schen an der Hand leite, daß also ihr Weg und Gang vor Gott recht sey, und daß er sie zu höheren Zwecken durch solche Prüfungen vorbereiten wolle. O wie matt und wie ekel werden einem, der so vielfältige Erfahrungen von dieser Art hat, die Sophystereien der Philosophen, wenn sie sagen: Gott bekümmere sich nicht um das Einzelne, sondern blos ums Ganze, er habe den Plan der Welt festgesetzt, mit Be- ten ließ sich also nichts ändern. -- O ihr Tünchner mit losem Kalk! -- wie sehr schimmert der alte Greuel durch! -- Je- sus Christus ist Weltregent, Stilling rief Ihn hundertmal an, und er half, -- Er führte ihn den dunkeln, gefährlichen Felsenweg hinan, und -- doch ich will mir selbst vorlaufen. Was helfen da Sophisten-Spinnengewebe von logisch-richtigen Schlüssen, wo eine Erfahrung der andern auf dem Fuß nach- folgt? Es werden im Verfolg dieser Geschichte noch treffen- dere Beweise erscheinen. Stillings Freundschaft mit Göthe und der Besuch dieses letztern zu Schönenthal wurde von denen, die Auserwählte Gottes seyn wollen, so sehr verlästert; man schauderte vor ihm als einem Freigeist, und schmähte Stillingen, daß er Umgang mit ihm hätte, und doch war die Sache Plan und Anstalt der ewigen Liebe, um ihren Zög- ling zu prüfen, von ihrer Treue zu überzeugen, und ihn fer- ner auszubilden. Indessen war Keiner von denen, die da läster- ten, fühlbar genug, um Stillingen nur mit einem Heller zu unterstützen; sogenannte Weltmenschen waren am öftersten die gesegneten Werkzeuge Gottes, wenn er Stillingen hel- fen und belehren wollte.
Ich habe es hundertmal gesagt und geschrieben, und kanns nicht müde werden, zu wiederholen: Wer ein wahrer Knecht Gottes seyn will, der sondre sich nicht von den Menschen ab, sondern blos von der Sünde; er schließe sich nicht an eine be- sondere Gesellschaft an, die sichs zum Zweck gemacht hat, Gott besser zu dienen als Andere; denn in dem Bewußtseyn dieses Besserdienens wird sie allmählig stolz, bekommt einen ge- meinen Geist, der sich auszeichnet, Heuchler zu seyn scheint, und auch manchmal Heuchler, und also dem reinen und heili- gen Gott ein Greuel ist. Ich habe viele solcher Gesellschaften
ſchen an der Hand leite, daß alſo ihr Weg und Gang vor Gott recht ſey, und daß er ſie zu hoͤheren Zwecken durch ſolche Pruͤfungen vorbereiten wolle. O wie matt und wie ekel werden einem, der ſo vielfaͤltige Erfahrungen von dieſer Art hat, die Sophyſtereien der Philoſophen, wenn ſie ſagen: Gott bekuͤmmere ſich nicht um das Einzelne, ſondern blos ums Ganze, er habe den Plan der Welt feſtgeſetzt, mit Be- ten ließ ſich alſo nichts aͤndern. — O ihr Tuͤnchner mit loſem Kalk! — wie ſehr ſchimmert der alte Greuel durch! — Je- ſus Chriſtus iſt Weltregent, Stilling rief Ihn hundertmal an, und er half, — Er fuͤhrte ihn den dunkeln, gefaͤhrlichen Felſenweg hinan, und — doch ich will mir ſelbſt vorlaufen. Was helfen da Sophiſten-Spinnengewebe von logiſch-richtigen Schluͤſſen, wo eine Erfahrung der andern auf dem Fuß nach- folgt? Es werden im Verfolg dieſer Geſchichte noch treffen- dere Beweiſe erſcheinen. Stillings Freundſchaft mit Goͤthe und der Beſuch dieſes letztern zu Schoͤnenthal wurde von denen, die Auserwaͤhlte Gottes ſeyn wollen, ſo ſehr verlaͤſtert; man ſchauderte vor ihm als einem Freigeiſt, und ſchmaͤhte Stillingen, daß er Umgang mit ihm haͤtte, und doch war die Sache Plan und Anſtalt der ewigen Liebe, um ihren Zoͤg- ling zu pruͤfen, von ihrer Treue zu uͤberzeugen, und ihn fer- ner auszubilden. Indeſſen war Keiner von denen, die da laͤſter- ten, fuͤhlbar genug, um Stillingen nur mit einem Heller zu unterſtuͤtzen; ſogenannte Weltmenſchen waren am oͤfterſten die geſegneten Werkzeuge Gottes, wenn er Stillingen hel- fen und belehren wollte.
