Definitionen
s. die Lehrbücher der Pandekten von Arndts ("Herrschaft des Willens in Ansehung eines Gegenstandes") Sintenis ("der zum Gesammtwillen er- hobene Wille einer Person") Windscheid ("ein gewisser Willensinhalt, von dem die Rechtsordnung in einem concreten Fall ausspricht, daß er allem andern Willen gegenüber zur Geltung gebracht werden dürfe"). Am conse- quentesten hat Puchta diese Auffassung verfolgt, s. z. B. dessen Pandek- ten §. 22: "Als Subjecte eines solchen in der Potenz gedachten Willens heißen die Menschen Personen ... Persönlichkeit ist also die subjective Mög- lichkeit eines rechtlichen Willens, einer rechtlichen Macht." §. 118: "Das Recht der selbständigen Persönlichkeit .. fehlt dem Filius familias." Dazu die Note b: "Das Princip des alten Rechts war Unfähigkeit Vermö- gensrechte zu haben, das Princip des neuern ist Unfähigkeit über das Ver- mögen irgendwie zu disponiren. Beides bringt in Bezug auf die Persönlich- keit nahezu dieselben praktischen Resultate hervor." (!) Auch beim Unmundi- gen, Wahnsinnigen? -- !. Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie. kann, als der allgemeine, folgt nicht, daß letzterer ſich nichtweiter erſtrecken kann, als der meinige, m. a. W. daß ich nicht ein Recht haben kann, welches nicht in meinem, ſondern im Willen des Geſetzes ſeinen Grund hat, kurz daß mein Recht ſich nur ſoweit erſtrecken könne, als mein Wille. Indem die obige Anſicht dies überſieht, gelangt ſie alſo zu Dieſer Auffaſſung zufolge iſt demnach das ganze Privat- Rechts hat, wird an anderer Stelle die Rede ſein, hier handelt es ſich um ſeine Bedeutung für den Begriff, den Inhalt des Rechts, letzteres wird alſo als bereits erworben vorausgeſetzt. 438) Ueber Hegel ſ. die folgende Note. Ueber die gangbaren Definitionen
ſ. die Lehrbücher der Pandekten von Arndts („Herrſchaft des Willens in Anſehung eines Gegenſtandes“) Sintenis („der zum Geſammtwillen er- hobene Wille einer Perſon“) Windſcheid („ein gewiſſer Willensinhalt, von dem die Rechtsordnung in einem concreten Fall ausſpricht, daß er allem andern Willen gegenüber zur Geltung gebracht werden dürfe“). Am conſe- quenteſten hat Puchta dieſe Auffaſſung verfolgt, ſ. z. B. deſſen Pandek- ten §. 22: „Als Subjecte eines ſolchen in der Potenz gedachten Willens heißen die Menſchen Perſonen … Perſönlichkeit iſt alſo die ſubjective Mög- lichkeit eines rechtlichen Willens, einer rechtlichen Macht.“ §. 118: „Das Recht der ſelbſtändigen Perſönlichkeit .. fehlt dem Filius familias.“ Dazu die Note b: „Das Princip des alten Rechts war Unfähigkeit Vermö- gensrechte zu haben, das Princip des neuern iſt Unfähigkeit über das Ver- mögen irgendwie zu disponiren. Beides bringt in Bezug auf die Perſönlich- keit nahezu dieſelben praktiſchen Reſultate hervor.“ (!) Auch beim Unmundi- gen, Wahnſinnigen? — !. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0326" n="310"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie.</fw><lb/> kann, als der allgemeine, folgt nicht, daß letzterer ſich nicht<lb/> weiter erſtrecken kann, als der meinige, m. a. W. daß ich nicht<lb/> ein Recht haben kann, welches nicht in meinem, ſondern im<lb/> Willen des Geſetzes ſeinen Grund hat, kurz daß mein <hi rendition="#g">Recht</hi><lb/> ſich nur ſoweit erſtrecken könne, als mein <hi rendition="#g">Wille</hi>.</p><lb/> <p>Indem die obige Anſicht dies überſieht, gelangt ſie alſo zu<lb/> einer völligen Identificirung des ſubjectiven Rechts- und Wil-<lb/> lensbegriffes. Endzweck alles Rechts iſt das Wollen, Rechts-<lb/> fähigkeit und Willensfähigkeit daher gleichbedeutend, das Recht<lb/> ein abgegränztes Stück Willensſubſtanz. Die abſtracten Larven,<lb/> die das Geſetz aufſtellt, die Begriffe des Eigenthums, der Obli-<lb/> gation u. ſ. w. werden erſt dadurch concret-lebendig, daß der<lb/> individuelle Wille ſie ausfüllt, ſie beſeelt, daß er ſich „in die<lb/> Sache hineinlegt.