fährt immer wohl. Sie denkt aufgeklärt in der Religion, und ist warm in ihrer Liebe zu Gott, dem Erlöser und dem Menschen; so sparsam sie ist, so freigebig und wohlthätig wirkt sie da, wo es angewandt ist. Ihre Bescheidenheit geht über alles, sie will immer abhängig von ihrem Manne seyn, und ist auch dann es, wenn er ihr folgt; sie sucht nie zu glänzen, und doch gefällt sie, wo sie erscheint; jedem und jeder Edlen ists in ihrem Umgange wohl. Ich könnte noch mehr sagen, allein ich bändige meine Feder. Wen Gott lieb hat, dem gebe er ein solches Weib, sagte Götz von Berlichingen von seiner Maria, und Stilling sagt das nämliche von seiner Selma.
Ueber das Alles ist sein Einkommen groß und alle Nah- rungssorgen sind gänzlich verschwunden; von dem Segen in seinem Beruf läßt sich nichts sagen, der rechtschaffene Mann und Christ wirkt unabläßig, überläßt Gott das Gedeihen, und schweigt.
Seine Staaroperationen setzt er auch in Marburg mit vielem Glück und unentgeldlich fort; weit über hundert Blinde, und mehrentheils arme Arbeitsleute, haben schon, unter dem Beistand Gottes, durch ihn ihr Gesicht und damit auch wie- der ihr Brod erhalten. Wie manche Wonnestunde macht ihm diese leichte und so wohlthätige Hülfe! -- wenn ihm die lange Blindgewesenen nach der Operation, oder beim Abschied, die Hände drücken und ihm seine Zahlung in dem überschweng- lich reichen Erbe der zukünftigen Welt anweisen! -- -- Noch immer sey das Weib gesegnet, das ihn ehemals zu dieser wohlthätigen Heilmethode zwang! -- ohne sie wäre er nicht ein so fruchtbares Werkzeug in der Hand des Vaters der Armen und Blinden geworden; noch immer sey das Anden- ken des ehrwürdigen Mol[ - 1 Zeichen fehlt]ors gesegnet! sein Geist genieße in den Lichtgefilden des Paradieses Gottes alle überschweng- liche Wollust des Menschenfreundes, daß er Stillingen zum Augenarzt bildete und die erste Meisterhand an ihn legte! --
Jüngling, der du dieses liesest, wache über jeden Keim in deiner Seele, der zur Wohlthätigkeit und Menschenliebe her-
faͤhrt immer wohl. Sie denkt aufgeklaͤrt in der Religion, und iſt warm in ihrer Liebe zu Gott, dem Erloͤſer und dem Menſchen; ſo ſparſam ſie iſt, ſo freigebig und wohlthaͤtig wirkt ſie da, wo es angewandt iſt. Ihre Beſcheidenheit geht uͤber alles, ſie will immer abhaͤngig von ihrem Manne ſeyn, und iſt auch dann es, wenn er ihr folgt; ſie ſucht nie zu glaͤnzen, und doch gefaͤllt ſie, wo ſie erſcheint; jedem und jeder Edlen iſts in ihrem Umgange wohl. Ich koͤnnte noch mehr ſagen, allein ich baͤndige meine Feder. Wen Gott lieb hat, dem gebe er ein ſolches Weib, ſagte Goͤtz von Berlichingen von ſeiner Maria, und Stilling ſagt das naͤmliche von ſeiner Selma.
Ueber das Alles iſt ſein Einkommen groß und alle Nah- rungsſorgen ſind gaͤnzlich verſchwunden; von dem Segen in ſeinem Beruf laͤßt ſich nichts ſagen, der rechtſchaffene Mann und Chriſt wirkt unablaͤßig, uͤberlaͤßt Gott das Gedeihen, und ſchweigt.