Ich habe es hundertmal geſagt und geſchrieben, und kanns nicht muͤde werden, zu wiederholen: Wer ein wahrer Knecht Gottes ſeyn will, der ſondre ſich nicht von den Menſchen ab, ſondern blos von der Suͤnde; er ſchließe ſich nicht an eine be- ſondere Geſellſchaft an, die ſichs zum Zweck gemacht hat, Gott beſſer zu dienen als Andere; denn in dem Bewußtſeyn dieſes Beſſerdienens wird ſie allmaͤhlig ſtolz, bekommt einen ge- meinen Geiſt, der ſich auszeichnet, Heuchler zu ſeyn ſcheint, und auch manchmal Heuchler, und alſo dem reinen und heili- gen Gott ein Greuel iſt. Ich habe viele ſolcher Geſellſchaften
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ſchen an der Hand leite, daß alſo ihr Weg und Gang vor
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ekel werden einem, der ſo vielfaͤltige Erfahrungen von dieſer
Art hat, die Sophyſtereien der Philoſophen, wenn ſie ſagen:
Gott bekuͤmmere ſich nicht um das Einzelne, ſondern blos
ums Ganze, er habe den Plan der Welt feſtgeſetzt, mit Be-
ten ließ ſich alſo nichts aͤndern. — O ihr Tuͤnchner mit loſem
Kalk! — wie ſehr ſchimmert der alte Greuel durch! — Je-
ſus Chriſtus iſt Weltregent, Stilling rief Ihn hundertmal
an, und er half, — Er fuͤhrte ihn den dunkeln, gefaͤhrlichen
Felſenweg hinan, und — doch ich will mir ſelbſt vorlaufen.
Was helfen da Sophiſten-Spinnengewebe von logiſch-richtigen
Schluͤſſen, wo eine Erfahrung der andern auf dem Fuß nach-
folgt? Es werden im Verfolg dieſer Geſchichte noch treffen-
dere Beweiſe erſcheinen. Stillings Freundſchaft mit Goͤthe
und der Beſuch dieſes letztern zu Schoͤnenthal wurde von
denen, die Auserwaͤhlte Gottes ſeyn wollen, ſo ſehr verlaͤſtert;
man ſchauderte vor ihm als einem Freigeiſt, und ſchmaͤhte
Stillingen, daß er Umgang mit ihm haͤtte, und doch war
die Sache Plan und Anſtalt der ewigen Liebe, um ihren Zoͤg-
ling zu pruͤfen, von ihrer Treue zu uͤberzeugen, und ihn fer-
ner auszubilden. Indeſſen war Keiner von denen, die da laͤſter-
ten, fuͤhlbar genug, um Stillingen nur mit einem Heller
zu unterſtuͤtzen; ſogenannte Weltmenſchen waren am oͤfterſten
die geſegneten Werkzeuge Gottes, wenn er Stillingen hel-
fen und belehren wollte.
Ich habe es hundertmal geſagt und geſchrieben, und kanns
nicht muͤde werden, zu wiederholen: Wer ein wahrer Knecht
Gottes ſeyn will, der ſondre ſich nicht von den Menſchen ab,
ſondern blos von der Suͤnde; er ſchließe ſich nicht an eine be-
ſondere Geſellſchaft an, die ſichs zum Zweck gemacht hat, Gott
beſſer zu dienen als Andere; denn in dem Bewußtſeyn dieſes
Beſſerdienens wird ſie allmaͤhlig ſtolz, bekommt einen ge-
meinen Geiſt, der ſich auszeichnet, Heuchler zu ſeyn ſcheint,
und auch manchmal Heuchler, und alſo dem reinen und heili-
gen Gott ein Greuel iſt. Ich habe viele ſolcher Geſellſchaften
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/354>, abgerufen am 22.11.2024.
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