“<note place="foot" n="438)">Ueber Hegel ſ. die folgende Note. Ueber die gangbaren Definitionen<lb/> ſ. die Lehrbücher der Pandekten von <hi rendition="#g">Arndts</hi> („Herrſchaft des Willens in<lb/> Anſehung eines Gegenſtandes“) <hi rendition="#g">Sintenis</hi> („der zum Geſammtwillen er-<lb/> hobene Wille einer Perſon“) <hi rendition="#g">Windſcheid</hi> („ein gewiſſer Willensinhalt,<lb/> von dem die Rechtsordnung in einem concreten Fall ausſpricht, daß er allem<lb/> andern Willen gegenüber zur Geltung gebracht werden dürfe“). Am conſe-<lb/> quenteſten hat <hi rendition="#g">Puchta</hi> dieſe Auffaſſung verfolgt, ſ. z. B. deſſen <hi rendition="#g">Pandek-<lb/> ten</hi> §. 22: „Als Subjecte eines ſolchen in der Potenz gedachten <hi rendition="#g">Willens</hi><lb/> heißen die Menſchen Perſonen … Perſönlichkeit iſt alſo die ſubjective Mög-<lb/> lichkeit eines rechtlichen <hi rendition="#g">Willens</hi>, einer rechtlichen <hi rendition="#g">Macht</hi>.“ §. 118:<lb/> „Das Recht der ſelbſtändigen Perſönlichkeit .. fehlt dem Filius familias.“<lb/> Dazu die Note <hi rendition="#aq">b</hi>: „Das Princip des alten Rechts war Unfähigkeit Vermö-<lb/> gensrechte zu haben, das Princip des neuern iſt Unfähigkeit über das Ver-<lb/> mögen irgendwie zu disponiren. Beides bringt in Bezug auf die Perſönlich-<lb/> keit nahezu dieſelben praktiſchen Reſultate hervor.“ (!) Auch beim Unmundi-<lb/> gen, Wahnſinnigen? — !.</note></p><lb/> <p>Dieſer Auffaſſung zufolge iſt demnach das ganze Privat-<lb/> recht nichts als eine Arena für den Willen, ſich darauf zu bewe-<lb/><note xml:id="seg2pn_27_2" prev="#seg2pn_27_1" place="foot" n="437)">Rechts hat, wird an anderer Stelle die Rede ſein, hier handelt es ſich um<lb/> ſeine Bedeutung für den Begriff, den Inhalt des Rechts, letzteres wird alſo<lb/> als bereits erworben vorausgeſetzt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [310/0326]
Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie.
kann, als der allgemeine, folgt nicht, daß letzterer ſich nicht
weiter erſtrecken kann, als der meinige, m. a. W. daß ich nicht
ein Recht haben kann, welches nicht in meinem, ſondern im
Willen des Geſetzes ſeinen Grund hat, kurz daß mein Recht
ſich nur ſoweit erſtrecken könne, als mein Wille.
Indem die obige Anſicht dies überſieht, gelangt ſie alſo zu
einer völligen Identificirung des ſubjectiven Rechts- und Wil-
lensbegriffes. Endzweck alles Rechts iſt das Wollen, Rechts-
fähigkeit und Willensfähigkeit daher gleichbedeutend, das Recht
ein abgegränztes Stück Willensſubſtanz. Die abſtracten Larven,
die das Geſetz aufſtellt, die Begriffe des Eigenthums, der Obli-
gation u. ſ. w. werden erſt dadurch concret-lebendig, daß der
individuelle Wille ſie ausfüllt, ſie beſeelt, daß er ſich „in die
Sache hineinlegt.“ 438)
Dieſer Auffaſſung zufolge iſt demnach das ganze Privat-
recht nichts als eine Arena für den Willen, ſich darauf zu bewe-
437)
438) Ueber Hegel ſ. die folgende Note. Ueber die gangbaren Definitionen
ſ. die Lehrbücher der Pandekten von Arndts („Herrſchaft des Willens in
Anſehung eines Gegenſtandes“) Sintenis („der zum Geſammtwillen er-
hobene Wille einer Perſon“) Windſcheid („ein gewiſſer Willensinhalt,
von dem die Rechtsordnung in einem concreten Fall ausſpricht, daß er allem
andern Willen gegenüber zur Geltung gebracht werden dürfe“). Am conſe-
quenteſten hat Puchta dieſe Auffaſſung verfolgt, ſ. z. B. deſſen Pandek-
ten §. 22: „Als Subjecte eines ſolchen in der Potenz gedachten Willens
heißen die Menſchen Perſonen … Perſönlichkeit iſt alſo die ſubjective Mög-
lichkeit eines rechtlichen Willens, einer rechtlichen Macht.“ §. 118:
„Das Recht der ſelbſtändigen Perſönlichkeit .. fehlt dem Filius familias.“
Dazu die Note b: „Das Princip des alten Rechts war Unfähigkeit Vermö-
gensrechte zu haben, das Princip des neuern iſt Unfähigkeit über das Ver-
mögen irgendwie zu disponiren. Beides bringt in Bezug auf die Perſönlich-
keit nahezu dieſelben praktiſchen Reſultate hervor.“ (!) Auch beim Unmundi-
gen, Wahnſinnigen? — !.
437) Rechts hat, wird an anderer Stelle die Rede ſein, hier handelt es ſich um
ſeine Bedeutung für den Begriff, den Inhalt des Rechts, letzteres wird alſo
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