Willen ganz und ohne Vorbehalt dem allein guten Willen Gottes aufgeopfert hat, so betet er im innern Grund seines Wesens unaufhörlich, der Geist des Herrn vertritt ihn dann mit unaussprechlichem Seufzen, und nun betet er nie verge- bens: denn der heilige Geist weiß, was der Wille Gottes ist; wenn Er also das Herz aufregt, um Etwas zu bitten, so gibt Er auch zugleich Glauben und Zuversicht der Erhörung; man betet und man wird erhört.
Stilling und Elise hatten von Anfang ihrer Verbin- dung an den Schluß gefaßt, nun auch ihren Sohn Jacob aus der ersten Ehe wieder zu sich zu nehmen; er wurde nun siebzehn Jahre alt, und mußte nun also seine akademische Lauf- bahn antreten; er war bis daher bei dem würdigen und ge- lehrten Prediger Grimm zu Schluttern in der Nähe von Heilbronn in einer Pensionsanstalt gewesen, da erzogen, und zum Studiren vorbereitet worden; da nun Stilling nicht anders als in den Ferien reisen konnte, so wurden die nächsten Osterferien dazu bestimmt, und also dem Jacob geschrieben, er möchte sich an einem bestimmten Tag bei Freund Mieg in Heidelberg einfinden, denn seine Eltern wür- den dahin kommen und ihn abholen. Zugleich beschlossen sie dann auch, Lisette wieder mit zurück zu nehmen: denn Elise wollte alle die vier Kinder beisammen haben, um ihre Mutterpflichten mit aller Treue an ihnen ausüben zu können; und um auch Vater Coing mit seinen Kindern in ihrer tie- fen Trauer eine Erquickung und wohlthätige Zerstreuung zu verschaffen, beschlossen Beide, diese Lieben nach Frankfurt zu Freund Kraft zu bringen, um sie dann auch bei der Zu- rückkunft von Heidelberg wieder mit nach Marburg zu nehmen. Dieser ganze Plan wurde genau so 1791 in den Osterferien ausgeführt.
Bald nach der Ankunft in Heidelberg fand sich auch Jacob ein, er war ein guter und braver Jüngling gewor- den, der seinen Eltern Freude machte, auch er freute sich ih- rer, und daß er auch endlich einmal wieder bei seinen Eltern leben konnte. Mit Lisetten aber gab es Schwierigkeiten:
Stillings sämmtl. Schriften. I. Band 31
Willen ganz und ohne Vorbehalt dem allein guten Willen Gottes aufgeopfert hat, ſo betet er im innern Grund ſeines Weſens unaufhoͤrlich, der Geiſt des Herrn vertritt ihn dann mit unausſprechlichem Seufzen, und nun betet er nie verge- bens: denn der heilige Geiſt weiß, was der Wille Gottes iſt; wenn Er alſo das Herz aufregt, um Etwas zu bitten, ſo gibt Er auch zugleich Glauben und Zuverſicht der Erhoͤrung; man betet und man wird erhoͤrt.
Stilling und Eliſe hatten von Anfang ihrer Verbin- dung an den Schluß gefaßt, nun auch ihren Sohn Jacob aus der erſten Ehe wieder zu ſich zu nehmen; er wurde nun ſiebzehn Jahre alt, und mußte nun alſo ſeine akademiſche Lauf- bahn antreten; er war bis daher bei dem wuͤrdigen und ge- lehrten Prediger Grimm zu Schluttern in der Naͤhe von Heilbronn in einer Penſionsanſtalt geweſen, da erzogen, und zum Studiren vorbereitet worden; da nun Stilling nicht anders als in den Ferien reiſen konnte, ſo wurden die naͤchſten Oſterferien dazu beſtimmt, und alſo dem Jacob geſchrieben, er moͤchte ſich an einem beſtimmten Tag bei Freund Mieg in Heidelberg einfinden, denn ſeine Eltern wuͤr- den dahin kommen und ihn abholen. Zugleich beſchloſſen ſie dann auch, Liſette wieder mit zuruͤck zu nehmen: denn Eliſe wollte alle die vier Kinder beiſammen haben, um ihre Mutterpflichten mit aller Treue an ihnen ausuͤben zu koͤnnen; und um auch Vater Coing mit ſeinen Kindern in ihrer tie- fen Trauer eine Erquickung und wohlthaͤtige Zerſtreuung zu verſchaffen, beſchloſſen Beide, dieſe Lieben nach Frankfurt zu Freund Kraft zu bringen, um ſie dann auch bei der Zu- ruͤckkunft von Heidelberg wieder mit nach Marburg zu nehmen. Dieſer ganze Plan wurde genau ſo 1791 in den Oſterferien ausgefuͤhrt.