Seine Staaroperationen ſetzt er auch in Marburg mit vielem Gluͤck und unentgeldlich fort; weit uͤber hundert Blinde, und mehrentheils arme Arbeitsleute, haben ſchon, unter dem Beiſtand Gottes, durch ihn ihr Geſicht und damit auch wie- der ihr Brod erhalten. Wie manche Wonneſtunde macht ihm dieſe leichte und ſo wohlthaͤtige Huͤlfe! — wenn ihm die lange Blindgeweſenen nach der Operation, oder beim Abſchied, die Haͤnde druͤcken und ihm ſeine Zahlung in dem uͤberſchweng- lich reichen Erbe der zukuͤnftigen Welt anweiſen! — — Noch immer ſey das Weib geſegnet, das ihn ehemals zu dieſer wohlthaͤtigen Heilmethode zwang! — ohne ſie waͤre er nicht ein ſo fruchtbares Werkzeug in der Hand des Vaters der Armen und Blinden geworden; noch immer ſey das Anden- ken des ehrwuͤrdigen Mol[ – 1 Zeichen fehlt]ors geſegnet! ſein Geiſt genieße in den Lichtgefilden des Paradieſes Gottes alle uͤberſchweng- liche Wolluſt des Menſchenfreundes, daß er Stillingen zum Augenarzt bildete und die erſte Meiſterhand an ihn legte! —
Juͤngling, der du dieſes lieſeſt, wache uͤber jeden Keim in deiner Seele, der zur Wohlthaͤtigkeit und Menſchenliebe her-
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faͤhrt immer wohl. Sie denkt aufgeklaͤrt in der Religion,
und iſt warm in ihrer Liebe zu Gott, dem Erloͤſer und dem
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wirkt ſie da, wo es angewandt iſt. Ihre Beſcheidenheit geht
uͤber alles, ſie will immer abhaͤngig von ihrem Manne ſeyn,
und iſt auch dann es, wenn er ihr folgt; ſie ſucht nie zu
glaͤnzen, und doch gefaͤllt ſie, wo ſie erſcheint; jedem und
jeder Edlen iſts in ihrem Umgange wohl. Ich koͤnnte noch
mehr ſagen, allein ich baͤndige meine Feder. Wen Gott
lieb hat, dem gebe er ein ſolches Weib, ſagte Goͤtz
von Berlichingen von ſeiner Maria, und Stilling
ſagt das naͤmliche von ſeiner Selma.
Ueber das Alles iſt ſein Einkommen groß und alle Nah-
rungsſorgen ſind gaͤnzlich verſchwunden; von dem Segen in
ſeinem Beruf laͤßt ſich nichts ſagen, der rechtſchaffene Mann
und Chriſt wirkt unablaͤßig, uͤberlaͤßt Gott das Gedeihen,
und ſchweigt.
Seine Staaroperationen ſetzt er auch in Marburg mit
vielem Gluͤck und unentgeldlich fort; weit uͤber hundert Blinde,
und mehrentheils arme Arbeitsleute, haben ſchon, unter dem
Beiſtand Gottes, durch ihn ihr Geſicht und damit auch wie-
der ihr Brod erhalten. Wie manche Wonneſtunde macht ihm
dieſe leichte und ſo wohlthaͤtige Huͤlfe! — wenn ihm die lange
Blindgeweſenen nach der Operation, oder beim Abſchied, die
Haͤnde druͤcken und ihm ſeine Zahlung in dem uͤberſchweng-
lich reichen Erbe der zukuͤnftigen Welt anweiſen! — — Noch
immer ſey das Weib geſegnet, das ihn ehemals zu dieſer
wohlthaͤtigen Heilmethode zwang! — ohne ſie waͤre er nicht
ein ſo fruchtbares Werkzeug in der Hand des Vaters der
Armen und Blinden geworden; noch immer ſey das Anden-
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in den Lichtgefilden des Paradieſes Gottes alle uͤberſchweng-
liche Wolluſt des Menſchenfreundes, daß er Stillingen
zum Augenarzt bildete und die erſte Meiſterhand an ihn legte! —
Juͤngling, der du dieſes lieſeſt, wache uͤber jeden Keim in
deiner Seele, der zur Wohlthaͤtigkeit und Menſchenliebe her-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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