zeugt, daß es ein Münz-Stempel sey. Es fing ihm daher an zu grauen, und er suchte Gelegenheit, von dem Schulmeister Graser abzukommen, indem er ihm sagte, er wolle nach Haus gehen und die Sache näher überlegen.
Nach einigen Tagen entstand ein Allarm in der ganzen Ge- gend; die Häscher waren des Nachts zu Kleinhoven gewe- sen und hatten den Schulmeister Graser aufheben wollen, er war aber schon entwischt, er ist hernach nach Amerika gegangen, und man hat weiter nichts von ihm gehört. Seine Mitschuldigen aber wurden gefangen und nach Verdienst ge- straft. Er war eigentlich selber der rechte Künstler gewesen und wäre gewiß mit dem Strang belohnt worden, wenn man ihn ertappt hätte.
Stilling erstaunte über die Gefahr, in welcher er ge- schwebt hatte, und dankte Gott von Herzen, daß er ihn be- wahrt hatte.
So lebte er nun ganz vergnügt fort und glaubte gewiß, daß die Zeit seiner Leiden zu Ende sey, in der ganzen Ge- meinde fand sich kein Mensch, der etwas Widriges von ihm gesprochen hätte, alles war ruhig; aber welch' ein Sturm folgte auf diese Windstille! Er war bald drei Vierteljahr zu Kleefeld gewesen, als er eine Vorladung bekam, den künf- tigen Dienstag Morgens um neun Uhr vor dem fürstlichen Consistorium zu Salen zu erscheinen. Er verwunderte sich über diesen ungewöhnlichen Vorfall; doch fiel ihm gar nichts Widriges ein; vielleicht, dachte er, sind neue Schulordnun- gen beschlossen, die man mir und Andern vortragen will. Und so ging er ganz ruhig am bestimmten Tage nach Salen hin.
Als er ins Vorzimmer der Consistorialstube trat, so fand er da zwei Männer aus seiner Gemeinde stehen, von denen er nie gedacht hätte, daß sie ihm widerwärtig wären. Er fragte sie, was vorginge? Sie antworteten: wir sind vorge- laden und wissen nicht, warum; indessen wurden sie alle Drei hineingefordert.
Oben am Fenster stand ein Tisch; auf der einen Seite desselben saß der Präsident, ein großer Rechtsgelehrter; er war klein von Statur, länglicht und mager von Gesicht, aber
zeugt, daß es ein Muͤnz-Stempel ſey. Es fing ihm daher an zu grauen, und er ſuchte Gelegenheit, von dem Schulmeiſter Graſer abzukommen, indem er ihm ſagte, er wolle nach Haus gehen und die Sache naͤher uͤberlegen.
Nach einigen Tagen entſtand ein Allarm in der ganzen Ge- gend; die Haͤſcher waren des Nachts zu Kleinhoven gewe- ſen und hatten den Schulmeiſter Graſer aufheben wollen, er war aber ſchon entwiſcht, er iſt hernach nach Amerika gegangen, und man hat weiter nichts von ihm gehoͤrt. Seine Mitſchuldigen aber wurden gefangen und nach Verdienſt ge- ſtraft. Er war eigentlich ſelber der rechte Kuͤnſtler geweſen und waͤre gewiß mit dem Strang belohnt worden, wenn man ihn ertappt haͤtte.
Stilling erſtaunte uͤber die Gefahr, in welcher er ge- ſchwebt hatte, und dankte Gott von Herzen, daß er ihn be- wahrt hatte.
So lebte er nun ganz vergnuͤgt fort und glaubte gewiß, daß die Zeit ſeiner Leiden zu Ende ſey, in der ganzen Ge- meinde fand ſich kein Menſch, der etwas Widriges von ihm geſprochen haͤtte, alles war ruhig; aber welch’ ein Sturm folgte auf dieſe Windſtille! Er war bald drei Vierteljahr zu Kleefeld geweſen, als er eine Vorladung bekam, den kuͤnf- tigen Dienſtag Morgens um neun Uhr vor dem fuͤrſtlichen Conſiſtorium zu Salen zu erſcheinen. Er verwunderte ſich uͤber dieſen ungewoͤhnlichen Vorfall; doch fiel ihm gar nichts Widriges ein; vielleicht, dachte er, ſind neue Schulordnun- gen beſchloſſen, die man mir und Andern vortragen will. Und ſo ging er ganz ruhig am beſtimmten Tage nach Salen hin.