Bald nach der Ankunft in Heidelberg fand ſich auch Jacob ein, er war ein guter und braver Juͤngling gewor- den, der ſeinen Eltern Freude machte, auch er freute ſich ih- rer, und daß er auch endlich einmal wieder bei ſeinen Eltern leben konnte. Mit Liſetten aber gab es Schwierigkeiten:
Stillings ſämmtl. Schriften. I. Band 31
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Willen ganz und ohne Vorbehalt dem allein guten Willen
Gottes aufgeopfert hat, ſo betet er im innern Grund ſeines
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mit unausſprechlichem Seufzen, und nun betet er nie verge-
bens: denn der heilige Geiſt weiß, was der Wille Gottes iſt;
wenn Er alſo das Herz aufregt, um Etwas zu bitten, ſo gibt
Er auch zugleich Glauben und Zuverſicht der Erhoͤrung; man
betet und man wird erhoͤrt.
Stilling und Eliſe hatten von Anfang ihrer Verbin-
dung an den Schluß gefaßt, nun auch ihren Sohn Jacob
aus der erſten Ehe wieder zu ſich zu nehmen; er wurde nun
ſiebzehn Jahre alt, und mußte nun alſo ſeine akademiſche Lauf-
bahn antreten; er war bis daher bei dem wuͤrdigen und ge-
lehrten Prediger Grimm zu Schluttern in der Naͤhe von
Heilbronn in einer Penſionsanſtalt geweſen, da erzogen,
und zum Studiren vorbereitet worden; da nun Stilling
nicht anders als in den Ferien reiſen konnte, ſo wurden die
naͤchſten Oſterferien dazu beſtimmt, und alſo dem Jacob
geſchrieben, er moͤchte ſich an einem beſtimmten Tag bei Freund
Mieg in Heidelberg einfinden, denn ſeine Eltern wuͤr-
den dahin kommen und ihn abholen. Zugleich beſchloſſen ſie
dann auch, Liſette wieder mit zuruͤck zu nehmen: denn
Eliſe wollte alle die vier Kinder beiſammen haben, um ihre
Mutterpflichten mit aller Treue an ihnen ausuͤben zu koͤnnen;
und um auch Vater Coing mit ſeinen Kindern in ihrer tie-
fen Trauer eine Erquickung und wohlthaͤtige Zerſtreuung zu
verſchaffen, beſchloſſen Beide, dieſe Lieben nach Frankfurt
zu Freund Kraft zu bringen, um ſie dann auch bei der Zu-
ruͤckkunft von Heidelberg wieder mit nach Marburg
zu nehmen. Dieſer ganze Plan wurde genau ſo 1791 in den
Oſterferien ausgefuͤhrt.
Bald nach der Ankunft in Heidelberg fand ſich auch
Jacob ein, er war ein guter und braver Juͤngling gewor-
den, der ſeinen Eltern Freude machte, auch er freute ſich ih-
rer, und daß er auch endlich einmal wieder bei ſeinen Eltern
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/477>, abgerufen am 22.11.2024.
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