Als er ins Vorzimmer der Conſiſtorialſtube trat, ſo fand er da zwei Maͤnner aus ſeiner Gemeinde ſtehen, von denen er nie gedacht haͤtte, daß ſie ihm widerwaͤrtig waͤren. Er fragte ſie, was vorginge? Sie antworteten: wir ſind vorge- laden und wiſſen nicht, warum; indeſſen wurden ſie alle Drei hineingefordert.
Oben am Fenſter ſtand ein Tiſch; auf der einen Seite deſſelben ſaß der Praͤſident, ein großer Rechtsgelehrter; er war klein von Statur, laͤnglicht und mager von Geſicht, aber
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zeugt, daß es ein Muͤnz-Stempel ſey. Es fing ihm daher an
zu grauen, und er ſuchte Gelegenheit, von dem Schulmeiſter
Graſer abzukommen, indem er ihm ſagte, er wolle nach Haus
gehen und die Sache naͤher uͤberlegen.
Nach einigen Tagen entſtand ein Allarm in der ganzen Ge-
gend; die Haͤſcher waren des Nachts zu Kleinhoven gewe-
ſen und hatten den Schulmeiſter Graſer aufheben wollen,
er war aber ſchon entwiſcht, er iſt hernach nach Amerika
gegangen, und man hat weiter nichts von ihm gehoͤrt. Seine
Mitſchuldigen aber wurden gefangen und nach Verdienſt ge-
ſtraft. Er war eigentlich ſelber der rechte Kuͤnſtler geweſen
und waͤre gewiß mit dem Strang belohnt worden, wenn man
ihn ertappt haͤtte.
Stilling erſtaunte uͤber die Gefahr, in welcher er ge-
ſchwebt hatte, und dankte Gott von Herzen, daß er ihn be-
wahrt hatte.
So lebte er nun ganz vergnuͤgt fort und glaubte gewiß,
daß die Zeit ſeiner Leiden zu Ende ſey, in der ganzen Ge-
meinde fand ſich kein Menſch, der etwas Widriges von ihm
geſprochen haͤtte, alles war ruhig; aber welch’ ein Sturm
folgte auf dieſe Windſtille! Er war bald drei Vierteljahr zu
Kleefeld geweſen, als er eine Vorladung bekam, den kuͤnf-
tigen Dienſtag Morgens um neun Uhr vor dem fuͤrſtlichen
Conſiſtorium zu Salen zu erſcheinen. Er verwunderte ſich
uͤber dieſen ungewoͤhnlichen Vorfall; doch fiel ihm gar nichts
Widriges ein; vielleicht, dachte er, ſind neue Schulordnun-
gen beſchloſſen, die man mir und Andern vortragen will. Und
ſo ging er ganz ruhig am beſtimmten Tage nach Salen hin.
Als er ins Vorzimmer der Conſiſtorialſtube trat, ſo fand
er da zwei Maͤnner aus ſeiner Gemeinde ſtehen, von denen
er nie gedacht haͤtte, daß ſie ihm widerwaͤrtig waͤren. Er
fragte ſie, was vorginge? Sie antworteten: wir ſind vorge-
laden und wiſſen nicht, warum; indeſſen wurden ſie alle Drei
hineingefordert.
Oben am Fenſter ſtand ein Tiſch; auf der einen Seite
deſſelben ſaß der Praͤſident, ein großer Rechtsgelehrter; er
war klein von Statur, laͤnglicht und mager von Geſicht, aber
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/167>, abgerufen am 21.11.2024.
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